Ganesh Chaturthi-Fest in Mumbai: Weniger Götterstatuen sollen ins Meer
Politiker:innen und Stars strömen zu den Feierlichkeiten für den Elefantengott Ganesha in Westindien. Ökologisches Bewusstsein setzt langsam ein.
Das Fest lockt nicht nur Hindus an. Gesichtet wurde auch der muslimische Filmstar Shahrukh Khan. Wer es nicht nach Lalbaug schafft, kann das Spektakel auf Youtube verfolgen. Stets umringen Menschen die Bühne. Auch sonst ist der göttliche König in guter Gesellschaft. Tausende kleinere Ganesha-Idole und dreihundert meterhohe Statuen sind noch bis zum 28. September zu bewundern. „Die Atmosphäre, die Ästhetik, es ist einfach faszinierend“, erzählt die Studentin Daya Turbehekar von ihrem ersten Besuch bei einem der großen Ganeshas.
Bisher kannte sie diese nur von Fotos, die in sozialen Medien und Zeitungen kursieren. Bei den Festlichkeiten geht es sehr hektisch zu. In der Menschenmenge kann man sich leicht verlieren, und ihre Familie selbst feiert das Fest nicht groß. Trotzdem sagt sie: „Das Ganesha-Festival ist für alle.“ Freunde hatten sie in diesem Jahr eingeladen. Denn das gehört dazu: sich gegenseitig besuchen. Als Großbritannien Indien kolonialisierte, war das ein Protest.
Das Ganesha-Fest wurde in Britisch-Indien nach 1893 durch den Freiheitskämpfer Bal Gangadhar Tilak populär. Was als häusliche Verehrung begann, entwickelte sich zu einem großen öffentlichen Ereignis, um Hindus zusammenzubringen und friedlich gegen die britische Herrschaft zu rebellieren. Solche Massenveranstaltungen waren eigentlich nicht gestattet, doch sie könnten nicht gestoppt werden.
Bei den Feierlichkeiten zu Ehren Ganeshas gibt es süße, gedämpfte Teigtaschen. „Diese Modaks sind fast das Beste“, schwärmt Turbehekar. Allerdings ist es nun in ihrem Viertel jeden Tag laut. „Die typischen Trommler gibt es bei uns nicht, aber die Nachbarn drehen die Musik auf, sie sind in Feierlaune“, sagt sie. Doch für die kurze Zeit sei das in Ordnung. Schließlich ist das Fest nur einmal im Jahr. Es endet mit feierlichem Abschied des Gottes im Wasser.
Nachhaltige Ganeshas
Früher war es üblich, die Statuen dem Meer zu übergeben. Doch das führte zu starken Verschmutzungen. Der Aktivist Yash Marwah nahm deshalb oft an Aufräumaktionen an Mumbais Stränden teil. Mittlerweile stellt die Stadtregierung zwar große Wasserbecken auf, um die Idole dort zu verabschieden. Aber zu viele landen immer noch im Meer. „Es ist höchste Zeit, dass wir begreifen: giftige Farben und Gips gehören nicht ins Meer“, sagt der 28-jährige Marwah.
Und das sei nicht alles. „Die Menge an Plastik, die heute bei Festen verwendet wird, ist gefährlich“, warnt Marwah. Ihm sei Spiritualität wichtiger als Pomp. Von der Regierung wünscht er sich mehr Aufklärung. „Wir müssen uns fragen, ob Ganesha unsere Gebete weniger hört, wenn wir kleinere und umweltfreundlichere Statuen bauen“, sagt er.
Die Vorbereitungen des Fests beschäftigten die Stadtverwaltung ein halbes Jahr. Fast 200 Becken ließ sie aufstellen, ein paar davon sind mobil, erklärt ein Stadtbeamter. Das ist sinnvoll. Doch: „Mit all dem Geld für die Feierlichkeiten könnte so viel anderes gemacht werden“, kritisiert die umweltorientierte Studentin Pratiksha Kirdat. Sie schlägt vor, Organisationen zu unterstützen, die sich für die Bildung von Kindern einsetzen.
Welcher Star oder Politiker wen in diesen Tagen besucht hat, interessiert sie zwar kaum. Trotzdem sei ihr aufgefallen, dass immer mehr Stars Fotos teilen, auf denen sie ihre besonders umweltfreundlichen Ganeshas präsentieren. Diese Statuen sind aus natürlichen Materialien hergestellt. So wie früher bestehen sie aus Lehm, sind kleiner und mit abbaubaren Farben bemalt. „Das ist eine gute Initiative, denn sie können viele Menschen mit dieser Botschaft erreichen“, erklärt die 20-Jährige.
Leider entschieden sich aber noch zu wenige für die ökologisch sensibleren Ganeshas: „Vor allem lokale Festivitäten haben ihre großen Idole“, berichtet Kirdat. Je höher, glänzender und aufwändiger die Statuen sind, desto mehr schaden sie der Umwelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos