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Steigende PflegekostenPflege im Heim immer teurer

Viele Pflegebedürftige haben schon länger finanzielle Belastungen. Dennoch gehen die Kosten für Heimplätze weiter nach oben, zeigt eine Auswertung.

Viele Menschen haben Sorge davor, später nicht genug Geld für die Pflege zu haben Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Berlin dpa | Die Pflege im Heim wird immer teurer. Die Zahlungen aus eigener Tasche für Pflegebedürftige und ihre Familien stiegen nochmals deutlich, wie eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen mit Stand zum 1. Juli ergab. Im ersten Jahr im Heim waren demnach im bundesweiten Schnitt 2548 Euro pro Monat fällig – 348 Euro mehr als Mitte 2022. Die Belastungen wachsen damit trotz inzwischen eingeführter Entlastungszuschläge weiter. Dabei schlagen unter anderem höhere Löhne für dringend benötigte Pflegekräfte durch. Aber auch Kosten für Unterkunft, Essen und Trinken gingen nach oben.

In den Summen ist zum einen ein Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen dann noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen hinzu. Ohne die Entlastungszuschläge wären es im Schnitt für alle nun 2610 Euro pro Monat als gesamte Zuzahlung, wie aus den Daten hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Darunter stieg allein der Eigenanteil für die reine Pflege binnen zwölf Monaten um 281 Euro auf durchschnittlich 1.245 Euro pro Monat.

Als Kostenbremse gibt es seit 2022 neben den Zahlungen der Pflegekasse einen Zuschlag, der mit längerer Aufenthaltsdauer steigt. Den Eigenanteil nur für die Pflege drückt dies im ersten Jahr im Heim um 5 Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent. Auch mit dem höchsten Zuschlag gingen die Zuzahlungen aber im Schnitt auf 1.738 Euro pro Monat hoch – das waren 165 Euro mehr als Mitte 2022. Ausgewertet wurden Vergütungsvereinbarungen der Pflegekassen mit Heimen in allen Bundesländern. Die Daten beziehen sich auf Bewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5.

Hintergrund der Kostensprünge sind auch höhere Personalausgaben. Denn seit September 2022 müssen alle Einrichtungen Pflegekräfte nach Tarifvertrag oder ähnlich bezahlen, um mit den Pflegekassen abrechnen zu können.

Pflegereform soll ab nächsten Jahr Entlastung schaffen

Die Vorgabe hatte noch die schwarz-rote Vorgängerregierung auf den Weg gebracht – auch um Pflegekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen. „Wir unterstützen die Maßnahmen für eine faire Bezahlung des Pflegepersonals“, sagte Jörg Meyers-Middendorf, Vertreter des Vorstands beim Ersatzkassenverband. Es könne aber nicht sein, dass stetig steigende Kosten zum Großteil die Pflegebedürftigen schultern müssten. „Wenn der Aufenthalt im Pflegeheim von immer mehr Menschen nicht mehr bezahlt werden kann, läuft etwas gründlich schief.“

Dabei gibt es regionale Unterschiede. Am teuersten war die Pflege im ersten Jahr im Heim in Baden-Württemberg mit nun im Schnitt 2.913 Euro pro Monat – am niedrigsten war die Belastung in Sachsen-Anhalt mit 1994 Euro. Für Unterkunft und Verpflegung waren im bundesweiten Schnitt nun 888 Euro im Monat fällig, nach 814 Euro Mitte 2022.

Um weiteren Mehrbelastungen gegenzusteuern, hat der Bundestag eine Pflegereform beschlossen. Nach dem Gesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) werden die Entlastungszuschläge zum 1. Januar 2024 erhöht. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher 5 Prozent drücken, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.

Dies dürfte den Trend aber nur kurzfristig abmildern, sagte Meyers-Middendorf vom Ersatzkassenverband. „Es braucht zeitnah eine Lösung zur nachhaltigen Entlastung der Pflegebedürftigen, die nicht allein auf dem Rücken der Beitragszahler lastet.“ Dazu gehöre, die Länder endlich zur Übernahme der Investitionskosten in den Heimen zu verpflichten. Das würde Pflegebedürftige umgehend entlasten – nach den neuen Zahlen vom 1. Juli durchschnittlich um 477 Euro pro Monat.

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7 Kommentare

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  • Was ist denn mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz? Man zahlt für Angehörige erst wenn 100.000€ Brutto im Jahr verdient oder?

  • Rund ein Drittel der Kosten im gesamten sozialen Bereich werden durch Bürokratie und Überregulierung verursacht. Von Staats wegen und obendrein nur all zu oft auch noch durchs eigene Management.

  • Da kommt doch die Streichung des Pflegekostenzuschusses durch Herrn Lindner gerade rechtzeitig !



    Übrigens:



    Ein guter Teil der hohen Pflegekosten wandert sicherlich in die Taschen von "vermögenden" Privatanlegern, die ja schließlich ihre Rendite haben wollen !!!

    • @Thüringer:

      Klar bei allen Pflegeheime gehen die kosten hoch und hier wird sofort geschrieben die unternehmer machen sich die Tasche voll! Was für ein Unsinn!

      Ein Teil der Pflegeheime gehören den sozialträgern wie Caritas . Malteser , Kirche etc!

      Die Hauptkostensteigerungen kommen aus der Inflation für Essen Putzmittel , Baumaßnahmen etc. der Hauptanteil kommt aber aus dem Mindestlohn, neben den Pflegekräften gibt es in so einem Pflegeheim, auch Küchenkräfte, Reinigungskräfte, Aushilfen etc. die werden oftmals mit Mindestlohn bezahlt wenn der steigt , steigen naklar auch die Kosten für das Pflegeheim! Außerdem müssen dann auch die Löhne der Pflegekräfte steigen ,damit der Abstand stimmt. Gut für die Beschäftigten schlecht für die Bewohner und deren Angehörigen die Zuzahlung stieg in den letzten Jahr hierdurch im Durchschnitt um 400-500 Euro im Monat. Jetzt soll der Mindestlohn noch mal steigen. Dem einen Freud dem anderen Leid

    • @Thüringer:

      Pflegekräfte werden besser bezahlt - also werden auch die Kosten höher.

      Davon ab, ein Eigenanteil ist ok. Dafür ist die Rente da. Problematisch wird es wenn es nur eine Rente gibt, dann hat der Partner nicht mehr viel, bzw. wenn Angehörige zur Kasse gebeten werden. Wenn die Rente nicht reicht, springt der Steuerzahler eh ein.

      Und dann fliesst Steuergeld in die Rendite. Aber auch staatliche Pflegeeinrichtungen sind nicht günstiger.

      • @fly:

        „Pflegekräfte werden besser bezahl“, na’ Sie haben Vorstellungen. Wissen Sie eigentlich, wie viele Fachkräfte mittlerweile durch a) Hilfskräfte qua Crashkurs ersetzt, b) selbst kündigen oder c) mangels Vorhandenseins ganz fehlen?



        Steigende Kosten sind kein Garant für gleichbleibende oder gar bessere Pflege, im Gegenteil. Das werden Ihnen viele Pflegekräfte in Seniorenheimen, Krankenschwestern/-pflegern in Krankenhäusern vermutlich gern bestätigen, die sich z.B. unter Hochdruck allein oder zu zweit an zig zu Versorgenden „abarbeiten“, dazu detailliert-irrsinnig anmutende Dokumentationen verfassen müssen, was den Kontakt zum Pflegebedürftigen auf ein Minimum beschränkt.



        Da kann ein Herr Lauterbach weiter „nett reformieren“, wie er lustig ist, zu Ungunsten derer, die betroffen sind. Deutsche Bürokratie – der Horror längst nicht nur aller Pflegekräfte!

        Hierzulande jammern Krankenkassen über knapp 450 Millionen Überschuss, persönlich erreicht man in deren Büros fast niemanden: Corona heißt das Zauberwort, was auch Einzug gehalten hat in Ämter, die mittlerweile vorzugsweise sämtliches digital abhandeln (wollen).



        Schlimmer geht‘s immer.

        Wohl also denjenigen, die sich eigenes Pflegepersonal leisten und zu Hause bleiben können. Das ist Deutschland im Jahr 2023:



        Hauptsache, die Rüstungsindustrie lacht, alles andere ist ja wohl egal …(?)

        • @POFF KAMITO:

          Nur so mal am Rande, Putin hat einen Nachbarn in Europa angegriffen , wenn wir kein Geld in die Rüstung stecken, brauchen wir auch keine Pflegeheime mehr!