piwik no script img

Sri Lankas Koalition zerbricht am Tsunami

Wegen eines Streits um Hilfsgelder für die Tamilen-Gebiete wechseln Nationalisten in die Opposition

COLOMBO/DELHI dpa/taz ■ Knapp sechs Monate nach der Flutkatastrophe in Sri Lanka ist die Regierungskoalition in Colombo im Streit über Tsunami-Hilfe auseinander gebrochen. Der nationalistisch-singhalesische Juniorpartner JVP kündigte gestern an, in die Opposition zu wechseln. Die Regierung will ihre Arbeit nun mit einer Minderheit im Parlament fortsetzen. Teile der Opposition haben ihr Unterstützung bei einzelnen Vorhaben zugesagt.

Ursache des Streits ist ein Plan von Präsidentin Chandrika Kumaratunga zur Verteilung von Tsunami-Hilfe in Gebieten der tamilischen Minderheit. Die mit der internationalen Gemeinschaft und der tamilischen Befreiungsorganisation LTTE ausgehandelte „Post-Tsunami Operational Management Structure“ (P-Toms) räumt den Rebellen ein Mitspracherecht ein. Dagegen wendet sich die JVP. Sie hatte Kumaratunga dazu aufgefordert, den Plan bis Donnerstag zurückzuziehen. Kumaratunga hatte das abgelehnt.

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, trat eine Gruppe von JVP-nahen buddhistischen Mönchen am Wochenende in Colombo in einen unbefristeten Hungerstreik. Der Beginn der Aktion fiel mit dem Ende des Hungerstreiks eines prominenten Mönchs in der buddhistischen Hochburg Kandy zusammen. Dieser gehört einer Mönchspartei an, die bei den letzten Wahlen mit den Proteststimmen von Singhalesen zehn Abgeordnete ins Parlament gebracht hatte. Kumaratunga hatte am Samstag einer Delegation von Mönchsführern versprochen, dass P-Toms erst nach Konsultationen mit dem buddhistischen Klerus eingeführt werde. Darauf brach der Mönch seine fünftägige Fastenkur ab. Beide Aktionen waren der Höhepunkt einer Kampagne, die immer größere Gruppen von Demonstranten auf die Straßen gebracht hatte.

Der Protest der Singhalesen richtet sich gegen den im Tsunami-Wiederaufbauvertrag angeblich verbrieften Status der LTTE als einziger repräsentativer Tamilen-Organisation. Sie würde beim Wiederaufbau in den Gebieten des Nordens und Ostens federführend sein und, so lautet der Verdacht, sogar in Gebieten tätig werden, in denen sie keine militärisch-politische Kontrolle ausübt. Für die Nationalisten kommt dies einer Aufwertung der LTTE als der Quasi-Regierung einer weitgehend autonomen Tamilen-Region gleich – ein kleiner Schritt bis zur vollständigen Unabhängigkeit.

Die Regierung hat die Details der Vereinbarung bisher nicht veröffentlicht. Daher ist es schwierig, diese Vorwürfe zu beurteilen. Doch Kumaratunga hat bisher immer versichert, dass die Souveränität Sri Lankas gewahrt sei. P-Toms biete im Gegenteil die Möglichkeit, den seit zwei Jahren blockierten Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. B.I.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen