Kohlegrube Turow in Polen: Polens Premier baggert weiter
Am Kohletagebau Turow darf weiter abgebaut werden, hat ein Gericht entschieden. Das endgültige Urteil über dessen Zukunft fällt aber erst Ende August.
Morawiecki schließt seinen Videoclip mit einem Seitenhieb auf die Deutschen, wie dies im Wahlkampf der regierenden Nationalpopulisten von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) üblich ist: „Wir haben uns nicht von den Öko-Terroristen aus dem Westen und insbesondere aus Deutschland erpressen lassen.“
Doch das Oberste Verwaltungsgericht (NSA) hob mit seinem Urteil am Dienstag nur eine einstweilige Verfügung des Bezirksverwaltungsgerichts vom 31. Mai auf. Es anerkannte damit das Argument des Turow-Betreibers und der Staatsanwaltschaft, dass die polnische Bevölkerung ein Recht auf stetige Energieversorgung habe.
Mit der einstweiligen Verfügung sollte aber nicht das Bergwerk von einem Tag auf den anderen – vorübergehend – stillgelegt werden, wie es die PiS und viele PiS-nahe Experten darstellten.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung steht noch aus
Vielmehr sollte lediglich das bürokratische Verfahren zur Verlängerung der Betriebserlaubnis bis 2044 gestoppt werden. Dieses Verfahren sollte erst dann wieder anlaufen dürfen, wenn der Gerichtsstreit über die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen sei.
Gegen beide hatten unter anderem die sächsische Grenzstadt Zittau und die Umweltorganisation Greenpeace mit ihren Niederlassungen in Tschechien und Deutschland geklagt. Aus ihrer Sicht seien die Folgen des Turow-Tagebaus unzureichend berücksichtigt worden – denn durch den Abbau des neuen Braunkohleflözes würde der Tagebau auf bis zu drei Kilometer an die Grenzen der Nachbarländer heranrücken und die Erde wesentlich tiefer als bisher aufreißen. Schon jetzt fließt das Grundwasser aus tschechischen und deutschen Orten in die Kohlegrube, lässt die Häuser absinken und handbreite Risse im Mauerwerk entstehen.
Tschechien, das Polen in dieser Frage vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verklagt hatte, konnte durch Verhandlungen eine Lösung erreichen. Das wichtigere Urteil über die Rechtmäßigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung und der auf ihr beruhenden Betriebsverlängerung für Turow soll Ende August fallen – ebenfalls im Obersten Verwaltungsgericht in Warschau.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen