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US-Podcast über Sexismus in MedizinDramatischer Stoff

Medizin orientiert sich vor allem am männlichen Körper. „The Retrievel“ zeigt weitere Aspekte auf, durch die Frauen medizinisch benachteiligt werden.

Thema im Podcast: Die Folgen der Fentanyl-Abhängigkeit in den USA Foto: imagebroker/imago

Eine Frau mit bislang unerfülltem Kinderwunsch liegt auf einem Operationstisch im Yale Fertility Center. Es ist eines der renommiertesten Krankenhäuser der USA, hier sollen ihr für eine künstliche Befruchtung Eier entnommen werden. Die Prozedur ist sehr schmerzhaft, die Frau bittet um mehr Fentanyl.

Die Krankenschwester erhöht die Dosis bis zum Maximum, doch der Schmerz bleibt. Was die Frau zu dem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass ihr kein Fentanyl gespritzt wurde, sondern lediglich Kochsalzlösung. Und sie ist nicht die Einzige: Mindestens 200 Frauen mussten diese Prozedur ohne Schmerzmittel durchstehen. Denn eine Krankenschwester hatte das Fentanyl für den Eigenverbrauch geklaut.

Klingt nach Stoff für einen True-Crime-Podcast, doch die New York Times und Serial Productions konzentrieren sich in „The Retrieval“ auf die gesellschaftspolitischen Aspekte des Falls. Wieso wurde im OP-Saal niemand stutzig, als Frauen vor Schmerzen schrien und um mehr Schmerzmittel bettelten? Wieso suchten die Betroffenen erst die Schuld bei sich, anstatt ein Fehlverhalten anderer zu vermuten? Welche Strafe für Drogenabhängige ist gerecht?

Dass die Medizin sich lange größtenteils am Körper eines weißen cis-Mannes orien­tiert hat, ist mittlerweile bekannt. Doch der Fünfteiler arbeitet gut heraus, inwiefern dieser Umstand das Schmerzempfinden und das Vertrauen in Frauen (insbesondere denen mit Kinderwunsch) und ihren Körper tief beeinflusst hat.

Der Podcast

„The Retrieval“, auf Englisch, zu hören bei den bekannten Podcatchern

Die Host Susan Burton hat dafür mit ­Dutzenden Betroffenen gesprochen, in den Gerichtssaal geguckt, in dem die Krankenschwester die Sicht aus ihrer Perspektive als alleinerziehende Mutter schildert, und hat immer wieder gefragt: Wie konnte das alles so lange unentdeckt bleiben?

Ein aufwendiges Sounddesign fehlt in dieser Produktion – es ist schlicht nicht nötig, der Geschichte noch zusätzliches Drama hinzuzufügen.

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1 Kommentar

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  • Hm, geht nun der Podcast oder der Artikel am Thema vorbei???

    Eine Kinderwunschbehandlung ist medizinisch nicht notwendiger Schnick Schnack für reiche Leute.

    Die Frage ob Arzneimitteln jemals auch an weiblichen Körpern getestet wurden muss dagegen jede Frau notwendig beängstigen.

    Das gilt ganz allgemein und besonders für Psychopharmaka und Neuroleptika die meist über viele Jahre konsumiert werden sollen. Mein Verdacht, die entsprechenden Erkrankungen werden bei Frauen häufiger diagnostiziert, da wir in psychischen Krisen öfter aktiv nach therapeutischer Hilfe suchen.



    Unser sexuelles Begehren wurde eh nie so ernst genommen wie Kinderwünsche (kotz), da stört sich dann keine*r am medikamentösen Verlust von Libido.

    Und Ganz böser Verdacht: ist Frau erstmal psychisch diagnostiziert tendieren Mediziner*innen in der Folge bei Nennung körperlicher Symptome zum Pauschalurteil Psychosomatik und übersehen leicht auch ernsthafte Erkrankungen.

    Natürlich ist es schrecklich wenn Frauen bei Eizellentnahmen notwendige Schmerzmittel vorenthalten werden und das medizinische Personal so unsensibel ist die Schmerzen der Betroffenen zu ignorieren und den Betrug zu übersehen.

    Trotzdem, die US Gesellschaft scheint doch andere medizinische Probleme zu haben, etwa die schlechte Ernährungslage armer Bevölkerungsschichten für die gesunde Lebensmittel kaum erschwinglich sind und die Folgeerkrankungen die das nach sich zieht.



    Es liegt auf der Hand das Frauen, Schwangere und mit Lebensmittelversorgung befasste Familienmitglieder hier mit Verantwortlichkeiten betraut sind, die über sie selbst hinausreichen und die kaum gesund zu stemmen bzw. zu finanzieren sind.

    Ebenso wäre ja auch spannend zu fragen inwiefern Frauen im Kontext der grassierenden Heroin / Fentanyl Schwemme als Konsumierende, als Substituierende, als Entziehende oder als der Nachsorge und Therapie bedürftige Personen eine ihrer spezifischen Situation angemessene Behandlung erfahren.

    fehlt hier alles - schade