Grüne diskutieren Internetabstimmung

PARTEITAG Die Grünen in Schleswig-Holstein befürworten die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und SSW – und machen sich Gedanken über ein neues Abstimmungsverfahren, das via Internet für mehr Basisdemokratie sorgen könnte

Seit Mittwoch verhandeln SPD, Grüne und die Minderheitenpartei SSW in Schleswig-Holstein über einen Koalitionsvertrag. Alle drei Parteien gingen nach den Sondierungsgesprächen davon aus, dass es zu einer Einigung kommt.

■ Alle drei Parteien stehen zur in der Verfassung verankerten Schuldenbremse.

■ Unterschiede gibt es bei der Verkehrspolitik, unter anderem beim Ausbau der A 20, den SPD und SSW wollen. Die Grünen lehnen das ab, werden aber die Verhandlungen darüber nicht platzen lassen.

■ Unterschiedliche Haltungen gibt es auch zur Fehmarnbelt-Querung, die aber nicht Landessache ist.

■ Konstituieren soll sich der neue Landtag am 5. Juni, am 12. Juni soll der Ministerpräsident gewählt werden. EST

Die Frage nach der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und SSW war schnell entschieden beim Parteitag der Grünen am Dienstagabend. Nicht so leicht taten sich die Grünen mit der Frage danach, wie basisdemokratische Elemente stärker berücksichtigt werden könnten und ob Abstimmungen und Diskussionen im Internet der richtige Weg dafür seien.

Genau dies fanden die sechs Grünen aus Kiel, Lübeck und Neumünster, die beantragten, künftig zu Sachthemen Umfragen zu starten. Diese sollten „unverbindlichen, aber empfehlenden Charakter“ haben. Ziel sei, „die Meinung möglichst vieler Parteimitglieder einzuholen“.

„Die Basisdemokratie haben die Grünen 1979 erfunden“, sagte Antragstellerin Gisela Schulz. „Aber heute vergisst man zu horchen: Was will das grüne Fußvolk?“ Wenn die Basis mehr mitreden könne, signalisiere das auch: „Wir können das besser als die Piraten.“ Und Antragsteller Philipp Schmagold warb: „Wenn wir uns heute trauen, sind wir die ersten im Bund.“

Der ehemalige Landtagsabgeordnete Karl-Martin Hentschel lehnte den Antrag ab: Er fürchtete eine „Riesenliste von Fragen“, die unreflektiert „abgeklickt“ werden: „Aber ohne öffentlichen Diskurs ist es keine Demokratie.“ Mehrheiten im Internet können „später instrumentalisiert werden“. Andere teilten dieses Unbehagen: Es könnten „Falschreferenzen“ entstehen, sagte eine Delegierte, eine andere fand „schwierig an Internetabstimmung, dass da nur der mitmachen kann, der ganz viel Zeit hat“. Einer bekannte: „Ich will nicht bei allem mitmachen, sondern höre manchmal gern den Experten zu.“Eine Delegierte aus Pinneberg fand aber, dass die Grünen zurzeit noch nicht die optimale Form gefunden hätten, um die Basis einzubeziehen. Es gebe ersten Frust, „und einige Leute kommen auf den Gedanken, doch zu den Piraten zu gehen“. Spyridon Aslanidis, einer der Mitunterzeichner des Antrags, warb für das Instrument: „Keiner sagt, dass das die Bibel ist, aber dieser Antrag bringt uns ein Stück weiter.“ Das Internetvotum sei als zusätzliches Instrument gedacht, es solle keine Gremienbeschlüsse ersetzen.

Am Ende wurde der Antrag in bereits bestehende Arbeitsgruppen überwiesen – nun werden sich diese klassischen Gremien damit befassen. EST