Brand auf Frachter „Freemantle Highway“: Südwestwind verhindert Bergung

Das brennende Schiff liegt weiterhin nördlich des Wattenmeeres. In­sel­be­woh­ne­r*in­nen sind wegen der sensiblen Meeresbodenverhältnisse besorgt.

brennendes Schiff auf blauem Meer

Tickende Zeitbombe für die Gesundheit des einzigartigen Ökosystems Wattenmeer: „Freemantle Highway“ Foto: dpa

AMSTERDAM taz | Die geplante Bergung des Autofrachters „Fremantle Highway“ ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Eigentlich sollte das brennende Schiff am Samstag an einen vorübergehenden Ankerplatz auf See geschleppt werden. Durch anhaltenden Südwestwind, kombiniert mit der Rauchentwicklung an Bord, sei dies vorerst nicht möglich, teilte die zuständige Behörde Rijkswaterstaat mit. Die voraussichtlich 12 bis 14 Stunden dauernde Operation sei unter diesen Bedingungen „nicht ohne Risiken, und Sicherheit und Gesundheit der Besatzung stehen immer an erster Stelle“.

Weil sich an der Windrichtung laut Vorhersage nichts ändern wird, ist eine weitere Verzögerung um mehrere Tage wahrscheinlich. Einen neuen Termin für die Bergung gibt es nicht.

Mark Harbers, der Verkehrsminister der kommissarisch tätigen Regierung in Den Haag, schrieb am Samstag in einem Brief an die Parlamentsmitglieder, die Bergung des Frachters sei trotz der Beteiligung sehr erfahrener Spe­zia­lis­t*in­nen eine „herausfordernde Aufgabe“. Dabei werde die Stabilität des Schiffs ständig überwacht, so Harbers, der „keine direkten Folgen für die Watten-Inseln, ihre Be­woh­ne­r*in­nen und die Natur“ erwartet.

Der anvisierte neue Ankerplatz der „Fremantle Highway“ liegt 16 Kilometer nördlich der Inseln Ameland und Schiermonnikoog. Er ist weniger dem Wind ausgesetzt als der aktuelle Standort und weiter von den Schifffahrtsrouten nördlich der Watteninseln entfernt.

500 E-Autos an Bord

Derzeit liegt der Frachter nördlich von Terschelling, der mittleren der Westfriesischen Inseln. Schiermonnikoog ist die östlichste, das nächste bewohnte Eiland ist die deutsche Insel Borkum. Ausgebrochen war der Brand in der Nacht auf Mittwoch, als das von Bremerhaven kommende Schiff Ameland passierte. Möglicherweise ging er von der Batterie eines elektrischen Autos aus, aber bestätigt ist das bisher nicht. Das Schiff hatte jedoch weitaus mehr E-Autos geladen, als zuvor gemeldet worden war, nämlich 500 statt 25.

Ellen Kuipers, Projektleiterin für die Bekämpfung von Zwischenfällen bei der niederländischen Wattenvereinigung, blickt mit gemischten Gefühlen auf die Situation. Positiv bewertet sie, dass die Temperatur an Bord des Frachters gesunken ist, inzwischen mehrere Schleppkabel befestigt werden konnten – und vor allem, dass der Schiffsrumpf unter Wasser intakt ist. „Aber die Anspannung bleibt. Noch immer kann Öl ins Wattenmeer gelangen“, so Kuipers zur taz. „Das Gebiet ist in seiner Einzigartigkeit vergleichbar mit dem Great Barrier Reef.“

Worst Case Ölverschmutzung

Der äußerst nährstoffreiche Boden des zum Weltkulturerbe zählenden Wattenmeers liegt zweimal täglich trocken. Kuipers vergleicht ihn mit einem Schwamm. „Wenn dort Öl hineingelangt, ist es kaum noch herauszubekommen.“ Fazit: „In diesem Gebiet können wir absolut kein Öl gebrauchen.“ Der aktuelle Fall sei anders gelagert als die Havarie des Container-Riesen „MSC Zoe“ nördlich der Watteninseln Anfang 2019. Diese verlor zwar in einem Sturm Hunderte Container, aber diese enthielten deutlich weniger gefährliche Stoffe.

Ineke Van Gent, die Bürgermeisterin der Insel Schiermonnikoog, findet die Lage deshalb noch immer besorgniserregend. „Ich halte den Atem an“, twitterte sie zu Beginn des Wochenendes über die bevorstehende Bergung. Daran hatte sich am Sonntag dann auch nichts geändert. Obwohl sich die Operation verzögert, steht Van Gent weiter in ständigem Kontakt mit den Behörden. „Wir hoffen, dass der Brand schnell gelöscht und das Schiff abgeschleppt werden kann.“

Über den weiteren Verlauf kann auch Van Gent nichts sagen. „Wie lange die Situation anhält, hängt von den Umständen ab. Wenn das Feuer nicht gelöscht ist, kann das Schiff nicht in einen Hafen gebracht werden. Wir hoffen, dass es schnell zu einem guten Ende kommt. Inselbewohner sind nüchterne Leute, aber wir machen uns hier schon Sorgen.“

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