piwik no script img

Bilanz und Prognosen am BERSo hoch fliegen wir nie wieder

Das Geschäft am BER läuft nicht so schlecht, zumindest finanziell. Die einst angestrebten Fluggastzahlen dürften aber wohl nie erreicht werden.

Die fetten Jahre des Luftverkehrs sind vorbei Foto: IMAGO / photothek

Berlin taz | Corona und Co. haben doch ihr Gutes: Dank der seit 2020 anhaltenden Krisen werden am BER wohl nie die einst anvisierten Passagierzahlen erreicht. Die Chefin der Flughafengesellschaft FBB, Aletta von Massenbach, verkündete am Dienstag auf der Bilanz-Pressekonferenz für 2022, man rechne für das Jahr 2029 mit dem Fluggastaufkommen des Vor-Pandemie-Jahrs 2019. Die neue Entwicklungskurve werde wohl nie die alte Kurve einholen: „Das sind dann Parallelen, die sich nicht schneiden.“

Im Jahr 2019, ein Jahr vor dem BER-Start, waren in Tegel und Schönefeld insgesamt 35,6 Millionen Menschen abgefertigt worden. Mit dem globalen Covid-Ausbruch sackte diese Zahl dramatisch ab – auf 9,1 und 9,9 Millionen in den Jahren 2020 und 2021. Im Bilanzjahr 2022 hatte das Geschehen mit 19,8 Millionen Fluggäste wieder deutlich angezogen, sich aber noch lange nicht „normalisiert“. 2023 werden es nach FBB-Schätzung 23 Millionen sein.

Damit sind – auch unabhängig von kommenden Umbrüchen im Flugverkehr – die noch vor wenigen Jahren erarbeiteten Ausbaupläne obsolet: Im „Masterplan 2040+“ hatte die FBB den Bau weiterer Terminals angekündigt, um die vermeintlich nötige Kapazitätserweiterung zu gewährleisten. Für 2030 plante man mit 48 Millionen, für das Jahr 2040 sogar mit 55 Millionen Passagieren.

Deutlich macht die Bilanz, dass Inlandsflüge schon jetzt an Attraktivität verlieren. Entfielen 2019 von allen Flügen ab und nach Berlin 23,3 Prozent auf innerdeutsche Verbindungen, waren es 2022 nur noch 12,6 Prozent. Das, so von Massenbach, liege auch an wettbewerbsfähigeren Angeboten der Bahn. Die Geschäftsführerin setzt deshalb auf innereuropäisches Wachstum. Im Luftverkehrs-Slang: „Unser Schwerpunkt muss die Kont-Konnektivität sein.“

Das „Interkont-Geschäft“ ist dank neuer Flüge in die USA oder nach Singapur und die Wiederaufnahme des China-Verkehrs am nächsten dran am Vorkrisenniveau – das aber schon damals bescheiden war.

Immerhin: ein Gewinn

Freuen können sich von Massenbach, die FBB und ihre Gesellschafter – Berlin, Brandenburg und der Bund – trotz der deutlich geringeren Passagierzahlen über eine gute Ertragssituation: Erstmals konnte der BER im operativen Geschäft 56,8 Millionen Euro Gewinn verbuchen. Die in den Chaos-Jahren der verschleppten Inbetriebnahme entstandene finanzielle Schieflage ist dadurch freilich noch lange nicht behoben.

Zwar fiel der Konzernverlust 2022 trotz einer hohen Sondertilgung der Bankschulden von 600 Millionen Euro mit einem Minus von 90 Millionen überschaubar aus. Das lag aber vor allem an einmaligen Grundstückverkäufen, die rund 180 Millionen erbrachten. Gut für die FBB, dass die Gesellschafter grünes Licht von der EU bekommen haben, weitere 1,7 Milliarden Euro an Beihilfen auszuschütten.

Übrigens hat der BER wegen der explodierenden Energiepreise alles ausgereizt, was an Sparmaßnahmen drin war: Durch Reduzierung des Wärme- und Stromverbrauchs habe man 21 Prozent weniger Gas verbraucht und 5.500 Tonnen weniger CO2 als 2021 produziert, so Massenbach – was rein rechnerisch 4 voll besetzten Flügen eines Airbus A350 von Berlin nach New York und zurück entspricht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Viele internationale Flüge gehen ja über Frankfurt oder im Falle von Urlaubsfliegern über Düsseldorf etc.



    Wer ab Berlin fliegen will, muss dafür einen deutlich höheren Preis bezahlen. Dafür darf man evtl. dann auch noch umsteigen.



    Ja, ja, ist schon klar. Zuhause bleiben und mit dem Lastenfahrrad zum Müggelsee fahren.

  • Beim Planen wird mit Zahlen gelogen, dass sich die Balken bieten. Angeblich kostet es nicht sehr viel, braucht nicht sehr lange und alles geht nachher besser. Nachher kommt die Wahrheit ans Licht, es kostete ein Mehrfaches, es brauchte viel länger und die Leistungswerte werden auch nicht erreicht.



    Ich habe jetzt von Stuttgart21 geredet, aber sicher hat jeder gedacht, ich rede vom Flughafen Berlin. Kein Wunder, wurde hier doch genau so gelogen.