Vorgezogene Wahl in Kasachstan : Tokajew festigt seine Position
Die regierende Amanat-Partei liegt vorn. Präsident Tokajew versprach Reformen nach den Protesten 2022. Erstmals seit fast 20 Jahren traten unabhängige Kandidaten an.
ASTANA afp | In Kasachstan haben am Sonntag vorgezogene Parlamentswahlen stattgefunden. Wie die Wahlkommission nach Schließung der Wahllokale mitteilte, gaben gut 54 Prozent der rund 12 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Wie das Staatsfernsehen unter Berufung auf Nachwahlbefragungen berichtete, lag die regierende Amanat-Partei mit 53 Prozent der Stimmen vorn. Erwartet wurde, dass fünf bis sechs Parteien ins Parlament einziehen – bisher sind es nur drei.
Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte im Januar das Unterhaus des Parlaments aufgelöst und die Neuwahlen angesetzt. Diese sollten einen Schlussstrich unter die fast drei Jahrzehnte andauernde Amtszeit von Tokajews autoritär regierendem Vorgänger, Nursultan Nasarbajew, ziehen, der 2019 zurückgetreten war. Tokajew will eigenen Aussagen zufolge der „Modernisierung“ des zentralasiatischen Landes neue Impulse verleihen.
So traten am Sonntag erstmals seit fast 20 Jahren unabhängige Kandidaten zur Wahl an. Zuvor saßen im Unterhaus nur Mitglieder dreier regierungsfreundlicher Parteien. Zudem wurde die Sperrklausel für den Parlamentseinzug auf 5 Prozent gesenkt und eine Quote von 30 Prozent für Frauen, junge Menschen und Menschen mit Behinderungen eingeführt. Zahlreiche Oppositionsparteien wurde eine Teilnahme an der Wahl allerdings untersagt.
Ungleichheit und Korruption prägen den Alltag
Tokajew hatte den Modernisierungsprozess nach massiven regierungskritischen Demonstrationen im Jahr 2022 angekündigt, die teilweise auch in Gewalt umschlugen. Die Proteste wurden blutig niedergeschlagen, 238 Menschen wurden getötet.
Bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen November war Tokajew mit mehr als 80 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Im Vorfeld hatte er ein „Neues Kasachstan“ mit demokratischen Fortschritten und wirtschaftlichen Reformen angekündigt. Jedoch gab es Kritik wegen eines Mangels an Wettbewerb bei der Wahl. Ungleichheit und Korruption im größten Land Zentralasiens dauern zudem an und die Inflation schränkt die Kaufkraft der fast 20 Millionen Einwohner ein. Kritiker bemängeln zudem autoritäre Reflexe der Führung.