Israelfeindlichkeit in Berlin: „Unerträgliche Bilder“

Polizei von Palästina-Demonstration am Potsdamer Platz überrascht. Angemeldet war eine Mahnwache mit 50 Teilnehmern, doch es kamen 1.000.

Polizisten in Kampfstellung bei Pro-Palästinenser Demonstration am Potsdamer Platz Foto: AdoraPress/M.Golejewski

BERLIN taz | Anders als andere Pro-Palästina-Demonstrationen in der letzten Woche hatte die Polizei die Versammlung auf dem Potsdamer Platz am Sonntag eigentlich genehmigt. In einer nicht gekannten „Dynamik und Schnelligkeit“ hätten sich die Dinge dann aber ganz anders als angemeldet entwickelt, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. „Ich hätte diese unerträglichen Bilder gerne verhindert.“

Angemeldet war auf dem Potsdamer Platz laut Slowik eine Mahnwache für die „zivilen Opfer in Nahost“ mit 50 Teilnehmern. Laut Polizei kamen dann aber rund 1.000 Personen. Die neue Versammlung sei sogleich verboten worden, weil sie als eine Ersatzversammlung für eine bereits am 11. Oktober verbotene Versammlung gewertet wurde. Mit Lautsprecherdurchsagen habe man vor Ort über das Verbot informiert, so die Polizei. Bilanz des Nachmittags: 127 Festnahmen, 76 Straf- und 68 Ordnungswidrigkeitsverfahren, 24 verletzte Polizeikräfte.

Bilder im Netz zeigen aufgebrachte Menschen, palästinensische Fahnen werden geschwenkt, Fäuste gereckt und Parolen gerufen. Zu sehen sind Polizisten und Demonstranten, die sich hin und her schieben und drücken, handgreiflich werden. Polizisten hätten zur Abwehr Reizstoff eingesetzt, so die Polizeipressestelle. Vereinzelt sei es zu Flaschen- und Pyrotechnikwürfen von Seiten der Demonstranten gekommen.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte am Montag im Innenausschuss, die Mahnwache sei „gekapert worden“. Die in der vergangenen Woche mit propalästinesischem Kontext angemeldeten Versammlungen seien verboten worden, weil sie einen „israelfeindlichen Bezug“ gehabt hätten und zu Sympathiebekundungen für die Hamas genutzt werden sollten.

Palästinensischen Flaggen nicht verboten

Gleichzeitig verwies Spranger darauf, dass in Berlin sehr viele arabischstämmige Familien leben, „die gar nichts mit der Hamas zu tun haben“ und die auch versuchten, „in ihren Chatgruppen zu deeskalieren“. Das Zeigen von palästinensischen Flaggen sei nicht verboten, betonte Spranger – ebenso wenig, wie Russlandfahnen verboten seien. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukranie gebe es für diese Fahnen allein ein Verbot auf Kriegsgräberstätten. „Wir stehen fest an der Seite unserer israelischen Freunde, wir haben aber auch eine Meinungs- und Versammlungsfreiheit“, sagte Spranger. „Das werden wir in Berlin klar zu beachten haben.“

Konsequenz aus Sonntag müsse sein, bei Anmeldungen mit Israel- und Palästinabezug noch sorgfältiger zu prüfen, ob es sich bei den Anmeldern „um Trittbrettfahrer“ handele, sagte Polizeipräsidentin Slowik. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel sei es oberstes Ziel der Sicherheitsbehörden, jüdisches Leben in Berlin zu schützen und Hass, antisemitischen Äußerungen und Gewalt „ganz deutlich“ entgegenzutreten – „nicht nur auf der Straße, auch im Netz“. Beim Staatsschutz wurde eine Arbeitsgruppe Nahost eingesetzt, die die Sicherungslage fortwährend bewerten soll.

Nicht alles, wo Palästina „draufsteht“ oder die Flagge gezeigt werde, sei „Unterstützung des Terrors“, warnte der innenpolitische Sprecher der Linkspartei, Niklas Schrader, im Innenausschuss. Burkard Dregger (CDU) forderte, die Aufklärungsarbeit in Berlin „auf allen Ebenen“ voranzutreiben: „Dass die Palästinenser von der Hamas verraten und zu menschlichen Schutzschilden gemacht werden.“ Der schwierigste Moment für die Sicherheitsbehörden komme möglicherweise erst noch, warnte Martin Matz (SPD) mit Blick auf die angekündigte Offensive von Israel in Gaza.

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