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Pleite der Signa-GruppeBenko schlägt eine letzte Welle

Kommentar von Florian Bayer

Der Einsturz der Signa-Gruppe sollte niemanden überraschen. Deren Gründer setzte auf ein extrem fragiles Konstrukt aus Tochterfirmen und Krediten.

Junger Aufsteigertyp: René Benko beim RZB Sommercocktail in Wien, Juni 2008 Foto: SKATA/imago

A uf den rasanten Aufstieg folgte der tiefe Fall. René Benko schickt seine Signa-Gruppe wegen fehlender Liquidität in den Konkurs. Auf rund fünf Milliarden Euro belaufen sich die Schulden, wie gestern bekannt wurde. Es ist der größte Konkurs, den Österreich je gesehen hat.

Der 1977 in Innsbruck geborene Benko brach die Schule ab und begann Mitte der 1990er Jahre, Dachböden zu Luxuswohnungen auszubauen. Mit den Gewinnen erwarb er Grundstücke, auf denen er wiederum mit geborgtem Geld bauen ließ. Der Grundstein für Benkos Geschäftsmodell war gelegt.

Österreich hat eine Schwäche für junge Aufsteigertypen. Jahrelang feierten Medien und Politik Benko ab. Ex-Kanzler Sebastian Kurz stellte ihn Putin vor und nahm ihn mit zu den Scheichs nach Abu Dhabi, wie immer ging es um die Suche nach neuen Investoren. Der Unternehmer wurde zum „Tiroler des Jahres“, Wirtschaftsmagazine wählten ihn zum „Mann des Jahres“.

Dass alles nur auf Pump gebaut war und jederzeit zusammenbrechen konnte, wurde viel zu lang ausgeblendet. Dabei half die Verschachtelung der Signa in hunderte Tochterfirmen, die kaum jemand überblickt. Ebenso half, dass der Aufsichtsrat offenbar zu allem Ja und Amen sagte. Darin sitzen auch ehemalige Spitzenpolitiker, deren Rolle nun ein parlamentarischer U-Ausschuss aufarbeiten wird. Manche Gläubiger wollen zudem wegen mutmaßlicher Insolvenzverschleppung tätig werden.

Warnsignale übersehen?

Auch in Deutschland ließ man sich blenden, auch hier sind die Folgen spürbar: Von einer neuerlich drohenden Insolvenz der Galeria Karstadt Kaufhof bis hin zu den Dutzenden Bauprojekten in deutschen Innenstädten, die teils ja schon stillstehen. Auftragsvergaben und fehlende Warnsignale wird man auch hier untersuchen müssen.

In der Signa beginnt nun die Restrukturierung, kein leichter Job für Sanierer Arndt Geiwitz. Benko selbst taucht, wie all seine Ja-Sager und Investoren, seit Wochen unter. In den spärlichen Stellungnahmen der Signa ist keinerlei Selbstkritik erkennbar. „Externe Faktoren“ seien es gewesen, die sich negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt hätten.

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Korrespondent Wien
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4 Kommentare

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  • "„Externe Faktoren“ seien es gewesen, die sich negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt hätten."



    Besser halt als "scheiße, wir sind doch erwischt worden"!



    Hat was von Wirecard, viel Geld macht halt Blind und Doof - es funktioniert immer!

  • "Der 1977 in Innsbruck geborene Benko brach die Schule ab und begann Mitte der 1990er Jahre, Dachböden zu Luxuswohnungen auszubauen."

    Klingt wie Lindner.

  • Jetzt liest man so viele Sätze über das zweifelhafte Geschäftsmodell Benkos in den Zeitungen u dass wer immer sich näher mit seiner Firma beschäftigt habe schon früher Ahnungen hatte wie es enden könnte.

    Nur warum hat man dann nicht schon viel früher in den Zeitungen davon lesen können?

    • @ingrid werner:

      Von dem Geschäftsmodell hat man auch immer wieder gelesen, in Deutschland insbesondere nach der Übernahme von Galeria Kaufhof/Karstadt.



      Da stand immer drin, dass die Grundstücke und Immobilien das eigentliche Ziel des Kaufes waren, nicht das Handelsgeschäft der Kaufhäuser. Die Immobilien günstig kaufen, "aufwerten" (sprich renovieren oder abreissen, um was gewinnbringenderes auf den Grundstücken zu bauen) und dann wieder verkaufen. Als die Zinsen steigen, wurde dann schon vor dem Geschäftsmodell gewarnt - gilt auch für andere Immobilienunternehmen (Vonovia, Deutsche Wohnen....) die auf Pump zu niedrigen Zinsen gekauft hatten. Jetzt sind die Zinsen wieder gestiegen (aber immer noch viel niedriger als in den 2000er Jahren), und wenn dann der alte Kreditvertrag ausläuft und man für einen neuen viel mehr Zinsen zahlen muss, geht einem schnell mal das Geld aus.