+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Angeblich Mordanschläge vereitelt

Neonazis sollten im ukrainischen Auftrag zwei russische Medienvertrerinnen töten – behauptet der Kreml. Derweil weitet Südkorea seine Unterstützung für Kyjiw aus.

Profil von Xenia Sobtschak. Sie steht am Mikrofon und lächelt

Sollte auf sie ein Attentat verübt werden? Xenia Sobtschak, einst auch oppositionelle Präsidentschaftskandidatin Foto: Denis Tyrin/ap/dpa

10 russische Drohnen abgefangen

Die ukrainische Abwehr hat nach eigenen Angaben zehn von Russland gestartete Drohnen abgefangen. Die Invasionstruppen hätten während der Nacht allein sechs Drohnen auf den Süden und Osten des Landes abgefeuert, teilte die Luftwaffe am Samstag mit. Vier davon seien zerstört worden. Einzelheiten zu Schäden und Opfern wurden zunächst nicht genannt.

Aus der Region Saporischschja, wo die ukrainische Armee eine Offensive gegen die Russen fährt, meldete Gouverneur Jurij Malaschko 45 Luft- und Artillerieangriffe von Freitag bis Samstag. Die weiter südlich gelegene Region Cherson wurde nach Angaben von Gouverneur Olexander Prokudin 70 Mal mit Flugzeugen, Drohnen, Panzern, Granaten und Raketenwerfern angegriffen. Zivilisten seien nicht verletzt worden, sagte Prokudin.

In der ostukrainischen Provinz Donezk wurde am Freitag ein Zivilist durch russischen Beschuss getötet, wie Gouverneur Pawlo Kyrylenko mitteilte. Die ukrainischen Streitkräfte haben ihre Gegenoffensive in dem Gebiet vorangetrieben und sich von Welyka Nowosilka in Richtung der von Russland besetzten Stadt Mariupol vorgekämpft. (ap)

Getreideabkommen: Putin stellt Bedingungen

Zwei Tage vor dem Auslaufen des Abkommens über ukrainische Getreideexporte besteht Russlands Präsident Wladimir Putin auf Bedingungen für eine Verlängerung. Verpflichtungen zur Beseitigung von Hindernissen für russische Nahrungsmittel- und Düngerausfuhren seien nicht erfüllt worden, sagt Putin nach Angaben des Kreml in einem Telefonat mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa. (rtr)

Simonjan und Sobtschak als Anschlagsziele genannt

Russlands Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen Mordanschlag auf die Chefredakteurin des Staatsfernsehsenders RT, Margarita Simonjan, verhindert und mehrere Verdächtige festgenommen. Demnach wollten russische Neonazis im Auftrag des Kyjiwer Geheimdienstes SBU Simonjan, die eine glühende Unterstützerin von Moskaus Krieg gegen die Ukraine ist, und auch die prominente Moderatorin Xenia Sobtschak töten. RT veröffentlichte ein Video, auf dem ein junger Mann in einem T-Shirt mit der Aufschrift Waffen SS behauptet, er habe von Ukrainern den Mordauftrag angenommen.

Der demnach 18 Jahre alte Mann, der seinen Namen und sein Geburtsdatum nennt, schildert den angeblichen Tathergang. Bei der geplanten Waffenübergabe sei er von Sicherheitskräften festgenommen worden, sagte er.

Der FSB meldet immer wieder verhinderte Attentate und Festnahmen von Verdächtigen, die im Auftrag ukrainischer Dienste Anschläge geplant haben sollen. Überprüfbar ist das nicht von unabhängiger Stelle.

Zwei prominente Medienvertreter waren allerdings bereits getötet worden: im August vorigen Jahres Darja Dugina bei einer Autobombenexplosion und Anfang April der Militärblogger Maxim Fomin, genannt Wladlen Tatarski, bei der Zündung eines Sprengsatzes in einem Café in St. Petersburg. Im Mai gab es einen Autobombenanschlag auf den bekannten kremlnahen Schriftsteller Sachar Prilepin, dessen Fahrer starb – er selbst wurde schwer verletzt.

Simonjan, die auch Chefredakteurin des Agentur Rossija Segodnja ist, dankte dem Geheimdienst dafür, dass ihr Leben gerettet wurde. Laut FSB wurden „Mitglieder der neonazistischen Gruppierung „Paragraf-88““ in Moskau und im Gebiet Rjasan festgenommen. Sie hätten dort Wohn- und Arbeitsadressen ausgekundschaftet. Bei den Verdächtigen seien ein Kalaschnikow-Maschinengewehr und unter anderem 90 Patronen, Messer, Gummiknüppel, Computer und Nazi-Flaggen und –Literatur beschlagnahmt worden. Die Auftraggeber sollen 1,5 Millionen Rubel (14 800 Euro) für jeden Mord in Aussicht gestellt haben. (dpa)

Angriff auf russisches Staatsgebiet zugegeben

Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj hat nach einem Bericht der US-Zeitung Washington Post Angriffe seines Landes auf russisches Staatsgebiet zugegeben. Demnach sagte er, dass er im Land produzierte eigene Waffen für diese Schläge nutze. „Es ist unser Problem, und wir müssen entscheiden, wie wir den Feind töten. Es ist möglich und nötig, ihn auf seinem Gebiet im Krieg zu töten“, sagte Saluschnyj der Zeitung in einem am Freitag auf deren Internetseite veröffentlichten Beitrag. Besonders russische Grenzregionen erleben immer wieder massiven Artillerie- und Drohnenbeschuss von ukrainischer Seite.

Die US-Zeitung verwies darauf, dass Kiew die Schläge über die Grenze sonst offiziell nicht zugebe. „Wenn unsere Partner Angst haben, ihre Waffen zu nutzen, dann töten wir mit unseren eigenen“, sagte Saluschnyj weiter mit Blick auf Auflagen der westlichen Verbündeten, mit den gelieferten Waffen nicht russisches Staatsgebiet anzugreifen. „Um meine Leute zu schützen, warum sollte ich jemanden um Erlaubnis fragen müssen, was ich auf feindlichem Gebiet tue.“

Dem Bericht zufolge hätte Saluschnyj gern deutlich mehr Waffen, darunter Marschflugkörper, sowie die Hoheit über den Luftraum, um die russischen Besatzer zu schlagen. Doch könne das Land erst im nächsten Jahr mit den Kampfjets vom Typ F-16 rechnen, hieß es. (dpa)

Russische Raketen mit westlichen Komponenten

Russische Raketen und Marschflugkörper enthalten laut dem Sanktionsbeauftragten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj offensichtlich auch häufig Komponenten aus Deutschland und anderen westlichen Ländern. „Bei uns werden jeden Tag Menschen von Geschossen getötet“, sagte Wladyslaw Wlasjuk der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Und sehr viele enthalten Bauteile aus westlichen Ländern.“ Aus Sicht der Ukraine ist das nur möglich, weil Sanktionen gegen Russland über Drittländer umgangen werden.

Wlasjuk hatte laut FAS bereits am 13. Juni mit Außenminister Dmytro Kuleba und Wirtschaftsministerin Julija Swyrydenko westlichen Botschaftern in Kiew darüber berichtet.

In dem Bericht an die Botschafter hieß es demnach, der größte Teil der geschmuggelten Geschossteile käme aus den USA mit 81 Prozent. And zweiter Stelle folge die Schweiz mit acht Prozent, Deutschland und Japan stehen auf der Liste mit je 3,5 Prozent auf Platz drei. Den Angaben zufolge hat Russland die Produktion von ballistischen Raketen und Marschflugkörpern seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 von 512 auf mutmaßlich 1061 etwa verdoppelt. (dpa)

Seoul wird mehr Militärgerät an Ukraine liefern

Südkorea will seine Unterstützung für die Ukraine ausweiten. Seoul werde in diesem Jahr humanitäre Hilfsgüter im Wert von 150 Millionen Dollar (133 Millionen Euro) liefern, sagte Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol am Samstag nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj in Kyjiw. Das sind 50 Millionen Dollar mehr als im vergangenen Jahr.

Zudem werde Südkorea den Umfang seiner Militärgerät-Lieferungen vom vergangenen Jahr erweitern, „als wir Materialien wie Helme und kugelsichere Westen zur Verfügung gestellt haben“, kündigte Yoon an, ohne dies zu präzisieren. Waffen für den Kampf gegen die russischen Invasionstruppen liefert Südkorea bislang nicht.

Der südkoreanische Präsident war am Samstag überraschend zu seinem ersten Besuch in der Ukraine eingetroffen. Vor seinem Treffen mit Selenskyj besuchte er am Vormittag die Schauplätze des Massakers in dem nahe Kyjiw gelegenen Butscha und die von Raketenangriffen auf Wohngebiete schwer getroffene Stadt Irpin. (afp)

Russische Offiziere zunehmend unzufrieden

Nach Einschätzung des britischen Geheimdiensts sind mehrere Offiziere in der russischen Armee unzufrieden mit der militärischen Führung. „Direkte Kritik von Untergebenen wird wahrscheinlich zu einem zunehmenden Problem für Verteidigungsminister Sergej Schoigu und den Chef des Generalstabs, General Gerassimow“, teilte das Verteidigungsministerium in London am Samstag mit.

Die Briten setzten sich in ihrem täglichen Update bei Twitter mit der Entlassung von General Iwan Popow auseinander. Er hatte Kritik an seinen Vorgesetzten und der Kriegsführung in der Ukraine geübt und war als Kommandeur der 58. Armee entlassen worden.

„Popows Äußerungen machen auf die große Unzufriedenheit aufmerksam, die viele Offiziere wahrscheinlich gegenüber der ranghohen militärischen Führung hegen“, schrieben die Briten. Die Beschwerden ähnelten weitgehend denen, die der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, vor seiner Meuterei geäußert habe. (dpa)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.