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Gründer über neue FFF-Gruppe in Bremen„Sozialen Klimaschutz erkämpfen“

Nach Streit über den Nahost-Konflikt hat sich die Bremer Fridays for Future-Gruppe aufgelöst und neu gegründet. Was wird jetzt anders?

Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen vereint für die gute Sache – wenn es nicht um den Nahost-Konflikt geht Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Katharina Schipkowski
Interview von Katharina Schipkowski

taz: Warum war eine Auflösung und Neugründung der Bremer Fridays for Future nötig?

Dominik Lange: Die alte Ortsgruppe hat sich Anfang Juli aufgelöst, unter anderem, weil sie unzufrieden mit der bundesweiten Struktur von FFF war. Es gab aber auch wechselseitig Kritik an der Ortsgruppe. Am 16. Juli haben wir FFF Bremen neu gegründet, weil es uns wichtig ist, gemeinsam mit anderen Klima-Jugendgruppen den globalen Klimastreik am 15. September zu organisieren.

Die alte Ortsgruppe hat die BDS-nahe Gruppe „Palästina spricht“, die Israel als Apartheidstaat bezeichnet, als Redner auf eine Kundgebung eingeladen. Wird „Palästina spricht“ zukünftig bei Veranstaltungen von FFF Bremen auftreten?

Wir arbeiten jetzt erst mal auf den globalen Klimastreik hin. Den planen wir zusammen mit anderen Gruppen, und werden gemeinsam eine Red­ne­r*in­nen­lis­te erarbeiten, die alle unterstützen. Ich persönlich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass der Orga-Kreis eine Einladung von „Palästina spricht“ befürworten wird.

Ist die Bremer Klima-Szene gespalten?

Die Demonstrationen der alten Ortsgruppe waren gut besucht, zuletzt mit 3.500 bis 5.000 Personen. Das zeigt, dass die Klima-Szene gemeinsam immer noch viele Menschen auf die Straße bringen kann. Wir haben auch eine Übergabe gemacht, bei der wir unter anderem die Zugänge für die Social-Media-Kanäle bekommen haben. Es gibt also bestimmte Kontinuitäten, aber auch Diskontinuitäten.

Welche?

Von der alten Ortsgruppe ist keiner mehr in der neuen Gruppe. Was ich total schön fand: Nach der Auflösung haben sich direkt vier neue Ortsgruppen gebildet. Wir haben dann ein gemeinsames Treffen organisiert und uns zusammengeschlossen. Uns ist wichtig, dass Antisemitismus und andere Diskriminierungsformen bei uns keinen Platz haben. Aber wir werden uns natürlich weiter gegen den fossilen Kapitalismus und seine Umweltzerstörung wenden. Klimagerechtigkeit ist nach wie vor zentral für uns.

Wie wollen Sie Streit über den Nahost-Konflikt zukünftig verhindern?

privat
Im Interview: Dominik Lange

28, studiert Philosophie und hat die neue Bremer FFF-Gruppe mitgegründet.

Ich halte es für ein großes Problem, dass wir als neue Ortsgruppe, die sich erst vor gut einer Woche gegründet hat, schon mit solchen Fragen konfrontiert werden. Viele junge Aktivistinnen haben noch nie von der Frage „Bin ich antideutsch oder Anti-Imp?“ gehört. Ich würde mir wünschen, dass wir nach vorne schauen, wir heißen ja nicht „Fridays for Vergangenheit“. Die Fragen, wie wir das Überschreiten der Kipppunkte aufhalten und den fossilen Kapitalismus überwinden können, dürfen nicht in den Hintergrund geraten.

Sie haben angekündigt, enger mit der Bundesebene von FFF zusammen zu arbeiten. Was heißt das konkret?

Zum Beispiel ist Fridays For Future gerade dabei, einen Strukturprozess anzugehen, auch um strukturellem Rassismus entgegen zu wirken. Daran wollen wir uns beteiligen.

Die alte Ortsgruppe hat der Bundesebene Rassismus vorgeworfen. Sind migrantische Perspektiven bei FFF ausreichend repräsentiert?

Das kann ich nicht beurteilen. Was ich aber sagen kann, ist, dass FFF Deutschland eine Klimagerechtigkeitsperspektive vertritt. Das heißt, dass man die Hauptverantwortlichen für die Klimakrise im globalen Norden benennt und auf die starke Betroffenheit derer aufmerksam macht, die am wenigsten zur Krise beitragen.

Zumindest in einem Aspekt hat die alte Gruppe aber einen Punkt, oder? Dass FFF heute so schwach da steht wie nie zuvor.

Wir müssen sozialen Klimaschutz erkämpfen, und dafür brauchen wir Bündnisse. Das heißt zum Beispiel, intensiver mit den Gewerkschaften zusammen zu arbeiten. Wir müssen alle Benachteiligten, also auch Lohn­ar­bei­te­r*in­nen und Geringverdiener*innen, versammeln und uns gemeinsam für den Klimastreik am 15. September stark machen.

Muss FFF sich mehr in die sozialpolitische Richtung entwickeln?

Genau. Es ist definitiv wichtig, am 1,5-Grad-Ziel festzuhalten und Bundesverkehrsminister Volker Wissing daran zu erinnern, dass auch der Verkehrssektor die Klimaziele einhalten muss. Aber wenn wir zum Beispiel den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs verbessern wollen, heißt das auch, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern. Ini­tiativen wie Debt for Climate oder RWE&Co enteignen sind da ebenfalls gute Beispiele.

In letzter Zeit haben prominente Fridays-Vertreterinnen wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer an Blockaden teilgenommen und dafür Strafen in Kauf genommen. Entwickelt sich FFF in Richtung zivilem Ungehorsam?

Die Ampelkoalition macht leider gerade deutlich, dass Deutschland das Pariser Klimaschutzabkommen krachend verfehlen wird. Global betrachtet sieht es vielerorts auch nicht besser aus. Deswegen ist die Frage, wie weit Klimaprotest gehen kann, gerechtfertigt und treibt innerhalb der Bewegung viele um. Ich bin überzeugt, dass zielgerichteter ziviler Ungehorsam ein Weg ist, um auf die Illegitimität des Handelns der Bundesregierung und der Länder weltweit aufmerksam zu machen.

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4 Kommentare

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  • Sozialpolitik und Klimapolitik sind nicht miteinander gekoppelt. Beides ist unabhängig voneinander zu entwickeln.



    Wer erst Klimaschutz will nach einem Systemwechsel der kommt zu spät.

  • Dankeschön für das Interview. Und viel Erfolg. Für eine lebenswerte Zukunft in Frieden.

    FFF = Fridays For Frieden! ;-) :-()

    Für sozialen Klimaschutz! Find ich sehr gut! :-)

  • Es ist schlicht unsinnig, von einer klimapolitisch aktiven Gruppe zu erwarten, daß sie eine Position zum Nahost-Konflikt vertritt. Was soll das?

    • @yohak yohak:

      Das hängt wohl vom politischen Hintergrund der Beteiligten ab. Dementsprechend kann das natürlich durchaus Sinn machen für die Aktivisten FFF ach für andere Zwecke zu instrumentalisieren.