Artenschutz in Simbabwe: Kicken gegen die Wilderei
Die illegale Nashorn-Jagd in Simbabwe ist auch Folge sozialer Probleme. Was tun? Zum Beispiel Fußball spielen – in der Rhino Cup Soccer League.
Kann Fußball im Kampf gegen die Wilderei in afrikanischen Nationalparks helfen? Was auf den ersten Blick sinnfrei erscheint, provoziert bei Kathrin Ehrke ein vehementes Kopfnicken. „Ja, klar“, sagt sie und findet: „Wir haben es in den letzten Monaten in Simbabwe bewiesen!“
Die 44-Jährige hat enorm ereignisreiche 12 Monate hinter sich. Anfang Dezember endete rund um den simbabwischen Hwange-Nationalpark die Rhino Cup Soccer League – eine Fußball-Liga zum Schutz der Wildtiere der Region. 20 Mannschaften nahmen teil. Rund 400 junge Männer kämpften seit März mit Ehrgeiz und Einsatz um Tore, Punkte und die Meisterschaft.
Wie die Wildhüter rund um die beteiligten ländlichen Ortschaften Mabale, Dete, Lupote und Silewu durchaus erstaunt registrierten: Die illegale Wilderei war in der Region deutlich zurückgegangen. „Wir haben in diesem Jahr keinen einzigen Vorfall von Elefanten- oder Nashorn-Wilderei in der Region registriert“, berichtete anlässlich der Saison-Abschlussveranstaltung Brighton Joroma, Manager der simbabwischen Nationalpark-Behörde.
„Der Wilderei eine Rote Karte“ – unter diesem Motto war die Fußballliga im März gestartet. Organisator war die US-amerikanische Hilfsorganisation Wild and Free Foundation, die in Kathrin Ehrke eine – gelinde gesagt – sehr emsige Mitstreiterin in der Sache gefunden hatte.
Ehrke, die nach ihrem Tourismus-Studium einst ein Forschungsprojekt in Simbabwe durchgeführt hatte, wurde damals immer wieder mit dem Problem der Wilderei in dem Land konfrontiert. Arbeitslosigkeit, vor allem der jungen Männer, und Armut ohne jede Perspektive, ihr zu entrinnen, waren meist ursächlich. „Für viele junge Menschen rund um die Nationalparks waren illegal erbeutete Stoßzähne von Elefanten und Rhinos oftmals die einzige Einnahmequelle“, hat sie erfahren.
Vorbild Mosambik
Harte Strafen und vermehrte Kontrollen halfen kaum gegen die Wilderei. „Es galt, alternative Einnahmemöglichkeiten und vor allem sinnvolle Aufgaben für die Menschen zu schaffen“, erkannte Ehrke. Dass diese im Fußball liegen könnten, erfuhr sie durch die Wild and Free Foundation. Die hatte im benachbarten Mosambik bereits ein Fußballturnier implementiert und auf diesem Weg viele Dutzend junge Männer nicht nur auf den Fußballplatz, sondern auch in Lohn, Brot und sinnstiftende Jobs gebracht.
Mithilfe von Spendengeldern konnten Mitarbeiter bezahlt werden, die bei der Turnierorganisation halfen, Busse fuhren oder die Spiele als Schiedsrichter leiteten. Auch in Mosambik wurde aus den Nationalparks seinerzeit von zurückgehenden Wilderei-Aktivitäten berichtet.
Was in Mosambik funktioniert hatte, wollte Ehrke auch in Simbabwe schaffen. Sie – als engagierter Fan des Hamburger SV in der deutschen Fußball-Fanszene gut vernetzt – begann in der Heimat Material zu sammeln. Mit enormem Erfolg. Nach 18 Monaten Klinkenputzen und Kämpfen mit diversen Zollbehörden konnte sie Anfang 2022 einen Container in Richtung südliches Afrika schicken, der es in sich hatte. Rund 600 Bälle, 20 neue und 100 gebrauchte Trikotsätze, Schiedsrichterklamotten, Eckfahnen und allerlei weiteres Fußball-Equipment aus dem Fundus von deutschen Profi- und Amateurvereinen sowie Privatpersonen landeten im Februar in Simbabwe.
„Es war ein Mammut-Projekt, das wegen der Coronapandemie immer wieder verzögert wurde. Am Ende war der Container nach unfassbarem Bürokratie-Kram aber auf See. Und landete am Zielort“, berichtet Ehrke. Die auf ein Detail ganz besonders stolz ist: „Ich habe nirgendwo auch nur einen Cent Schmiergeld bezahlt!“
Die Rhino Cup Soccer League konnte beginnen. Teams wie die „Chezhou Zebras“, die am Ende die Meisterschaft gewannen, trafen auf die „Sperlinge“ oder die „Honigdachse“ – alle Teams waren nach Tieren benannt. Ständig wurde während der Wochen und Monaten des Ligabetriebs die Tierschutz-Initiative thematisiert. „Die Beteiligten haben sich unheimlich schnell mit dem Sinn der Veranstaltung identifiziert“, berichtet Ehrke. „Sie waren stolz auf ihre Tiernamen und beteiligten sich unheimlich emsig an Aktionen, die wir neben den insgesamt 17 benutzten Fußballplätzen der Region initiierten.“
Pokale gewannen am Ende nicht nur die Sieger im Fußball, sondern es wurden auch jene geehrt, die besonders aktiv beispielsweise bei Müllsammelaktionen oder beim Entfernen von Tierschlingen im Park waren. Es entstand ein Vertrauensverhältnis zwischen Spielern und Wildhütern – man arbeitet Hand in Hand bei der Entfernung von Fallen.
Die erste Saison ist nun zu Ende. Die Initiative aber noch lange nicht. „Im März geht’s wieder los. Man darf nicht nachlassen“, sagt Ehrke. Und das Programm wird erweitert. Sechs Frauen-Teams und zwei Jugendmannschaften haben sich bereits registriert und fiebern ihrem ersten Match entgegen. Für den Tierschutz. Gegen Wilderei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde