Verhandlungsversuche im Krieg in Sudan: Bis zum letzten Mann

Die Vermittlung zwischen den Kriegsparteien in Sudan ist schwer, beide wollen weiter kämpfen. Doch nun bietet sich Südsudan als Mediator an.

Salva Kiir, ein bärtiger Mann in Anzug und mit großen Hut, beim Gipfel. Um ihm stehen viele Männer.

Südsudans Präsident Salva Kiir Mayardit (mit Hut) beim Gipfel Foto: John Muchucha/reuters

KAMPALA taz | Mit einer engen Umarmung begrüßte Südsudans Präsident Salva Kiir seinen Amtskollegen aus Sudan, General Al Burhan, in Südsudans Hauptstadt Juba. Es ist der zweite Trip ins Ausland für den Chef der sudanesischen Übergangsregierung und Oberkommandierender der Armee seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im April.

Die Regierung in Juba hat sich nun angeboten, zwischen den Bürgerkriegsparteien, der Übergangsregierung und den Rebellen der Rapid Support Forces (RSF), in Sudan zu vermitteln. Über die Frage, wer als Friedensvermittler in Sudan agieren könne, wurde in den vergangenen Wochen in der Region heftig gestritten.

Schon kurz nach Ausbruch des Krieges im April hatte sich Kenias Präsident William Ruto ans Mediator angeboten. Er ist im Rahmen der Regionalorganisation IGAD Vorsitzender eines Komitees, der sogenannten „Vierer-Gruppe“, die im Sudan-Konflikt vermitteln soll. Im Juli schlug Ruto vor, eine regionale Friedenstruppe aufzustellen, die in Sudan zum Schutz von Zivilisten stationiert werden solle – doch damit war der Vorsitzende von Sudans Übergangsrat nicht einverstanden.

Der offensichtliche Grund: Kenia leitet bereits als Vermittler im Bürgerkrieg der Demokratischen Republik Kongo eine regionale Eingreiftruppe. Die soll dort einen Waffenstillstand überwachen. Doch Kongos Präsident Felix Tschisekedi warf Kenia mehrfach vor, auf der Seite der Rebellen zu agieren.

Kein Deal mit der RSF

In Sudan warf Burhan seinem kenianischen Amtskollegen Ruto ebenso vor, mit den Rebellen der RSF Geschäfte zu machen und bezeichnete die Stationierung einer solchen Friedenstruppe als „Invasion“.

Ende August war Burhan in Ägypten zu Besuch, sein erster Auslandstrip seit Kriegsbeginn. Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat sich ebenso als Vermittler angeboten. Doch am Montag erklärte Burhan nun erneut, er wolle zwar Frieden herstellen, aber seine Armee ziehe es vor, die RSF „auszulöschen“ und er werde „niemals einen Deal“ mit der RSF unterzeichnen.

Jetzt bemüht sich also Südsudan um einen neuen Versuch, Burhan an einen Verhandlungstisch zu holen. Die beiden Nachbarländer haben eine lange, intensive Geschichte.

Kriegsparteien wollen beide weiterkämpfen

2011 erst sagte sich Südsudan mittels eines Referendums von Khartum los. Nachdem die verfeindeten Parteien einen jahrzehntelangen blutigen Bürgerkrieg 2005 durch Verhandlungen beendet hatten, erwuchs zwischen den Ländern mittlerweile ein enges Verhältnis. „In Sudan sind wir der Meinung, dass der Südsudan das Land ist, das sich am besten als Vermittler eignet, weil wir schon so lange ein Land sind und uns kennen, wir kennen die Probleme und wir kennen die Bedürfnisse beider Seiten“, so Ali al-Sadiq, Sudans amtierender Vize-Außenminister.

Am Sonntag, parallel zum Treffen in Juba, traf sich der politische Berater und RSF-Sondergesandte, Yousif Izzat, mit dem Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. Dort steht das AU-Hauptquartier. Sie besprachen eine mögliche Beendigung des Krieges.

Doch RSF-Anführer General Mohamed Hamdan Dagalo, bekannt unter seinem Kriegsnamen Hametti, hat im Juli Bedingungen für einen Friedensvertrag gestellt: Er verlangt, dass Sudans Militärführung – also auch Burhan selbst – vollständig abtritt. Sonst werde er bis zum letzten Mann weiterkämpfen.

Vier Millionen Menschen auf der Flucht

Unterdessen ist das Ausmaß des Kriegs weiterhin dramatisch. In den vergangenen Tagen wurde vor allem in der Hauptstadt Khartum heftig gekämpft. Sudans Armee bombardiert die Millionenstadt aus der Luft. Bei einem angeblich ungenauen Angriff auf eine RSF-Bastion starben am Montag 19 Zivilisten.

Internationale Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe. Mittlerweile sind laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR über vier Millionen Sudanesen im eigenen Land auf der Flucht, über eine Million Geflüchtete suchen in den Nachbarländern Schutz: die meisten im Tschad, Ägypten, aber auch in Südsudan.

Das gebeutelte Land hat kaum Kapazitäten, diese Flüchtlinge aufzunehmen. Zumal rund 800.000 Südsudanesen, die bislang als Flüchtlinge in Sudan lebten, ebenso vor den Kämpfen fliehen und wieder nach Hause kommen.

Die UN-Hilfswerke schätzen den Bedarf an Humanitärer Hilfe auf über eine Milliarde Dollar. Hilfsorganisationen melden mittlerweile einen starken Anstieg von Hunger und Unterernährung unter den Vertriebenen, besonders schlimm betroffen seien Kinder.

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