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Gemischte Teams im AmateurfußballBremen erlaubt's, Hamburg nicht

Nach einer Reform des DFB dürfen Frauen inzwischen auch in Männerteams Fußball spielen – sofern der jeweilige Landesverband mitmacht.

Klappt in der Jugend schon länger: Fußballspielen in gemischten Teams Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hamburg taz | Was lange undenkbar war, macht ein Projekt des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) möglich: Frauen dürfen auch in Männerteams kicken. Als eine der ersten Spielerinnen in Niedersachsen stand Cindy Strümpfler gemeinsam mit den Spielern des FSV Adenbüttel Rethen auf dem Platz. Was den Fußballspie­lerinnen auch in Bremen erlaubt wird, verbieten Hamburg und Schleswig-Holstein – sie halten an ihrer alten Spielordnung fest.

Cindy Strümpfler wollte schon immer einmal für die FSV Adenbüttel Rethen spielen. Als der Trainer der FSV-Herren sie dann fragte, ob sie Lust hätte, sich beim Spiel Anfang Dezember auf die Auswechselbank zu setzen, war die Antwort der Spielerin klar. In der 85. Minute war es dann endlich so weit: Cindy Strümpfler wurde eingewechselt und konnte nochmal fünf Minuten Vollgas geben.

Erst drei Tage zuvor hatte der Niedersächsische Fußball-Verband (NFV) seine Spielordnung geändert. Davor waren gemischte Teams nur in den U18-Teams erlaubt. Jetzt dürfen Frauen von der Oberliga abwärts in allen Ligen bei den Männern mitspielen. Den Weg zu dieser Regeländerung machte der DFB den Landesverbänden schon im Juni vergangenen Jahres frei.

„Wir wollen diesen Weg mitgehen, damit die Frauen möglichst einfach und ohne weite Wege Fußball spielen können“, erklärt Helge Kristeleit vom NFV. Denn um zum nächsten Frauenfußballverein zu kommen, müssen Frauen oft viele Kilometer zurücklegen. Dass viele Spielerinnen vergeblich nach einem Verein suchen, ist beim Blick auf die Zahlen wenig überraschend: Mit knapp 850 gemeldeten Frauenteams gibt es in Niedersachsen sechsmal weniger als Herrenmannschaften.

Zu wenige Frauenteams in Deutschland

Das Problem trifft Frauen bundesweit: Nur ein Viertel der Fußballvereine hat mindestens eine weibliche Mannschaft gemeldet. Auch den Bremer Verband, erzählt Oliver Baumgart, erreichten „Anfragen von erwachsenen Spielerinnen, die keine passende Spielmöglichkeit in einer Frauenmannschaft finden und aus diesem Grund in der Männermannschaft ihres Heimatvereins spielen möchten“. In Reaktion darauf hat sich Bremen im Januar dem DFB-Pilotprojekt angeschlossen: „So ermöglichen wir nun jeder Frau, wohnortnah Fußball zu spielen“, sagt Baumgart.

Cindy Strümpfler hatte Glück: Beim FSG Vordorf-Adenbüttel/Rethen hat sie eine Frauenmannschaft in ihrer Nähe gefunden. Weil die Spielerlaubnis im Frauenteam von der Erteilung des Spielrechts in einer Herrenmannschaft unberührt bleibt, durfte sie trotzdem bei den Männern der FSV aushelfen.

In Hamburg ist das nicht erlaubt. Die Begründung: Im Stadtstadt gebe es genug Spielmöglichkeiten für Frauen in Frauenmannschaften, meint Carsten Byernetzki, stellvertretender Geschäftsführer des Hamburger Fußball-Verbands. Einen anderen Sinn habe das Pilotprojekt nicht.

Auch in Schleswig-Holstein besteht noch nicht die Möglichkeit, dass Frauen in Männermannschaften auf dem Platz eingesetzt werden. In Zukunft sei eine solche Regelung aber gut vorstellbar, meint Karsten Tolle vom Schleswig-Holsteinischen Verband.

Für Kristeleit vom Niedersächsischen Verband ist klar: Nicht alle Spielerinnen wollen bei den Männern mitkicken und nicht alle Teams haben Platz für weibliche Verstärkung. Die neue Regelung solle aber alle Möglichkeiten offenhalten. Deswegen gebe es auch keine Hürden in der Umsetzung, wie etwa in Bayern. Hätte Cindy Strümpfler dort in einem Männerteam mitspielen wollen, hätte auf der Kreisebene noch der jeweilige Sportausschuss zustimmen müssen. „In Niedersachsen sollen die Frauen und Mannschaften selbst entscheiden, ob ein gemischtes Spiel gewünscht ist“, sagt Kristeleit.

Mehr Möglichkeiten für Spielerinnen

Mit diesem Projekt besteht in Niedersachsen und Bremen nun die Chance, kurzfristig dem Problem von Spielerausfällen in den Männerteams entgegenzuwirken und den Fußballspielerinnen mehr Trainings- und Spielmöglichkeiten zu verschaffen. Dem bundesweiten Trend, dass es immer weniger Frauenmannschaften gibt, der sich auch in Norddeutschland abzeichnet, können die Landesverbände und der DFB damit allerdings nicht entgegenwirken.

Fragt man den DFB, wie das stattdessen gelingen soll, ist die Antwort: Kinderfußball müsse attraktiver gemacht werden, damit mehr Mädchen Fußball spielen – etwa durch kleinere Teams. Dass die Spielerinnen dann auch als Erwachsene am Ball bleiben, solle nun die neue Spielordnung ermöglichen.

Auch Strümpfler möchte weiter kicken – auf jeden Fall in einem Frauenteam und wenn es sich ergibt, auch wieder unter Männern. Dass sie vor zwei Monaten für die FSV auf dem Platz stand, nahmen alle Spieler mit Humor, erzählt Strümpfler. Ihre Teamkollegen haben sie motiviert und angefeuert – für sie eine großartige Erfahrung.

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