Rechte Angriffe in Berlin 2022: Fast alle schauen weg
Die Beratungsstelle Rechout stellt ihren Report zu rechten Angriffe 2022 vor. Die Zahl bleibt hoch. Meist geschehen die Taten öffentlich.
Die Zahl von 336 Angriffen sei fast so hoch wie 2021 (353). „Erschreckend ist, dass nach unseren Erkenntnissen die meisten Angriffe im öffentlichen Raum, in Verkehrsmitteln und an Haltestellen stattfinden“, sagte Reachout-Mitarbeiterin Sabine Seyb. Also überall dort, wo Passant*innen helfen könnten – was aber fast nie geschehe.
In der Chronik, die der Verein seit über 20 Jahren erstellt, sind für 2022 erneut erschütternde Beispiele versammelt. Etwa der Fall einer Frau, die am Abend des 4. August in Moabit in einen Bus steigt. Ein vor ihr sitzender Mann dreht sich um, spuckt ihr ins Gesicht und beleidigt sie LGBTIQ*-feindlich. „Weder der Busfahrer noch andere Fahrgäste kommen der Frau zur Hilfe“, heißt es in der Chronik.
Zumindest in dieser Hinsicht besser ergeht es einem Radfahrer, der am 6. August, an einer Ampel wartend, von einem Unbekannten antisemitisch beleidigt und mehrfach auf den Kopf und ins Gesicht geschlagen wird. Ein Zeuge greift ein, so die Chronik, und es „gelingt dem Betroffenen, sich von der Fahrbahn in Sicherheit zu bringen“.
Mehrheit der Angriffe rassistisch motiviert
Wie in den Jahren zuvor ist die Mehrheit der Angriffe (198, fast 60 Prozent) rassistisch motiviert, so Reachout: davon seien mindestens 13 antimuslimisch, 6 antiziganistisch und 31 gegen Schwarze Menschen gerichtet gewesen. 57 Taten wurden aus LGBTIQ*-feindlichen Motiven begangen (2021: 47), 25 aus antisemitischen (2021: 24). 28 Angriffe richteten sich gegen politische Gegner*innen, 16 gegen Journalist*innen und 8 gegen obdachlose Menschen.
Vom neuen Senat fordert Reachout, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Enquete-Kommission gegen Rassismus und Diskriminierung noch vor der Sommerpause eingesetzt wird. Erneut kritisierte der Verein, dass er seit 2021 von der Polizei keine Listen mehr mit Daten zu rechten Straftaten bekommt.
Dadurch fehlten wichtige Informationen und die Aufgabe des Monitorings werde enorm erschwert, erklärte Seyb. „Die Lösung wäre ganz einfach: Die Polizei müsste nur zu jeder rechten Straftat eine Pressemitteilung machen.“
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