Barça vor Champions-League-Finale: Autarke Spitzenkraft
Der FC Barcelona fährt als einziger Frauenfußballklub in Europa Gewinne ein. Gegen Wolfsburg soll es auch mit dem Champions-League-Sieg klappen.
Natürlich haben sich schon wieder tausende Fans des FC Barcelona zum Champions-League-Finale in Bewegung gesetzt. Letztes Jahr folgten rund 15.000 Anhänger einem Team, das einen Meilenstein nach dem anderen setzt. Nicht nur sportlich, wo die Katalaninnen durch 62 Ligasiege am Stück einen Weltrekord aufstellten und den Frauenfußball durch ihr präzises Passspiel auf ein technisch neues Niveau hoben. Sondern auch beim ganzen Drumherum.
Die Zuschauerrekorde mit zweimal über 90.000 Fans in den Heimspielen der Champions League machten vorige Saison weltweit Schlagzeilen. Wurden sie allerdings noch mit günstigen Preisen erreicht, hat sich auch nach einer Anhebung kaum etwas geändert. Im Halbfinalrückspiel erzielte Barça dank 72.262 Besuchern gegen Chelsea eine Einnahme von rund 1,2 Millionen Euro. Für den Geschäftsabschluss wird ein Umsatz von 11,7 Millionen Euro bei Ausgaben von 10,8 Millionen prognostiziert. Anders als alle anderen Spitzenteams sind die Barça-Frauen autark; sie reüssieren ohne Querfinanzierung aus der Männerabteilung.
Zur Abrundung der Party möchte man wieder ein Champions-League-Finale gewinnen, morgen um 16 Uhr in Eindhoven gegen den VfL Wolfsburg. Letztes Jahr ging es für die damaligen Titelverteidigerinnen nämlich schief, der vormalige Seriensieger Olympique Lyon packte noch mal allen Stolz und alle Wettkampfhärte aus, schoss gleich zu Beginn ein Traumtor, gewann letztlich 3:1. Ein Schock. Die frisch erzeugte Euphorie nicht mit dem Titel erwidert zu haben, das, sagt Mittelfeldspielerin Aitana Bonmatí, „hat mir persönlich leid getan.“
Es ist ein sonniger Mittag vor dem großen Match, die Spielerinnen kommen vom Training und machen den Eindruck, aus Schaden vorsichtig geworden zu sein. Keinesfalls möchte man zu leichtfertig ins Endspiel gehen. „Maximalen Respekt für Wolfsburg“ fordert Bonmatí, die beste Passgeberin der Champions League (sieben Torvorlagen), die morgen auf die beste Torschützin trifft (Ewa Pajor, acht Treffer). Die Katalaninnen fühlen sich schon durch Wolfsburgs Geschichte mit zwei Europapokal-Titeln gewarnt. Sowie dadurch, dass ihnen die Deutschen vorige Saison im Halbfinale mit einem 2:0 nach 1:5 im Hinspiel zumindest noch einen Schrecken einjagten.
Genaue Spielprognose
„Typisch deutsche Mannschaft“, sagt Bonmatí, „gute Ordnung, gute Raumaufteilung“. Die 25-Jährige hat eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie das Match laufen dürfte: „Wie fast alle Gegnerinnen werden sie auf Fehler von uns warten, um uns auszukontern, indem sie die Räume ausnutzen, die wir in unserem Rücken lassen, wenn wir angreifen – was praktisch die ganze Zeit ist“, resümiert sie routiniert: „Sie haben großartige Spielerinnen, die uns weh tun können.“
Bonmatí verkörpert Exzellenz und Ehrgeiz bei Barça wie sonst wohl nur Alexia Putellas. Die zweifache Weltfußballerin verpasste allerdings fast die ganze Saison mit einem Kreuzbandriss, erst seit einem Monat ist sie wieder dabei. Aber es gab mit Zugang Keira Walsh ja eine Europameisterin, die in die Bresche springen konnte. Die Engländerin ersetze vor der Abwehr die angestammte Patri Guijarro, die weiter vorn Alexias Platz einnahm.
Im Ergebnis dominierte Barça die spanische Liga wie eh und je, nach 27 Siegen am Stück patzte es erst im Endspurt. Um sich an Barças typisches Positionsspiel zu gewöhnen, habe sie Videos ihrer Mitspielerin Patri studiert, berichtet Walsh: „In Barcelona geht alles durch das Mittelfeld, viel mehr als in England.“ Und sonst so, was macht Barça speziell? „Der unbedingte Wille zu gewinnen, im Finale zu stehen“, sagt Walsh. „Den Frauenfußball dahin zu pushen, wo er sein soll, wirklich in ihn zu investieren. Die Qualität des Coachings und der Spielerinnen hier ist einfach unglaublich.“
Walsh sprach in dem Wissen, dass ihr im Sommer noch eine WM bleibt – vielen ihrer Teamkolleginnen dagegen möglicherweise nicht. Der seit vergangenem Herbst akute Konflikt zwischen 15 „Rebellinnen“, darunter fast allen Barça-Stars, und dem spanischen Nationalverband mit Trainer Jorge Vilda ist ungelöst. Bei Fragen nach dem aktuellen Stand verdunkelt sich gar die Miene der auskunftsfreundlichen Aitana: „Dazu werde ich nichts sagen.“ Alle Konzentration gilt dem Finale gegen Wolfsburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies