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Strategien für LangzeitarbeitsloseWirklichkeit der Bürgergeld-Reform

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Höhere Freibeträge, Prämien für Abschlüsse, ganzheitliche Betreuung: Klingt gut, wäre da nicht die Personalknappheit in den Jobcentern.

150 Leis­tungs­be­zie­her:in­nen pro Vermittler:in? Tatsächlich sei die Zahl der Betreuten höher Foto: Carsten Koall/dpa

D ie Worte klingen ebenso wohlig wie abstrakt, und das stimmt misstrauisch. Langzeitarbeitslose sollen mit einer „ganzheitlichen Betreuung“ unterstützt werden, die Förderung soll sich mehr an der „individuellen Lebenslage“ ausrichten. So heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit, wo jetzt die zweite Stufe der Bürgergeld-Reform vorgestellt wurde, die ab nächster Woche gilt. Es gibt höhere Freibeträge für erwerbstätige Leistungsbezieher:innen. Wer einen Berufsabschluss nachholt, bekommt eine monatliche Zusatzprämie von 150 Euro. In den Jobcentern sollen Ver­mitt­le­r:in­nen und Arbeitslose einen „Kooperationsplan“ zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt schmieden.

Den begrüßenswerten Vorhaben steht allerdings die traurige Realität in den Jobcentern gegenüber. Kürzlich schickte ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Jobcenters Dortmund anonym einen offenen Brandbrief an Politik und lokale Presse, in dem er oder sie die angespannte Personalsituation im Jobcenter anprangerte. Eigentlich sehe der Personalschlüssel ein Verhältnis von eineR Ver­mitt­le­r:in auf 150 Leis­tungs­be­zie­her:in­nen im Jobcenter vor, in Wirklichkeit aber sei die Zahl der Betreuten pro Mit­ar­bei­te­r:in dreimal so hoch.

Von ganzheitlicher und individueller Betreuung kann daher keine Rede sein. Also läuft es wie früher auch, als das Personal vor allem möglichst gute Zahlen für die Statistik produzieren sollte, ohne auf den Langzeiteffekt von Maßnahmen zu achten. Man hatte sich schon länger gefragt, wie denn die Jobcenter mit der gestiegenen Zahl an Kli­en­t:in­nen zurechtkommen – allein aus der Ukraine sind Hunderttausende Geflüchtete im Bürgergeld-Bezug. Also: Sie kommen nicht klar.

Deswegen ist es richtig, dass die Kommunen und die Bundesagentur für Arbeit jetzt von der Bundesregierung mehr Geld für die personelle Ausstattung der Jobcenter fordern. Und es war keine gute Idee des Bundesarbeitsministers, bei den Verwaltungsausgaben für die Jobcenter zu kürzen. Neue Gesetze mögen gut sein, aber wenn die Umsetzungsmöglichkeiten gar nicht vorhanden sind, wirken sie unglaubwürdig. Dem Problem muss sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stellen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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3 Kommentare

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  • Ich habe schon zig fehlerhafte Bescheide bekommen, gegen die ich jeweils erfolgreich geklagt habe.



    Jobangebote, kannst du vergessen, ausbeutung pur und als Frau, erlebst du bei jedem Besuch Sexismuss, ekelhaft

  • Hier mal der Link zu dem genannten Brandbrief des/der Mitarbeiters/Mitarbeiterin des Jobcenters Dortmund, der wirklich lesenswert ist: t1p.de/k332p

    Für mich ist das ganze "Bürgergeld" unausgegoren, weil es einfach gar nicht sinnvoll ist, die Menschen zur Erwerbsarbeit zu zwingen. Und angesichts der Beibehaltung von Sanktionen, bleibt der Zwang auch im "Bürgergeld".

  • Es gibt nicht zu wenig Personal in der Verwaltung. Es gibt zu viel Bürokratie. Es sei denn, das Ziel ist es, die Arbeitslosen ins Jobcenter zu vermitteln. Dann ergibt Bürokratie wieder Sinn, weil so Stellen geschaffen werden. Leider ohne Mehrwert.