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Lockerung der Gentechnik-RegelnGenmais muss freiwillig bleiben

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Es ist falsch, genmanipulierte Nahrungsmittel nicht zu kennzeichnen. So wird den VerbraucherInnen die Chance genommen, sich dagegen zu entscheiden.

Gentech-Pflanzen können patentiert werden Foto: Pond5/imago

D ie Bundesregierung sollte den Vorschlag der EU-Kommission ablehnen, die Regeln für gentechnisch veränderte Pflanzen aufzuweichen. Denn er nimmt den VerbraucherInnen die Wahlfreiheit, auf Gentechnik-Lebensmittel zu verzichten. Bisher müssen diese auf der Verpackung gekennzeichnet werden. Wenn die Transparenzpflicht nun für die meisten Pflanzen neuer Gentechnikmethoden wie Crispr/Cas wegfällt, erführen die Konsumenten nicht mehr, ob sie sogenanntes Genfood essen oder nicht.

Nicht alle können oder wollen sich Bioprodukte leisten, in denen Gentechniksorten verboten bleiben sollen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel ungesünder sind. Aber viele Menschen wollen sie trotzdem meiden, etwa weil sich Risiken nie völlig ausschließen lassen. Oder weil die neue Gentechnik auch dafür genutzt wird, eine umweltschädliche Landwirtschaft zu erleichtern – zum Beispiel indem Pflanzen resistent gegen Pestizide gemacht werden und nicht wie oft behauptet gegen Krankheiten.

Zudem ignoriert die EU-Kommission, dass Gentech-Pflanzen patentiert werden können. Dieses Saatgut dürfen Züchter nur mit Erlaubnis der Schutzrechteinhaber weiterentwickeln. Das hemmt den Züchtungsfortschritt, und Konzerne können ihre Macht über die Ernährung ausbauen. Am Ende würden Pflanzen nicht schneller, sondern langsamer an die Klimakrise angepasst.

Es ist auch nicht nötig, die strengen Regeln für die Gentechnik aufzugeben. Sie ist ja keinesfalls verboten in Europa. Das Zulassungsregister der EU-Kommission listet mehr als 100 Gentech-Pflanzen auf, die trotz der angeblich zu aufwendigen Vorschriften für den Import erlaubt sind. Zum Anbau sind allerdings nur wenige Sorten zugelassen, was wiederum an der geringen Nachfrage bei Verbrauchern und damit auch Bauern liegt.

Gute Erfolge mit konventioneller Züchtung

Bisher sind weltweit so gut wie keine Pflanzen auf dem Markt, die mithilfe der neuen Methoden toleranter gegenüber Trockenheit gemacht worden sind – auch nicht in den USA, wo Gentechnik-Pflanzen weder getestet noch gekennzeichnet werden müssen. Die konventionelle Züchtung dagegen hat schon lange Sorten erzeugt, die besser mit trockenem Klima klarkommen.

Selbst Gentechnikbefürworter räumen ein, dass ihr Saatgut nur ein Werkzeug von vielen ist, um die Landwirtschaft an das neue Klima anzupassen. Mindestens genauso wichtig sind beispielsweise mehr Vielfalt auf dem Acker, um das Risiko von Ernteausfällen zu streuen, oder Bäume, die Schatten spenden.

Solche Methoden sollte die Ampelkoalition fördern, statt in Brüssel das Ende der Wahlfreiheit zu akzeptieren. Die angeblich freiheitsliebende FDP müsste ihre Pro-Gentechnik-Haltung aufgeben, damit Deutschland mit Nein stimmt.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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2 Kommentare

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  • Und wenn die gentechnisch manipulierten und unter Patent gesetzten Pflanzen undeklariert, also heimlich, angebaut werden, dann kann sich doch kein mündiger Landwirt oder mündiger Verbraucher mehr entscheiden, ob er diese Genveränderungen in seinem Betrieb oder in den Lebensmitteln haben möchte.



    Was ist dann, wenn sich diese Pflanzen unkontrolliert und ohne Beaufsichtigung nun in das Saatgut des Biobauern "einschleicht", muss dieser dann auch noch damit rechnet Patentgebühren zahlen zu müssen?



    Wieso werden invasive Pflanzen unter Beaufsichtigung gestellt, gentechnisch veränderte aber nicht?



    Zudem wird immer suggeriert, dass die Gentechnik eine geradezu mathematisch sicher erforschte Manipulationsweise sei, dabei ist doch bekannt, dass die Epigenetik, also die Mechanismen, wie und welches Erbgut wann abgelesen und umgesetzt wird, fast komplett unbekannt ist. Dies ist immerhin noch ein stark beschleunigter Eingriff auf das Saatgut, der, wenn es irgendwann schief geht, ggf. nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

  • Die Verbraucher*in ist mündig... bis es wieder nicht passt.

    Wenn's um "Werbeverbote" geht (ach, wie ich das Wort "Verbot" zu lieben lernte), dann wird die mündige Verbraucher*in immer aus dem Hut gezaubert.

    Wenn's hingegen um Informationen darüber geht, wie die Wurst gemacht wurde...

    Korrupte, hinterhältige Bande.

    Ein kleiner Kritikpunkt am Artikel: "Es ist zwar unwahrscheinlich, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel ungesünder sind."

    Darum geht es nicht (zumindest nicht mir). Nicht um meine Privatgesundheit. Sondern um die Gesundheit des ganzen Ökosystems. Und dazu gehören eben auch Betrachtungen über die Struktur des Agrar- Lebensmittelhandels, mit ihrer Gewinnoptimierung für einige wenige, mit ihrem Oligopol, mit ihren Preisspekulationen. In diesen Händen liegt die Verwendung dieser scharfen Waffe Crispr/Cas. In diesen Händen will ich keine zusätzliche Waffe sehen.

    Es ist zu erwarten, dass die Befürworter die Diskussion genau so "spinnen": "meine Gesundheit", um dann mit tiefer Stimme zu antworten "Keine Sorge, die Wissenschaft hat gezeigt...".

    Darum geht es nicht.