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Diskussion um Turnvater JahnMuss das Denkmal weg?

Das Netzwerk Frauen in Neukölln fordert den Abriss des Jahn-Denkmals. Die Politik ist diskussionsbereit. An diesem Donnerstag ist Protest mit Musik.

Verziert mit rosa Farbe und Tags ist das Jahn-Denkmal nicht mehr ganz so aus der Zeit gefallen Foto: S. Memarnia

Berlin taz | Der alte Mann auf dem Hügel scheint den Überblick zu haben. Selbstbewusst schaut Turnvater Jahn von seinem Sockel Richtung Hermannplatz. Als sähe er die Massen vor sich, die einst auf dem Turnplatz zu seinen Füßen ihre Kniebeuge gemacht haben. Doch so auffällig Jahn über der Hasenheide thront: Die jungen Männer, die an diesem sonnigen Vormittag 20 Meter weiter am Wegrand stehen, haben das 1872 eingeweihte Denkmal mit der grünspanüberzogenen Bronze-Statue noch nie beachtet. „Wir kennen das nicht“, sagt einer von ihnen entschuldigend.

Es gibt jedoch Menschen, denen die Ehrung des Gottvaters der deutschen Turnbewegung des 19. Jahrhunderts, den auch die Nazis für sich reklamierten, übel aufstößt. „Jahn muss weg“, fordert das Netzwerk Frauen in Neukölln schon länger, an diesem Donnerstag Nachmittag laden sie zum Protesttag mit Kundgebung, Picknick und Musik. „Jahn war antifeministisch, rassistisch und antijüdisch. Seine Turnklientel sollten nur deutsche Jungs sein und keine jüdischen Jungs und keine Mädchen“, erklärte die Sprecherin des Netzwerks, Claudia Cremer, vor einiger Zeit in der taz.

In der Bezirkspolitik ist die Kritik angekommen. Nach einer Bürger-Anfrage des Netzwerks forderte die Bezirksverordnetenversammlung im Mai das Bezirksamt auf, im Rahmen der Umgestaltung der Hasenheide auch ein Konzept für den Umgang mit dem „problematischen Denkmal“ zu entwickeln. Dies werde man „in einem ergebnisoffenen Prozess in 2024“ auch tun, so der Sprecher des Bezirksamt, Christian Berg, auf taz-Anfrage.

Die für Bildung zuständige Bezirksstadträtin Karin Korte (SPD) „begrüßt“ sogar den Anstoß der Neuköllner Zivilgesellschaft und der BVV zu dieser Diskussion. „Eine Entfernung ist dabei kein Tabu, aber mindestens so wichtig wie das Ergebnis ist der Prozess selbst“, sagte sie der taz.

Diskutieren ist gut

Bei den Be­su­che­r*in­nen des Parks, wenn sie überhaupt wissen, wer Jahn war, ist die Meinung geteilt, was mit ihm geschehen soll. „Wenn er wirklich Antisemit war, was ich nicht wusste, sollte man darüber informieren“, findet eine Dame in den 50ern. Ganz abreißen würde sie ihn aber nicht, eine Info-Tafel würde ihr reichen.

Dem jungen Paar auf einer Bank, das Clubmate trinkt und Selbstgedrehte raucht, wäre das nicht genug. „Solche Debatten, ob Gestalten wie Jahn die Stadtgesellschaft von heute noch repräsentieren, sind sehr wichtig“, findet der Mann. Auch die Umbenennung der Wissmannstraße um die Ecke in Lucy-Lameck-Straße fand er darum gut.

Aber was kommt nach Jahn? Seine Begleiterin hat eine Idee: „Vielleicht bräuchte man fünf Denkmäler für eine Vielfalt an Vorbildern?“

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