Politische Krise in Südafrika: Präsident Ramaphosa in Turbulenzen

Eine Untersuchungskommission wirft dem Staatschef Verfassungsbruch vor. Der Vorstand der Regierungspartei stellt sich hinter ihn – noch

Präsident Ramaphosa winkt

Südafrikas Präsident Ramaphosa nach einem Treffen des ANC am 5. Dezember Foto: Jerome Delay/ap

JOHANNESBURG taz | Cyril Ramaphosas Präsidentschaft in Südafrika entwickelt sich zu einem mehrdimensionalen Desaster. Seine Partei ist zerrissen, die Wirtschaft befindet sich im freien Fall, Gesetzlosigkeit und Gewalt nehmen zu, die Stimmung ist schlecht. Und nun kommen Skandale rund um Ramaphosa selbst dazu.

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss stellte vergangene Woche fest, dass Ramaphosa möglicherweise Verfassungsbruch begangen hat. Es geht um einen zwei Jahre zurückliegenden Diebstahl von 4 Millionen US-Dollar in bar, die der Präsident in seiner Farm Phala Phala aufbewahrt hatte.

Den Besitz einer solchen Summe ausländischen Bargeldes hatte Ramaphosa nicht deklariert wie gesetzlich vorgeschrieben; der Diebstahl wurde zunächst nicht angezeigt. Stattdessen wurden mutmaßliche Diebe angeblich gekidnappt, in der Farm verhört und dann mit Geld zum Schweigen gebracht, wie bei der Mafia. Namibias Präsident Haige Geingob soll dafür gesorgt haben, dass diese Tatverdächtigen in Namibia festgenommen und nach Südafrika gebracht werden konnten.

Die Untersuchungskommission wirft nun dem Präsidenten vor, gegen Artikel 96 der Verfassung verstoßen zu haben. Er habe in einer mit seinem Amt inkompatiblen Weise gehandelt und sich „einer Lage ausgesetzt, die einen Konflikt zwischen seiner offiziellen Verantwortung und seinen privaten Geschäften beinhaltet“.

Berichten zufolge wollte Ramaphosa am vergangenen Donnerstag, als dies publik wurde, zurücktreten. Er wäre dann der dritte südafrikanische Präsident seit Ende der Apartheid 1994 gewesen, der sein Amt vorzeitig niederlegen muss, nach Thabo Mbeki 2008 und Jacob Zuma 2018. Nelson Mandela bleibt der einzige Post-Apartheid-Präsident, der seine Amtszeit regulär zu Ende brachte.

Eine Sondersitzung des Vorstandes der Regierungspartei ANC (African National Congress) am Montag, an der Ramaphosa – er ist zugleich ANC-Parteichef – wegen Befangenheit nicht teilnahm, brachte ihn schließlich vom Rücktritt ab. Der Vorstand beschloss, Ramaphosa müsse im Amt bleiben.

„Präsident Ramaphosa tritt nicht wegen eines fehlerhaften Berichts zurück und stellt sein Amt nicht zur Verfügung“, stellte sein Sprecher Vincent Magwenya klar. Der Staatschef hat nun einen Antrag beim Verfassungsgericht gestellt, den Untersuchungsbericht zu annullieren.

Aber die Probleme des Präsidenten sind damit nicht gelöst. Die größte Oppositionspartei DA (Democratic Alliance) hat im Parlament einen Antrag auf vorgezogene Neuwahlen gestellt. „Der ANC hat seinen Regierungsauftrag, der auf Ramaphosas Versprechen nach Säuberung des Staates und Reform der Wirtschaft beruhte, verloren“, sagt DA-Führer John Steenhuisen.

Und am 13. Dezember stimmt das Parlament über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren ab. In diesem Fall müsste Vizepräsident David Mabuza das Amt des Staatschefs kommissarisch übernehmen. Gegen Mabuza gibt es Vorwürfe politischer Morde aus seiner Zeit als Ministerpräsident der Provinz Mpumalanga.

Demnächst Machtprobe auf dem Wahlparteitag

Auch wenn Ramaphosa die Parlamentsabstimmung übersteht, verlagert sich seine Krise in den ANC hinein. Am 16. Dezember beginnt ein Parteitag des ANC, der entscheiden soll, wen die Partei bei den Wahlen 2024 ins Rennen schickt. Normalerweise wäre Ramaphosa als Amtsinhaber gesetzt, aber es gibt starken Gegenwind.

2017 wurde Ramaphosa Parteichef in Nachfolge des damaligen Staatspräsidenten Jacob Zuma, dem er kurz darauf auch als Präsident folgte. Ramaphosa setzte sich damals auf einem Parteitag nur ganz knapp mit 2440 zu 2261 Stimmen gegen Zumas Exfrau Nkosazana Dlamini-Zuma durch. Die Zuma-Fraktion sinnt seither auf Rache.

Ramaphosas parteiinterner Wahlkampf wurde danach wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten von Südafrikas Ombudsfrau Busisiwe Mkhwebane untersucht. Als die Ombudsfrau auch noch den Phala-Phala-Skandal unter die Lupe nahm, setzte Ramaphosa sie im Juni 2022 kurzerhand ab.

Wichtigster Gegenkandidat auf dem ANC-Parteitag ist nun Exgesundheitsminister Zweli Mkhize, der 916 Nominierungen erhalten hat, gegenübner 2017 für Ramaphosa. Das war aber vor dem neuen Skandal.

Am Wochenende sagte Mkhize vor der ANC-Jugendliga, die „gegenwärtige Führung“ des ANC schwäche Afrikas älteste Befreiungsbewegung. Unter Ramaphosas Führung hat der ANC eine Regel beschlossen, wonach Führungsmitglieder ihre Ämter ruhen lassen müssen, wenn sie in Korruptionsaffären verwickelt sind. Das könnte sich nun gegen ihn richten.

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