Atommüll-Zwischenlager in NRW: Kein strahlender Müll in Würgassen

Der Bund verzichtet überraschend auf das geplante Atommüll-Logistikzentrum im Dreiländereck. Das bedeutet auch weniger riskante Atomtransporte.

Eine Lichtprojektion auf dem Gebaüde des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen

Erfolgreicher Protest: Würgassen hat ausgestrahlt Foto: Jannis Große/imago

GÖTTINGEN taz | Überraschende Entscheidung: Das umstrittene Atommüllzwischenlager im nordrhein-westfälischen Würgassen wird nicht gebaut. Dort sollten die für das Endlager Schacht Konrad bestimmten schwach und mittelradioaktiven Abfälle gesammelt und gebündelt werden. Auch anderswo in Deutschland werde es kein „Logistikzentrum für das Endlager Konrad“ (LoK) geben, teilte Bundesumweltministerin Steffi Lemke am Dienstag mit: „Wir haben uns dafür entschieden, das Verfahren zu beenden.“

Das LoK lasse sich nicht mehr rechtzeitig realisieren, um wie ursprünglich geplant den Atomabfall in das Endlager Konrad einlagern zu können, hieß es zur Begründung. „Ein zu spät fertig werdendes Logistikzentrum wäre nach sorgfältiger Abwägung aller Fakten eine milliardenschwere Fehlinvestition, die es zu vermeiden gilt.“

Insgesamt wurden für die LoK-Planung bislang rund 60 Millionen Euro ausgeben, die nun eingesparten Kosten für den Betrieb des Zwischenlagers wurden auf knapp 2 Milliarden Euro geschätzt. Noch im August war die Entsorgungskommission des Bundes (ESK) zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Logistikzentrum für die optimierte Anlieferung an das Endlager Konrad erforderlich ist.

Das LoK sollte auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Würgassen im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen, entstehen. Die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) wollte dort eine 325 Meter lange, 125 Meter breite und 16 Meter hohe Halle bauen. Ab 2029 sollte sie sämtlichen in Deutschland angefallenen schwach- und mittelradioaktiven Müll aufnehmen – beispielsweise Pumpen, Rohre, Schutzkleidung, verstrahltes Abbruchmaterial aus den Atomkraftwerken, aber auch Abfälle aus der Medizin und Forschung, insgesamt rund 300.000 Kubikmeter.

24/7 Atomtransporte waren geplant

In seinen geschätzt 30 Betriebsjahren wäre das LoK quasi rund um die Uhr von Lastwagen und Zügen angefahren worden, die den strahlenden Schrott anliefern und – teils neu sortiert – wieder abholen sollten, um ihn nach Salzgitter weiterzutransportieren.

Bürgerinitiativen, Bürgermeister und Kommunalparlamente in allen drei Anrainer-Bundesländern machten seit Jahren dagegen mobil. Sie argumentierten, die BGZ habe den potenziell durch Hochwasser gefährdeten Standort ohne ein vernünftiges Genehmigungsverfahren und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durchgedrückt. Außerdem würden sich mit LoK die gefährlichen Atommülltransporte durch Deutschland deutlich vermehren, die vorhandene eingleisige Bahnlinie werde durch die Fuhren völlig überlastet.

Ungewissheit über Schacht Konrad

„Der unerschütterliche Einsatz der Gegner des Atommülllagers hat sich ausgezahlt“, kommentierte Dirk Wilhelm von der Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck die Entscheidung Lemkes. Die BGZ erklärte, sie werde sich jetzt auf Alternativen für die Belieferung des Endlagers Konrad konzentrieren.

Dabei ist ungeklärt, ob das überhaupt in Betrieb geht. Denn die Umweltverbände BUND und NABU haben beim zuständigen Land Niedersachsen den Widerruf der Baugenehmigung beantragt. Die Kritik: Konrad entspreche nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik, es handele sich um ein altes Bergwerk, es habe kein vergleichendes Auswahlverfahren gegeben. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) will noch vor Weihnachten bekanntgeben, ob er dem Antrag statt gibt.

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