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PDS/WASG: EINE LINKSPARTEI TUT DEM BUNDESTAG GUTArmutszeugnisse

Es ist nicht schwer, an dem Linksbündnis, dessen Kontur sich langsam abzeichnet, zu zweifeln. Ist es nicht allzu durchsichtig, auf den verblichenen Ruhm von Gysi und Lafontaine zu setzen? Ist der alte Traum von einer USPD, den viele Linke in der Bundesrepublik über Jahrzehnte träumten, nicht längst fade geworden? Ein Gespenst der Vergangenheit und kein Projekt für morgen? Kann man von diesem Linksbündnis mehr erwarten als ein bisschen Keynes und populistische Fensterreden? Wird es nicht sowieso von der Müntefering-SPD in der Opposition gegen die Wand gedrückt werden?

An solchen Einwänden mag etwas dran sein – aber sie sind zu einfach, zu nahe liegend, zu oberflächlich. Sieben Jahre rot-grüne Regierung haben vieles geändert. SPD und Grüne haben wesentliche Teile ihrer linken Flügel verloren. Manche haben sich desillusioniert zurückgezogen, manche sind in der Partei geblieben und in eine Art innere Emigration gegangen. Auf jeden Fall ist die Schröder/Clement-SPD auch im Westen für viele nicht mehr wählbar. Darin zeigt sich ein strukturelles Problem linker Regierungsparteien, die bei wachsendem Arbeitsplatzexport, steigendem Reformdruck und schwindenden Steuereinnahmen Politik gegen Teile ihrer eigenen Klientel machen. Auch Parteidisziplin und Traditionsbewusstsein zwingen in der SPD nicht mehr zusammen, was nicht mehr zusammengehört. Deshalb klingen auch die Warnungen rot-grüner Politiker vor einer Zerfaserung des linken Lagers hohl. Zersplittert ist dieses Lager längst. Das PDS/WASG-Bündnis wäre nicht der Grund dafür – es würde diese Zersplitterung nur zum Ausdruck bringen.

Und das wäre gut für die Demokratie. Im Parlament führt oft eine ganz große Koalition das Wort, die von den Grünen bis zur CSU reicht und Reformen, die jene unten belasten, für alternativlos hält. Das ist ein Grund für rechtsextreme Erfolge – und dagegen kann ein demokratischer Linkspopulismus eine zivilisierende Rolle spielen. Aber auch ohne rechte Gefahr wäre ein Parlament ohne Fundikritiker ein Armutszeugnis. Denn was ist ein Parteiensystem wert, das nicht imstande ist, eine wachsende Zahl von Reformverlierern zu repräsentieren? STEFAN REINECKE

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