Nato-Beitritt Finnlands: Groß, aber innen schwach

Die Erweiterung der Nato überdeckt die Schwächen des Bündnisses. Es duldet einen Autokraten wie Erdogan, der andere Mitglieder erpressen kann.

Die Fahnen der NATO und Finnlands

Die Fahnen der NATO und Finnlands flattern über dem finnischen Aussenministerium in Helsinki Foto: Sergei Grits/dpa

Die Nato feiert sich selbst. Größer und stärker denn je sei das westliche Militärbündnis, sagt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Der Beitritt Finnlands, der am Dienstag in Brüssel besiegelt wurde, sei ein historisches Ereignis. Kremlchef Wladimir Putin habe weniger Nato gewollt, nun bekomme er mehr davon.

Doch die Stärke eines Bündnisses bemisst sich nicht nur an der Zahl ihrer Mitglieder. Sie bemisst sich auch an der inneren Geschlossenheit und Solidarität – und am Erreichen der selbst gesteckten Ziele. Wer diese beiden Maßstäbe anlegt, wird Stoltenbergs Begeisterung nicht teilen können.

Die Nato ist nur nach außen stark, nach innen ist sie erschreckend schwach. Dies zeigt sich daran, dass Schweden immer noch nicht beitreten kann. Der türkische Präsident Recep Erdoğan hat ein Veto eingelegt und sachfremde Forderungen an die Regierung in Stockholm gestellt. Damit hat er Stoltenberg ausgebremst. Geplant war, Finnland und Schweden gleichzeitig aufzunehmen – und so das Risiko zu mindern, dass Putin die Wartezeit zu Provokationen nutzt. Dieser Plan ist gescheitert. Schlimmer noch: Die Nato hat sich von Provokationen aus der Türkei abhängig gemacht. Mitten im Krieg wird das Bündnis von Erdoğan erpresst.

Man muss der Nato nicht gleich den „Hirntod“ bescheinigen, wie es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einst tat. Doch in bester Gesundheit ist das Bündnis auch nicht. Es duldet Autokraten wie Erdoğan und wirkt, wenn ein Mitglied wie die Türkei ein Veto einlegt, wie gelähmt.

Nato rutscht weiter in den Krieg

Auch bei der Umsetzung ihrer Ziele hat die Nato nicht geglänzt. Sie sollte den Frieden sichern – stattdessen rutscht sie immer tiefer in den Krieg. Durch den Beitritt Finnlands bekommt sie nun noch ein weiteres Problem: Die Nato-Landgrenze zu Russland ist auf einen Schlag doppelt so lang geworden.

Wie die neue Ostflanke verteidigt werden soll, kann nicht einmal Stoltenberg sagen. Das Mehr an Sicherheit steht nur auf dem Papier. Finnland will nun einen 1.300 Kilometer langen Zaun bauen – militärisch ist dies allerdings sinnlos.

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Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

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