Atommüllendlager in Niedersachsen: Schacht Konrad steht auf der Kippe

Umweltschützer und Kommunalpolitiker wollen das Atommüllendlager stoppen. Bis zum Ende des Jahres will das Land Niedersachsen darüber entscheiden.

Ein Bergmann geht unter Tage durch einen Tunnel.

Die Fertigstellung von Schacht Konrad verzögert sich immer weiter Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Göttingen taz | Der Weiterbau des umstrittenen Atommüllendlagers Schacht Konrad in Salzgitter steht auf der Kippe. Umweltschützer und Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r:in­nen drängen Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne), den Planfeststellungsbeschluss, also die Baugenehmigung, für Konrad zu widerrufen.

In einem am Wochenende bekannt gemachten offenen Brief an Meyer fordern die Oberbürgermeister und Land­rä­t:in­nen von Städten und Kreisen aus Südostniedersachsen, dass das Land Niedersachsen eine Bundesratsinitiative zum Stopp des Projekts starten soll. Das Schreiben ist von den Oberbürgermeistern von Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg, den Landräten der Kreise Gifhorn, Goslar und Helmstedt sowie der Wolfenbütteler Landrätin unterzeichnet.

„Das alte Eisenerzbergwerk Schacht Konrad ist für die dauerhafte sichere Lagerung radioaktiver Abfälle ungeeignet, deshalb muss das Projekt aufgegeben werden“, heißt es darin. Zudem seien inzwischen erhebliche Mengen an schwach und mittelradioaktiven Abfällen angefallen – und fielen noch weiter an –, die aufgrund ihrer Zusammensetzung gar nicht im Schacht Konrad eingelagert werden dürften. Auch für den aus dem havarierten Bergwerk Asse zu bergenden Atommüll sei Konrad „keine Option“.

Die Lo­kal­po­li­ti­ke­r*in­nen verweisen zudem darauf, dass Niedersachsen mit Gorleben, Schacht Konrad, Asse und dem Endlager Morsleben kurz hinter der Grenze zur ehemaligen DDR wie kein anderes Bundesland „von den Auswirkungen unsachgemäßer Einlagerung radioaktiver Stoffe betroffen“ ist. Deshalb sei es wichtig, dass sich Niedersachsen auf Bundesebene beim Umgang mit radioaktiven Abfällen für höchste Sicherheitsanforderungen nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik einsetze.

Niedersachsen gab 2002 die Baugenehmigung

Das nach dem früheren deutsch-nationalen Reichstagsabgeordneten und Aufsichtsratsvorsitzenden der Salzgitter AG, Konrad Ende, benannte Bergwerk war nur 12 Jahre in Betrieb, bevor es 1976 geschlossen wurde. In den Folgejahren ließ der Bund die Schachtanlage auf ihre Eignung als Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll untersuchen. Das Land Niedersachsen erteilte im Mai 2002 die Baugenehmigung. Klagen von Kommunen, Kirchen und Privatpersonen scheiterten.

Schacht Konrad soll laut Planfeststellungsbeschluss bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Kürzlich war bekannt geworden, dass das Endlager noch einmal teurer und später fertig wird als geplant. Statt wie zuletzt mit rund 4,4 Milliarden rechnet die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) jetzt mit Kosten in Höhe von 5,47 Milliarden Euro. Bis Ende 2022 seien bereits 2,83 Milliarden angefallen, bis zum Abschluss der Errichtung würden weitere 2,64 Milliarden erwartet.

Erst im vergangenen Juni hatte die BGE weitere Verzögerungen beim Bau des Endlagers eingeräumt. Nicht wie davor geplant im Jahr 2027, sondern wohl frühestens 2029 kann das Endlager demnach fertiggestellt sein. Es war nicht die erste Verschiebung: Bis 2018 hatte es geheißen, Konrad werde 2022 in Betrieb gehen können.

Die Umweltverbände BUND und Nabu beantragten schon vor zwei Jahren beim Land Niedersachsen eine Rücknahme der Baugenehmigung, weil die Anlage längst nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entspreche. Unterstützt werden sie von einem breiten Bündnis, das von Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) bis zur IG Metall reicht. Landesumweltminister Meyer sagte zu, bis Jahresende über den Antrag zu befinden. Der Entwurf für eine Entscheidung sei „in der finalen Phase“, teilte sein Ressort der taz mit.

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