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Windsurf World Cup vor SyltKein Wind und starke Konkurrenz

Beim Windsurf World Cup scheiterte Lina Erpenstein früh. Doch der nächste Wettkampf wartet. Die Saison dürfte sie insgesamt rund 30.000 Euro kosten.

Die Wellen kamen, der Sieg nicht: Die deutsche Nummer eins in der Disziplin Wave schied früh aus Foto: Joern Pollex

Sylt taz | Die Aussicht – ein Traum! Während sich an der Seeseite der Westerländer Promenade weiße Spitzdachzelte aneinanderreihen, ist gegenüber von „Nicola’s Imbiss“, einem klassischen Anhänger mit ausladender Futterluke in erhöhter Position, alles frei geblieben. Für die Mitarbeitenden Elke Hansen und Klaus Schwandt wirkt der Blick wie ein gigantischer Panoramabildschirm, auf dem gerade Sport läuft: der Weltcup im Windsurfen, Disziplin Slalom, mit viel Tempo und Rasanz.

„Ist ein super Blick, ne?“, sagt Hansen und lacht. Sie und Schwandt, der „Projektleiter Currywurst“ der Imbissbude, schauen nach dem Versorgen der eigenen Kundschaft hinaus auf die Wellen am Brandenburger Strand auf Sylt – hinweg über die Tische, an denen sich Menschen ein Gläschen Sauvignon Blanc zu gegrillten Scampi gönnen. „Man sieht immer mal wieder Sprünge – und auch Stürze“, sagt Hansen.

Nachher soll noch die deutsche Nummer eins in der Disziplin Wave, Lina Erpenstein aus Kiel, auf dem Pa­noramabildschirm zu sehen sein. Doch die 26-Jährige sitzt bald darauf im großen Zelt und ist wenig zuversichtlich für den heutigen Tag: Zu wenig Wind für das Reiten auf den Wellen. Das war auch in den Tagen zuvor schon so.

Doch richtig böse kann die Europameisterin von 2019 der Insel nicht sein. Sylt ist und bleibt in ihrem Herzen. Das ist seit 2013 so, als sie im Alter von 16 Jahren ihre Premiere im Weltcup geben wollte. Damals ging nichts – zu wenig Wind. Egal!

Die Nordsee hat die Aschaffenburgerin nach Kiel gezogen

„Sylt ist eben immer ein großes Überraschungsei. Man weiß nicht, was man bekommt“, sagt die Medizin-Studentin, die gerade das zweite Staatsexamen absolviert hat. Das langgestreckte Eiland war für die gebürtige Aschaffenburgerin auch der Hauptgrund dafür, in Kiel zu studieren. Von dort aus ist Sylt zügig zu erreichen.

„Ich liebe die Nordsee. Und hier auf Sylt spürt man die Natur – gerade, wenn man draußen auf dem Wasser ist“, sagt Erpenstein, die als Kind von einer Karriere als Profi-Fußballerin geträumt hat. Als ihr Vater sie aber bei einem Urlaub im spanischen Tarifa auf ein Surfboard stellte, hatte das Folgen. „Es hat eine Weile gedauert, aber wenn man dann ins Gleiten kommt, ist das ein großartiges Gefühl“, sagt Erpenstein. „Das war für mich der Kick. Für mich ist Surfen der beste Sport der Welt.“

Der allerdings, will man ihn professionell ausüben, auch einiges an Investment erfordert – zeitlich wie finanziell. Der Weltcup besteht aus sieben Stationen, an zum Teil weit entfernten Orten wie Japan, Chile oder Neukaledonien im Südpazifik. Erpenstein nimmt in dieser Saison an drei Stationen teil. In Pozo Izquierdo auf Gran Canaria wurde sie Dritte, sammelte dafür 7.650 Punkte ein.

Mehr Zähler sollten auf Sylt nicht hinzukommen: Erpenstein schied einen Tag später überraschend in der Vorrunde gegen die 21 Jahre alte Lü­beckerin Maria Behrens aus.

30.000 Euro pro Jahr für das Surfen

Viel Zeit bleibt der Kielerin aber nicht, um sich darüber zu ärgern. Am kommenden Mittwoch geht es nach Hawaii. Einen Monat lang wird sie, inklusive Vorbereitung, dort bleiben. „Wenn man in einem Jahr alle sieben Stationen machen würde, wäre man sicherlich bei Kosten von 50.000 Euro“, sagt sie. „Mit den drei Stopps, die ich plane, werden es vermutlich so 15.000 sein.“

Dabei handelt es sich aber nicht um das Jahresbudget. Es ist nur der Etat für die Weltcups. Alles in allem dürften auf Erpenstein, die in ihrer Freizeit auf Partys als Techno-DJ auftritt, in der Saison 2023 Kosten von annähernd 30.000 Euro zukommen. Sponsoren tragen dazu bei, diesen Etat zu stemmen. Oder Topleistungen, die mit Preisgeldern vergütet werden.

Beim Weltcup auf Sylt wurden in der Disziplin Wave insgesamt 17.230 Euro auf die Top 6 verteilt. Die Erstplatzierte Marine Hunter aus Frankreich erhielt 4.307 Euro, die Zweitplatzierte Behrens 3.077 Euro. Erpenstein ging leer aus.

Hinzu kommt: Ihr großer Traum, Weltmeisterin zu werden, wird sich auch in diesem Jahr nicht erfüllen. Dafür ist eine Frau an der Spitze weiterhin zu dominant: Sarah-Quita Offringa von der Karibik-Insel Aruba. Sie ist auch die erste Frau, über die ein Windsurf-Film gedreht wurde. Uraufgeführt wurde dieser im Oktober 2015 in Westerland.

Immerhin etwas nachhaltiger

Genau dort neigt sich der Wettkampftag dem Ende zu. Die ersten Buden auf der Promenade schließen, darunter auch eine, die darauf hinweist, dass der Klimawandel auch vor Sylt nicht Halt macht und die Baumpatenschaften in Myanmar für je fünf Euro anbietet. „Es geht uns darum, die Veranstaltung hier etwas nachhaltiger zu gestalten“, sagt Mitarbeiter Ralf Steinmeier. „Da ist schon einiges geschehen, denn es gibt beim Weltcup viel weniger Einweg also noch vor ein paar Jahren. “

Bei „Nicola’s Imbiss“, wo To-Go-Verpackungen 50 Cent extra kosten, geht die Futterluke herunter. Das Geschäft lief besser als an den Tagen zuvor. Es war ein interessantes Programm auf dem Panoramabildschirm heute, auch wenn Lina Erpenstein nicht auftreten konnte, weil der Wind für die Disziplin Wave nicht ausreichte.

Manchmal, das weiß die Kielerin seit vielen Jahren, bietet einem das „Überraschungsei“ Sylt eben weit weniger als erhofft. Aber so ist sie eben, diese Insel, die sie so liebt.

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