Frauenfußball-Bundesliga: Wolfsburg sucht nach alter Dominanz

Das Pokal-5:0 der Frauen des VfL Wolfsburg gegen Werder Bremen zeigte einen bekannten Klassenunterschied. Die Liga aber ist zusammengerückt.

Vier in Giftgrün gewandete Fußballerinnen des VfL Wolfsburg freuen sich über das Tor zum 2:0 gegen Werder Bremen

Immerhin im Pokal gibt es Grund zum Jubeln: Wolfsburgs Spielerinnen freuen sich über das Tor zum 2:0 Foto: foto-2press/Imago

BREMEN taz | „Wir sind heute einsortiert worden“, sagte Thomas Horsch – „wir gehören nicht zu den Spitzenteams, sondern in das Mittelfeld der Bundesliga.“ Was der Trainer der Werder-Bremen-Frauen meinte, war das vorangegangene 0:5 im Achtelfinale des DFB-Pokals beim VfL Wolfsburg.

Auch wenn diese Selbsteinschätzung für den bisherigen Saisonverlauf der Bremerinnen in der Liga zutrifft – der Auftritt in Wolfsburg war eher ein Rückschritt, hin zu den Zeiten, als Werder zu den Underdogs der Liga zählte und froh war, bei den Topclubs aus Wolfsburg und München nicht völlig unter die Räder zu geraten.

Die Hoffnung auf ein Weiterkommen im Pokal war für Werder dabei bereits nach der Auslosung auf ein Minimum geschrumpft. Nach der knappen 0:2-Niederlage gegen Bayern München am vergangenen Wochenende brachte das Bremer Team allerdings weiteres Selbstbewusstsein mit zur „anderen Hälfte der Nationalmannschaft“, so Horsch über die Wolfsburgerinnen.

Damit war es spätestens nach 35 Minuten und drei Toren vorbei – zwei von Alexandra Popp, eines von Eva Pajor. Bei Klärungsversuchen spielten die Bremerinnen ihren Gegnerinnen den Ball reihenweise überhastet vor die Füße, fanden nur selten zu dem strukturierten Spiel, das sie in dieser Spielzeit schon öfter zeigten.

In der Liga führt Bayern München die Tabelle an

Auf der anderen Seite standen Wolfsburgerinnen. Vom Anpfiff an entschlossen und aggressiv steuerten sie ihren 47. Sieg in diesem Wettbewerb in Folge an – seit 2015 haben sie den DFB-Pokal neunmal in Serie gewonnen. Im Augenblick ist dies allerdings auch die einzige Domäne, die ihnen geblieben ist: In der Liga hängen sie Titelverteidiger Bayern München bereits wieder hinterher. Besonders bitter ist das frühe Aus in der Champions League, in der sich die sechsmaligen Finalistinnen und zweimaligen Siegerinnen erstmals seit zwölf Jahren nicht einmal für die Gruppenphase qualifizierten.

Sein Club müsse sich nun erst mal neu sortieren, hatte Wolfsburgs sportlicher Leiter Ralf Kellermann nach der Niederlage in Paris gesagt. Die Wolfsburgerinnen nutzten das Spiel gegen Werder sichtbar dafür, Dominanz wiederzugewinnen. Diese scheint ihnen vor allem durch den Abgang von Jill Roord und den WM-Enttäuschungen der Nationalspielerinnen verloren gegangen zu sein. Gegen Werder drehten neben den Routiniers Popp und Pajor vor allem die Neulinge Vivien Endemann und Chantal Hagel auf, gekommen von den Liga-Konkurrenten Essen und Hoffenheim.

Rund 1,1 Millionen Euro hat der VfL Wolfsburg laut Medienberichten in der vergangenen Europapokal-Saison verdient – Geld, das nun ausbleibt. Dagegen nehmen sich die 388.000 Euro, die jedem Bundesliga-Klub der neue TV-Vertrag ab dieser Saison beschert, fast bescheiden aus. Für die Bremerinnen – wie für viele andere der zwölf Klubs – bedeuten diese Mehreinnahmen, gemessen an ihren bisherigen Möglichkeiten, indes einen Quantensprung.

Noch vor zehn Jahren meldete der HSV seine Frauen wegen fehlender 100.000 Euro komplett aus der Bundesliga ab. (Die Hamburgerinnen haben sich mittlerweile aus der Regionalliga in die 2. Liga hochgearbeitet und unterlagen am Samstag im Pokal Bayer Leverkusen mit 0:4).

TV-Einnahmen gerechter verteilt

Dass, anders als bei den Männern, hier alle Bundesliga-Clubs den gleichen Anteil an den TV-Einnahmen erhalten, hat erste Auswirkungen auf die Wettbewerbsgerechtigkeit: Die Dreiklassengesellschaft besteht zwar weiter, aber die Spiele sind insgesamt spannender. Hinter den Branchenführern Wolfsburg und München ist das Mittelfeld breiter geworden und zusammengerückt.

Klubs wie die SGS Essen, der 1. FC Köln und sogar Werder Bremen bieten der TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt einen engeren Kampf um Platz drei, der zur Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation berechtigt.

Der dadurch spannendere Wettbewerb trägt bei zum gestiegenen Publikumszuspruch. So kamen zum Spiel gegen Werder Bremen mit 2.738 Zu­schaue­r:in­nen fast fünfmal mehr in die AOK-Arena als zum letzten Pokal-Heimspiel, dem Viertelfinale 2022. Auch die Werder-Frauen erzielten vor einer Woche gegen den FC Bayern München mit 3.049 Be­su­che­r:in­nen einen klaren neuen Rekord für ihre modernisierungsbedürftige Heim-Spielstätte „Platz 11“.

Für die meisten Wolfsburger Spielerinnen – die nicht Münchener „Hälfte der Nationalmannschaft“ – stehen nun die Länderspiele gegen Dänemark und Wales an, die über die Qualifikation zu den Olympischen Spielen entscheiden.

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