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Die WahrheitMobiles grünes Zimmer

Was ist das da in Frankfurts Trabantenstadt? Ein Blumenkübel auf Rädern? Nein, eine „grüne Bühne für Ihr Programm, Meeting Point oder zur Entspannung“.

M anchmal packt mich aus heiterem Himmel die Abenteuerlust. Dann schnalle ich mein Ränzel, schnüre meine „Old Skool“-Vans und haste auf die Straße, wo ich mich an geeigneter Stelle, einer Bushaltestelle meist, von einem öffentlichen Verkehrsmittel aufgabeln lasse. Am liebsten weise ich dann den Fahrer an, mich ins nächstgelegene Viertel zu bringen. Dort gibt es eine Hochhaussiedlung aus den späten sechziger und frühen siebziger Jahren, die Atzelberg heißt und an ihrem zentralen Platz so aussieht, wie man sich zu jener Zeit die Zukunft vorgestellt hat.

Solche Orte können wegweisend und erhaben wirken wie im Pariser Stadtteil La Défense, wo der rund 100 Meter hohe und ebenso breite moderne Triumphbogen „Grande Arche“ inmitten einer riesigen Bürostadt von architektonischer Kühnheit kündet wie vom Größenwahn der Ära. Vor solchen Utopien muss sich auf dem Atzelbergplatz jedoch niemand fürchten. Die Zukunft ist hier lediglich so grau, wie sie sich weiland Baudezernenten mit breiten Koteletten und Stadträte von der SPD in Rollkragenpullovern vorgestellt haben.

Deshalb gibt es rund um den gepflasterten Platz, an dessen unterem Ende eine Handvoll hüfthoher Wasserfontänen sprudeln, auch nur vollkommen gegenwärtige Erscheinungen wie einen Friseursalon, einen Blumenladen, eine Jugendbegegnungsstätte, einen Kiosk und ein spanisches Tapas-Restaurant. Dahinter ragen Betonbauten empor. In die Zukunft weist hier nur ein spärlich gefüllter öffentlicher Bücherschrank und dass die Frankfurter Tafel freitags vor dem Jugendtreff Lebensmittel verteilt.

Kürzlich bemerkte ich beim Gang über den Platz aber ein Ensemble von zwei Objekten in der Größe und Form von Lkw-Anhängern. Auf ihnen wucherten an Metallrahmen und Gittern mehrere Kubikmeter Grünzeug: Pflanzen, Blätter, Ranken. Ein Objektschild links wies darauf hin, dass es sich um „Mobile Grüne Zimmer“ handelte, aufgestellt von der Stadt und gefördert von der EU. Ihr Zweck stand schließlich in englischen Versalien unten auf dem Rahmen des Gefährts: „Dust filter“, „Biodiversity“, „Noise reduction“, „Shade“ sowie „Smell – Taste – Feel“.

Futuristische Blumenkästen

Diese zutiefst sinnliche Bestimmung leuchtete mir sofort ein. Die pflanzliche Vielfalt, die auf diesem versiegelten Platz vorübergehend für Luftreinigung, Kühlung und Geräuschdämpfung abgestellt war, ließ sich ja jederzeit fortschaffen, wenn sie nervte! Das war entschieden praktischer, als wenn die Verbundsteine dort aufgehackt und ein Beet angelegt, eine Hecke hochgezogen oder ein Baum gepflanzt worden wären.

Ließen sich doch, dachte ich, nur alle Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Klima genauso rückstandslos wieder entfernen wie diese futuristischen Blumenkästen! Dann fänden sie gewiss auch größeren Anklang bei der Mehrheitsbevölkerung, die es einfach gern sieht, wenn Dinge aufwendig mit Verkehrsmitteln hin- und hertransportiert werden.

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