Politischer Islam in Österreich: Ein Fehlschlag namens Luxor
Österreichs Sicherheitsbehörden scheitern mit ihrem versuchten Schlag gegen den politischen Islam. Auch der Politologe Farid Hafez wurde nun entlastet.
Wie am Dienstag bekannt wurde, haben die Behörden vergangene Woche auch die Ermittlungen gegen eine der zentralen Figuren im Fokus der Verfassungsschützer eingestellt. Es handelt sich um den Politikwissenschaftler Farid Hafez, der als Autor des sogenannten Islamophobie-Reports bekannt wurde und als Gastautor in der Vergangenheit auch für die taz geschrieben hat.
Bei der „Operation Luxor“ waren am 9. November 2020 österreichweit rund 70 Büros und Wohnungen von Personen durchsucht worden, die der Muslimbruderschaft angehört oder ihr nahegestanden haben sollen. Sie wurden verdächtigt, in die Planung von terroristischen Aktionen verwickelt zu sein.
Inzwischen hat das Oberlandesgericht Graz, das mit der Prüfung der Operation betraut wurde, die Razzien teilweise als rechtswidrig qualifiziert. Gegen 31 der mehr als 100 Verdächtigen mussten die Ermittlungen eingestellt werden. Die Entlastung von Hafez, der inzwischen an der Georgetown University in Washington D.C. lehrt, ist nun der Höhepunkt des behördlichen Scheiterns.
Propagandaaktion der ÖVP
Verantwortlich für die „Operation Luxor“, die heute als Propagandaaktion der konservativen ÖVP gesehen werden muss, ist der damalige Innenminister und heutige Bundeskanzler Karl Nehammer. Die Razzien fanden eine Woche nach den Terroranschlägen vom 2. November 2020 in Wien statt.
Die Operation war allerdings keine Reaktion auf den Terroranschlag. Vielmehr waren die wochenlangen Planungen für sie ursächlich dafür, dass die Verfassungsschützer keine Ressourcen hatten, um konkreten Hinweisen auf eine bevorstehende Terrortat nachzugehen. Das stellte eine Untersuchungskommission 2021 fest. Die Information des slowakischen Geheimdienstes, dass ein einschlägig vorbestrafter Islamist in Bratislava versucht hatte, Munition für eine Kalaschnikow zu kaufen, versandete in den Kanälen der österreichischen Nachrichtendienste.
Um die „Operation Luxor“ war es zuletzt still geworden. Das Innenministerium konnte keine Ermittlungsergebnisse kommunizieren – weil es keine gab. Das Oberlandesgericht Graz konnte „kein Substrat“ erkennen, das den Verdacht tragen würde, Hafez „habe sich als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung (insbesondere der Hamas), kriminellen Organisation oder an einer auf Österreich bezogenen staatsfeindlichen Verbindung beteiligt, derartige Personenverbindungen sonst auf irgendeine Weise unterstützt oder terroristische Aktivitäten finanziert“, so der Gerichtsbeschluss. Gegen 75 Personen wird noch ermittelt. Verhaftet wurde niemand.
Studien aus der Türkei bezahlt
Was der promovierte Politikwissenschafter Hafez aus dem oberösterreichischen Ried im Innkreis in seinen Berichten als „islamfeindlich“ einstuft, mag erstaunen: etwa ein Kommentar in den Salzburger Nachrichten, in denen Muslime zur Gleichbehandlung von Töchtern und Söhnen aufgefordert werden.
Hafez stieß sich auch am gesetzlichen Verbot von islamistischen Terrorsymbolen und an Warnungen, unter Flüchtlingen könnten sich auch IS-Kämpfer befinden. Bezahlt wurden manche Studien des Professors vom türkischen Thinktank Seta, der als Propaganda-Organ von Staatspräsidenten Erdoğan gilt.
Allerdings, so das Oberlandesgericht Graz, handele es sich bei den Anschuldigungen um eine „Ansammlung bloßer Andeutungen, um Gerüchte und Mutmaßungen.“ Hafez selbst vermutete im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal am Mittwoch, dass er mundtot gemacht werden sollte, weil viele Politiker, allen voran die der ÖVP, in seinen Berichten nicht gut weggekommen seien. Seine Kinder seien noch immer traumatisiert vom gewaltsamen Eindringen schwer bewaffneter Agenten der Spezialpolizei um 5 Uhr früh.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!