Rassismus am Theater: Es ist nicht alles schlecht
Diskriminierung und Machtmissbrauch sind Alltag am Theater. Manches wird aber auch besser. Erfolge anzuerkennen, kann Kraft geben, um weiterzukämpfen.
P robleme muss man nicht suchen. Sie springen einem mitten ins Gesicht. Wer auf Missstände aufmerksam machen will, hat immer was zu tun. Die guten Dinge hingegen verstecken sich gern. Darum fällt es oft schwer, zwischen all den anstehenden Aufgaben die kleinen und größeren Erfolge wahrzunehmen – auch oder besonders dann, wenn wir hart dafür gearbeitet haben.
Dabei entwickelt sich auch im Kulturbetrieb manches zum Positiven. Sogar im Theater. Die große Blackface-Debatte liegt nun mehr als zehn Jahre zurück und in der Szene hat sich viel verändert. Die anstrengende und schmerzhafte Arbeit, die vor allem Theaterschaffende, Künstler*innen und Journalist*innen of Color geleistet haben, kann im Nachhinein durchaus als erfolgreich gewertet werden.
Ans Feiern denkt niemand so richtig, denn es gibt weiterhin Rassismus im Theater und überhaupt erscheinen Diskriminierung und Machtmissbrauch in vielen Formen. Trotzdem ergibt es Sinn, genauer hinzuschauen und festzuhalten, dass doch schon das ein oder andere Haar aus der Suppe gefischt wurde. Dass sich vieles verbessert hat. Auch, wenn Debatten redundant sind, auch wenn sich viele immer noch daran aufreiben, bessere Arbeitsbedingungen zu erstreiten, lohnt es sich, innezuhalten und zurückzuschauen:
Aus heutiger Sicht absurd
Vor etwa zehn Jahren wurde eine Art perfides Ballspiel aus der Blackfacing-Debatte heraus gespielt. Auf die Frage, warum denn nicht einfach Schwarze Schauspieler*innen in Schwarzen Rollen besetzt wurden, antworteten Verantwortliche von Theatern, es gebe keine, denn die Schulen bildeten sie nicht aus.
Die Schauspielschulen entgegneten, sie würden sie nicht ausbilden, denn die Theater würden sie nicht besetzen, worauf die Theater verlauten ließen, es gebe nicht genügend Rollen für Schwarze Spieler*innen, denn die Autor*innen würden sie nicht schreiben, woraufhin wiederum einige Schreibende zu bedenken gaben, die Theater seien ja nicht interessiert an den Stoffen.
Es ist beruhigend, wie absurd diese Diskussion aus heutiger Perspektive wirkt. Die Stoffe sind da. Autor*innen of Color sind erfolgreich und Ensembles sowie Abschlussklassen sind nicht mehr einfach nur weiß. Das heißt nicht: Alles ist gut. Das Rassismusproblem hat sich zum Beispiel verschoben. Früher berichteten Schwarze Schauspieler*innen davon, dass sie keine Jobs bekommen. Heute teilen sie die Rassismuserfahrungen, die sie im Job machen. Wir haben also noch ein ganzes Stück Weg vor uns.
Kraft tanken, weitermachen
Ich liebe das Theater und ich habe gelernt zu kritisieren, was ich liebe, denn alles andere ist es nicht wert. Schade wäre, wenn Freude über Fortschritte dabei verloren ginge.
Klar: Die Ächtung einer rassistischen Praxis und mehr Diversität in Ensembles, das sind nur kleine Veränderungen in einem System mit großen Problemen. Doch wenn wir diese kleinen Erfolge anerkennen, können wir daraus Kraft ziehen, die größeren Probleme anzugehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos