das wird: „Es kann nicht jeder seine eigenen Fakten haben“
Frustrierend ist es nur manchmal: Thomas Laschyk vom Blog „Volksverpetzer“ über den Kampf gegen gezielte Falschinformation
Interview Nur Maulawy
taz: Herr Laschyk, werden die „Volksverpetzer“ von der Bundesregierung finanziert, wie es die AfD suggeriert?
Thomas Laschyk: Nein, mit keinem einzigen Cent. Dass wir finanziert werden, ist eine ganz neue Information, die wir nicht mitbekommen haben! Dass solche Märchen erfunden werden, passiert manchmal in der Branche, um uns pauschal zu ignorieren.
Sie schreiben mit Ihrem Blog seit 2017 gegen „Fake News“ an. Wie gehen Sie dabei mit solchen gezielten Falschinformationen um?
Wir versuchen, es ein bisschen mit Humor zu nehmen und uns auch teilweise darüber lustig zu machen. Als jemand, der sich engagiert und sich auch emotional in die großen Debatten einmischt und für Fakten plädiert, macht man sich natürlich keine Freunde bei denjenigen, die davon profitieren, Desinformation zu verbreiten.
Wenn Sie nicht immer ganz ernst auf die Behauptungen eingehen – machen Sie sich damit nicht angreifbar?
Thomas Laschykist studierter Literaturwissenschaftler, Journalist, Onlineaktivist und Mitgründer des Blogs „Volksverpetzer“.
Nicht wirklich. Ich habe vor Jahren versucht, unglaublich sachlich, neutral und entgegenkommend zu sein – und wurde trotzdem beleidigt, beschimpft, bedroht. Solange ich nichts faktisch Falsches oder Unsachliches sage, sehe ich da keine konkreten Angriffspunkte. Im Gegenteil, ich sehe eher Vorteile, für mich selbst, für die Leserschaft und tatsächlich auch in der Effektivität des Widerspruchs. Aber ich bin kein Fan davon, sich satirisch über Mythen lustig zu machen und sie dadurch letztlich zu reproduzieren. Da muss man aufpassen, dass so was nicht unironisch als Beleg für Verschwörungsmythen genutzt wird.
Warum ist es so wichtig, sich mit Verschwörungsmythen zu befassen?
Wir sind der Meinung, dass es einen freien demokratischen Austausch geben soll, in dem jeder seine eigene Meinung haben darf. Aber dabei kann nicht jeder seine eigenen Fakten haben. Deshalb sagen wir: keine Demokratie ohne Fakten. Es ist ganz wichtig, dass wir auf Basis der Faktenlage der Wissenschaften argumentieren, anders kann man nicht zu einem sinnvollen, produktiven Konsens für diese Gesellschaft kommen.
Kann man mit Akteur*innen, die Desinformationen und „alternative“ Fakten verbreiten, überhaupt einen Konsens finden?
Online-Veranstaltung „Politisches Framing als Mittel der Bedrohung“ mit Thomas Laschyk und Sonja Collison (Neue Deutsche Medienmachende), Moderation: Dilan Sina Balhan (Antirassismustrainerin): Do, 11. 5., 11–13 Uhr. Anmeldung unter
www.diakonie-hamburg.de/de/veranstaltungen
Wir beschäftigen uns mit denjenigen, die offensichtlich kein Interesse an einem Konsens haben, die aktiv untergraben und manipulieren und lügen. Sehr selten schreiben wir über Personen oder über Medien, die mal Fehler machen und sich dann korrigieren. Und wenn, dann mit einem freundlichen Hinweis. Wir versuchen also, explizit über diejenigen zu schreiben, die kein Interesse an einem demokratischen und wissenschaftsbasierten Konsens haben.
Kann das nicht auch frustrierend sein?
Diese Machenschaften, diese Fake News, der Hass demotivieren mich bei meiner Arbeit nicht. Sie sind der Grund, weshalb ich das mache. Wir sind eine Reaktion auf diese Bewegung, auf den Rechtsextremismus, auf Verschwörungsmythen. Wir haben uns gegründet, weil wir etwas dagegen tun wollen. Ich habe entweder die Option zu versuchen, das zu ignorieren oder etwas dagegen zu tun. Und mit Volksverpetzer haben wir eine Möglichkeit gefunden, genau das zu machen. Wir haben uns eine Plattform aufgebaut, mit der wir diesen Behauptungen widersprechen können. Und wir haben das Glück, dass uns so viele Menschen über Crowdfunding unterstützen, dass wir das auch teilweise hauptberuflich machen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen