Grundsatzrede zeigt Stoßrichtung Chinas: Das Weltbild des Xi Jinping

Eine „Verwestlichung“ lehnt Chinas Staatschef in einer vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden Grundsatzrede ab. Und über allem steht die Partei.

Portrait Xi Jinping

Kernbotschaft mit Selbstbewusstsein: Der chinesische Staatschef Xi Jinping Foto: Li Xueren/XinHua/dpa

PEKING taz | Es ist ein gar nicht so leichtes Unterfangen, sich durch die Reden des chinesischen Staatschefs zu wälzen: Zum einen liegt dies an der sperrigen Rhetorik, andererseits sind die ideologischen Chiffren des Parteivorsitzenden oft nur mühsam zu dekodieren. Doch wenn der 69-Jährige seine erste Grundsatzrede seit Langem hält, hat die Weltöffentlichkeit guten Grund, einmal genauer zuzuhören. Schließlich skizziert Xi – nur einen Monat, ehe er beim Nationalen Volkskongress seine dritte Amtszeit beginnen wird – die politische Stoßrichtung Chinas der nächsten Jahre.

Xis Kernbotschaft am Dienstag strotzt vor Selbstbewusstsein: China habe „den Mythos entlarvt, dass Modernisierung gleich Verwestlichung“ bedeute. Mehr noch: Der chinesische Weg diene den Entwicklungsländern des Globalen Südens als Vorbild. Seit einigen Jahren bereits versucht die Volksrepublik ihr autokratisches Regierungsmodell ins Ausland zu expandieren. Dabei lässt sich in der Argumentation der Staatsführung ein deutlicher Paradigmenwechsel beobachten: Lehnte Peking früher noch Begriffe wie „Demokratie“ und „Menschenrechte“ als eurozentristisch ab, hat man diese mittlerweile für sich selbst vereinnahmt.

So behauptet die chinesische Führung schlicht, dass man die bessere, „ganzheitliche Demokratie“ repräsentiere. Dabei wird insbesondere das Recht auf wirtschaftliche Entfaltung hervorgehoben, schließlich hätte kein anderes Land der Welt in solch kurzer Zeit so viele Menschen aus der Armut gehoben wie China.

Die Chuzpe, die Xi Jinping an den Tag legt, wirkt angesichts der derzeitigen Nachrichtenlage befremdlich. Erst am Wochenende hat die sogenannte Spionageballon-Affäre dafür gesorgt, dass US-Außenminister Antony Blinken seinen lang erwarteten Peking-Besuch platzen ließ. Auch wenn Xi für diese außenpolitische Blamage kaum direkt verantwortlich zu machen ist, hat er ein System geprägt, in dem die Hierarchien und die ideologische Kontrolle immer strikter wurden – und Kritik nur mehr schwer formuliert werden kann. Ein Beispiel ist die „Null-Covid-Politik“.

Xi Jinping ist davon überzeugt, dass Chinas Staatsbeamte weiter daran arbeiten müssen, einen „effizienteren“ Weg als den Kapitalismus zu finden. Was auf dem Papier nobel klingt, schaut in der Realität weniger rosig aus: Zuletzt hat Xi Jinpings Wirtschaftspolitik mit zur rekordhohen Jugendarbeitslosigkeit beigetragen, nachdem beispielsweise die führenden Tech-Unternehmen des Landes massiv reguliert wurden.

Für Xi Jinping steht ohnehin ein Ziel über allen anderen – der Machtanspruch der Kommunistischen Partei: Nur durch diese könne das Land eine „glänzende Zukunft haben“. Ohne die Partei jedoch würde das Land seine „Seele verlieren“.

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