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Ständige ImpfkommissionHarter Wechsel in der Stiko

Ein Großteil der Ständigen Impfkommission muss wohl im Februar gehen, auch der Vorsitzende Thomas Mertens. Ist es wirklich eine „Zerschlagung“?

Thomas Mertens, Viorsitzender der Stiko, hier während einer Pressekonferenz im November 2021 Foto: Metodi Popow/imago

taz | berlin In der Coronapandemie kam die Ständige Impfkommission (Stiko) zu ungeahnter Prominenz und hatte im Spannungsfeld zwischen Politik und Wissenschaft eine schwierige Rolle inne. Im ersten postpandemischen Winter soll nun ein Großteil des Gremiums ausgetauscht werden. Von einer „Zerschlagung“ ist in manchen Medien die Rede.

Seit 1972 erarbeitet die Stiko als politisch unabhängiges, ehrenamtlich arbeitendes Gremium die Impfempfehlungen für Deutschland. Die Mitglieder werden in der Regel vom Robert Koch-Institut vorgeschlagen und von der*­dem amtierenden Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­r*in berufen. Wie mehrere der aktuellen Mitglieder der taz berichteten und inzwischen auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bestätigt, plant das BMG nun eine Änderung der Stiko-Geschäftsordnung. So soll die Berufung der Mitglieder auf drei Perioden also maximal neun Jahre begrenzt werden. In vergleichbaren Gremien im In- und Ausland ist eine solche Begrenzung nicht unüblich.

Da viele der Stiko-Mitglieder aber seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten dabei sind, würde dies zu einem recht radikalen Umbau führen: Von den aktuell 17 Mitgliedern dürften bei der regulären Neuberufung im Februar 2024 nur 5 bleiben.

Auch der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens, emeritierter Virologe und während der Pandemie immer wieder Ziel von Anfeindungen, wird bei der nächsten Berufung nicht mehr dabei sein. Spekulationen, ob er der Politik unliebsam geworden sei, erteilt er eine Absage: „Ich hatte schon im September 2022 gesagt, dass ich für eine weitere Berufungsperiode nicht zur Verfügung stehe. Weitere Gründe gibt es nicht“, so Mertens gegenüber der taz.

Alle Kinderärzte müssen gehen

Auch der Kinderarzt Fred Zepp wird die Stiko im Februar verlassen, er ist seit 1998 Teil des Gremiums und damit eines der dienstältesten Mitglieder. Auch Zepp wollte ohnehin ausscheiden, er war schon länger geblieben, als er persönlich vorhatte. Anfang 2022 wurde die aktuelle Berufungsperiode noch um ein Jahr verlängert, um in der Pandemie nicht neu besetzen zu müssen.

Allerdings müssen außer den beiden auch Mitglieder die Stiko verlassen, die sich über Jahre in die spezifische Arbeitsweise eingearbeitet haben und dem Gremium noch weiter zur Verfügung gestanden hätten. An der Begrenzung der Berufungsdauer selbst gibt es kaum Kritik aus dem Kreis der Stiko, wohl aber Bedenken angesichts des harten Wechsels. Wenn die geplante Berufungsregel direkt bei der aktuellen Neubesetzung umgesetzt werde, dann habe das „gewisse Nachteile für die Arbeit der Stiko“, so Noch-Vorsitzender Mertens.

„Die nächsten ein bis zwei Jahre werden sich die neuen Stiko-Mitglieder mit den anstehenden Beratungsthemen und der Arbeitsmethodik vertraut machen, das Gremium wird dadurch anfangs wohl in seiner Entscheidungsfähigkeit etwas gebremst sein“, vermutet auch Fred Zepp. Er habe 2011 schon einmal den Austausch der Hälfte der Stiko-Mitglieder miterlebt. Damals habe es gut ein Jahr gedauert, bis das Gremium wieder voll arbeitsfähig gewesen sei. Zepp bedauerte auch, dass alle Kin­der­ärz­te die Stiko auf einen Schlag verlassen müssten: „Ich hoffe, dass die Kinder- und Jugendmedizin auch in Zukunft wieder ausreichend vertreten sein wird – schließlich betrifft ein Großteil der Empfehlungen der Stiko die Kinder.“

Innerhalb der Stiko wird zudem vermutet, dass das Gremium künftig enger ans Bundesgesundheitsministerium gebunden werden solle. Aus dem Bundesgesundheitsministerium hieß es dazu auf Nachfrage, dass an den Grundprinzipien der Stiko – Anbindung ans Robert Koch-Institut, Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme, ehrenamtliche Tätigkeit – im Rahmen der Neuberufung 2024 festgehalten werde.

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