piwik no script img

30 Windräder pro Woche für die Energiewende

Damit die Klimaziele der Bundesregierung erreicht werden, muss der Neubau verdreifacht werden. Dafür präsentierte Wirtschaftsminister Habeck nun eine Strategie

Es müssen mehr werden: Windrad in Gestorf in Niedersachsen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Von Hannes Koch

Fälle wie dieser kommen anscheinend nicht selten vor: Der Windanlagen-Betreiber könnte dem örtlichen Industrieunternehmen zusätzlichen Strom liefern, doch er darf keine neuen Rotoren errichten. Künftig soll deshalb die Stadtverwaltung die nötige Baugenehmigung leichter erteilen können – selbst wenn am Stadtrand eigentlich keine Windräder vorgesehen sind.

So mag eine von zahlreichen Maßnahmen aussehen, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den kommenden Jahren zum Ausbau der Windkraft vorantreiben will. Niedergelegt ist der Katalog der Vorhaben in der sogenannten Wind-an-Land-Strategie, die der Minister am Dienstag präsentierte. Auf 23 Seiten werden Dutzende Schritte angepeilt, um die im vergangenen Jahr beschlossenen Energiegesetze zügig umzusetzen. Die Strategie ist das Ergebnis der Diskussion mit Ländern, Kommunen, Firmen und Verbänden. Das Papier sei „fachlich“ mit den übrigen zuständigen Ministerien der Bundesregierung „geeint“, sagte Habeck. „Alle können damit leben.“ Die Umsetzung einzelner Schritte soll sofort beginnen.

Denn die Lage ist diese: Der Zubau von Windrädern liegt auf niedrigem Niveau, wenngleich er nach der Stagnation der vergangenen Jahre nun wieder anzieht. Augenblicklich entstünden deutschlandweit etwa zehn Windräder pro Woche, sagte Kerstin Andreae, die Chefin des Bundesverbandes der Energie und Wasserwirtschaft (BDEV). Um die Klimaziele der Bundesregierung zu schaffen, müssen es laut Andreae bald aber 30 pro Woche sein.

Der detaillierte Plan verzeichnet zwölf Handlungsfelder. Eines beispielsweise betrifft den leichteren Abschluss von speziellen Verträgen zwischen Windparkbetreibern und Großkunden, die durch diese Kooperation günstigere Strompreise erhielten. Oder es geht um das sogenannte Repowering von Windanlagen, das heißt den Ersatz alter, kleiner durch neue, leistungsstarke Windräder. Nach bisheriger Rechtslage und Auslegung existieren viele Hindernisse, die die entsprechenden Genehmigungen verzögern. Diese sollen, so weit möglich, ausgeräumt werden.

Helfen könnten dabei Leitfäden des Bundes, erklärte Habeck. Darin würde die Bundesebene ihre Interpretation der neuen Gesetze erklären und so eine einheitliche Anwendung in den Ländern und Kommunen erleichtern. Dieser Ansatz werde zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren führen, sagte auch Sachsen-Anhalts Umwelt- und Energieminister Armin Willingmann (SPD).

Auf 23 Seiten werden Dutzende Schritte angepeilt, um die Energiegesetze umzusetzen

Weitere Punkte: In den Genehmigungsverfahren sollen zum Beispiel Fristen von einigen Monaten eingebaut werden, in denen sich zuständige Behörden zu einem Bauantrag äußern müssen. Lassen sie diese Frist verstreichen, läuft das Verfahren ohne sie weiter. Beim Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten will man zudem künftig standardisierte Methoden zur Erfassung der einzelnen Exemplare anwenden.

Grundstückseigentümern will man eine „Duldungspflicht“ auferlegen, damit sie beispielsweise den Bau unterirdischer Anschlusskabel für Windräder durch ihre Gärten nicht ewig verzögern. Neue Investitionsförderungen sollen den Herstellern von Windrädern helfen, damit mehr Anlagen hierzulande gefertigt werden. Auch der Transport der riesigen Rotorblätter, Getriebe und Turmsegmente zu den Bauplätzen soll durch kürzere Behördenverfahren schneller genehmigt werden. Habeck sprach sich dafür aus, die Teile der Kraftwerke eher per Schiff auf Flüssen und Kanälen zu transportieren, damit sie nicht die Straßen verstopfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen