Tesla-Ausbaupläne nahe Berlin: Der Teflon-Autobauer

Tesla will bald eine Million Autos jährlich in Brandenburg bauen. Statt auf einer Veranstaltung über die Pläne aufzuklären, gibt's glatte PR.

Menschen stehen vor einer Stellwand zum Gewässerschutz, ein Mann und eine Frau in schwarzen Shirts erklären etwas

Kaffee, Kuchen und kaum Konkretes: Info-Veranstaltung von Tesla in Grünheide Foto: Annegret Hilse/reuters

Es war ein seltenes Ereignis: Der US-Elektroautobauer Tesla lud am Dienstagnachmittag zu einer Informationsveranstaltung zu seinen Ausbauplänen des Werks im brandenburgischen Grünheide ein.

Wer eine stundenlange frontale Powerpoint-Präsentation im Gemeindesaal erwartet hat, wird enttäuscht: Die auf fünf Stunden angesetzte Veranstaltung findet vor der Müggelspreehalle in der Sonne statt. An insgesamt sieben Infotischen zu verschiedenen Themen rund um die geplante Tesla-Erweiterung stehen jeweils zwei Mitarbeiter*innen, um die Bevölkerung über den vom Autobauer eingereichten Änderungsantrag zu informieren. Tesla will unter anderem die Produktionskapazität von 500.000 auf eine Million Fahrzeuge jährlich verdoppeln, die Batteriespeicherproduktionskapazität auf 100 Gigawattstunden jährlich erhöhen und eine neue Produktionshalle errichten.

Das Unternehmen hat neben den Infotischen Kaffee, Wasser und Kuchen bereitgestellt, für die Kleinen gibt es einen Parcours mit roten Mini-Teslas. Leider sind keine Kinder da. Die rund 50 interessierten An­woh­ne­r*in­nen sind überwiegend alt, mit ihnen sprechen etwa 20 junge Tesla-Mitarbeiter*innen.

Die Stimmung ist sachlich, Neugier und Skepsis halten sich die Waage. Keine Proteste, keine Transparente, nicht einmal ein lautes Wort. Und das, obwohl mehrere Mitglieder der Bürgerinitiative Grünheide gekommen sind. Nicht anwesend sind erkennbare Funk­tio­nä­r*in­nen von Tesla oder der Gemeinde. Auch Bürgermeister Arne Christiani, ein erklärter Befürworter des Werks, bleibt der Veranstaltung fern; er hat lediglich einen Gemeindemitarbeiter geschickt, um bedruckte Werbepostkarten auszulegen. Am Telefon sagt Christiani der taz, die Veranstaltung sei nur ein weiterer Schritt in der Umsetzung des Genehmigungsverfahrens. Ansonsten wolle er sie nicht weiter kommentieren.

„Je größer der Betrieb, desto größer die Beeinträchtigung“

Die Bür­ge­r*in­nen umlagern die sieben Infostände: Alle Mit­ar­bei­te­r*in­nen im Gespräch! Besonders begehrt sind die Stände zu „Gewässerschutz“ und „Infrastruktur“. Geduldig beantworten die Mit­ar­bei­te­r*in­nen Fragen zum Wasserverbrauch oder zum genauen Standort des neu zu bauenden Bahnhofs Fangschleuse.

Ein junger Manager, der im nahegelegenen Gewerbegebiet arbeitet, freut sich über die Bahnanbindung, ein älterer Hangelsberger spricht von einem „Meilenstein“. Er habe sich mehr versprochen, kritisiert ein anderer, „das ist eher eine Werbeveranstaltung“. Mathias Dörfer aus Fürstenwalde findet die geplante Expansion toll, „weil das ja doch mächtig Arbeitsplätze in der Gegend bringt“. Viele seiner Bekannten „arbeiten jetzt bei Tesla und finden das gut“. Ein Rentner ist hingegen empört: „Was Tesla hier treibt, ist die größte Verunstaltung der Landschaft“, findet er. Er glaubt, dass auch mit der nun geplanten Erweiterung für den Autobauer „noch lange nicht Schluss“ sei. „Je größer der Betrieb ist, desto schlimmer ist die Beeinträchtigung“, so der frühere Geologe.

Die Mit­ar­bei­te­r*in­nen sind gut an ihren schwarzen Shirts zu erkennen, auf denen „Tesla Earth Day“ oder „Giga Family Day“ steht. Ein junger Mitarbeiter behält alles hinter seiner Ray-Ban-Sonnenbrille im Blick. Er sieht etwas wie eine jüngere Ausgabe von Elon Musk aus und lässt alle Fragen wie Teflon an sich abperlen. Er weist darauf hin, dass man nichts zitieren dürfe, auch die Tesla-Informationen nicht, und weigert sich beharrlich, seine Position innerhalb der Firma oder auch seine Meinung zur Veranstaltung mitzuteilen. Bei jeder Frage schaut er auf sein Smartphone, um dann eine ausweichende Antwort zu geben (die nicht zitiert werden dürfe). Tesla werde noch darüber aufklären, wie es in Zukunft laufen solle, sagt er wolkig.

Der Änderungsantrag, den Tesla beim brandenburgischen Landesamt für Umwelt gestellt hat, sieht den weiteren Ausbau der Gigafactory vor. In drei Schritten soll die Produktionskapazität des Werks von 500.000 auf eine Million Fahrzeuge pro Jahr verdoppelt werden, genauso wie die Batteriespeicherkapazität (von 50 auf 100 Gigawattstunden jährlich). Dazu werden eine neue Produktionshalle, eine Batteriezellfertigung, Kühltürme und Anlagen zur Abwasseraufbereitung benötigt. Das alles muss nun genehmigt werden. Auch die Zahl der Arbeitsplätze soll sich auf 22.500 verdoppeln.

Dass die öffentliche Auslegung der Pläne zu Beginn der Sommerferien erfolgt, hat für Unmut gesorgt, genauso wie die Einwendungsfrist von nur zwei Monaten. Ein Erörterungstermin ist laut Tesla für Ende Oktober geplant.

Sagen sie die Wahrheit?

Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative Grünheide bleibt skeptisch: „Ich glaube nicht, dass die uns die Wahrheit sagen.“ Er begrüßt zwar, dass Tesla ankündigt, trotz erhöhter Produktion nicht mehr Wasser zu benötigen, und die Errichtung einer Abwasserbehandlungsanlage plant. Allerdings ist er vor allem von der neu zu bauenden, zweigeschossigen „Riesenhalle“ schockiert, die 700 mal 700 Meter groß werden soll.

Bisher hat Tesla die genehmigte Wassermenge nicht ausgeschöpft. Die Bürgerinitiative hatte darauf gehofft, dass das auch so bleibt. Die Hoffnung sei nun aber geschwunden. Tesla halte offenbar an den Plänen für Probebohrungen für Brunnen fest, so Schorcht. Mit dem erhöhten Einsatz von Roh- und Gefahrenstoffen müsse die Gigafactory laut Störfallverordnung in die obere Klasse eingestuft werden. Außerdem ist Schorcht aufgefallen, dass auf dem von Tesla verteilten Lageplan der geplante Güterbahnhof nicht mehr enthalten ist.

„Was hat die SPD-geführte Landesregierung Brandenburg Tesla zugesagt?“, fragt die Bürgerinitiative in einer Presseerklärung und bilanziert: „Betrachtet man den Lebenszyklus eines Tesla von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung, ist die Ökobilanz negativ. Tesla leistet keinen Beitrag zum Umwelt-, Arten- und Klimaschutz. Damit ist Tesla Teil des Problems und nicht der Lösung. Wir brauchen mehr öffentlichen Nahverkehr und keine neuen SUV.“

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