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Schutz der ArtenvielfaltDer Kampf um die Mittel

Fast wäre das Abkommen zur Artenvielfalt an der Demokratischen Republik Kongo gescheitert. Das Land braucht Geld – auch für Artenschutz.

Emmanuel de Merode, Direktor des Virunga-Nationalparks, spricht mit Rangern, die ein Wasserkraftwerk vor Rebellenangriffen bewachen Foto: Alexis huguet/afp

Es war der entscheidende Moment, ohne den das historische Abkommen zum Schutz der Artenvielfalt auf dem COP15-Gipfel in Montreal wohl nicht zustande gekommen wäre: Chinas Minister für Ökologie und Umwelt, Huang Runqiu, kam am Montag in seiner Rolle als Gipfelpräsident in den Konferenzsaal und ergriff die Hand von Kongos Vizepremierministerin Eve Bazaiba. Er entschuldigte sich mit einem Lächeln. Die Fotografen knipsten, die übrigen Plenarteilnehmer applaudierten. Damit war der Deal dann doch beschlossen.

Bazaiba hatte als Vertreterin der Demokratischen Republik Kongo den Deal zuvor lautstark abgelehnt, den Huang Runqiu schon vorschnell für angenommen erklärt hatte. Damit drohte das historische Rahmenabkommen zum Schutz der Artenvielfalt fast zu scheitern. „Wir haben den Vertrag nicht unterschrieben“, erklärte Bazaiba in ihrer Protestrede. Eine Umsetzung sei so nicht möglich. „Wir können das Ambitionsniveau nicht ohne mehr Finanzmittel akzeptieren.“ Rückenwind bekam sie dafür von Kamerun und Uganda.

Die Demokratische Republik Kongo, das große Land im Herzen Afrikas, ist ein Schwergewicht in den Verhandlungen zum Schutz der Artenvielfalt. Das Kongobecken ist das zweitgrößte zusammenhängende Regenwaldgebiet des Planeten nach dem Amazonas. Von den rund 180 Millionen Hektar Regenwald des Kongobeckens liegen zwei Drittel in der Demokratischen Republik Kongo.

Eine Allianz aus Brasilien, Indonesien und Kongo

Damit wird das bettelarme und vom Krieg gebeutelte Land zum entscheidenden Faktor in dem in Montreal beschlossenen Vorhaben, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der Erdoberfläche unter internationale Naturschutzregeln zu stellen. Denn konkret bedeutet dieser „30x30-Plan“, dass bestehende Naturschutzgebiete ausgeweitet und neue gegründet werden müssen – vor allem in den tropischen Regenwäldern des Kongobeckens, des Amazonasgebietes und in den Wäldern Indonesiens mit ihrer reichen Artenvielfalt.

Doch das muss finanziert werden. Um ein Maximum an internationalen Fördermitteln heraus zu verhandeln, hatten Kongo, Brasilien und Indonesien im Vorfeld des COP15-Gipfels eine Allianz formiert. Sie wollten den Löwenanteil der Gelder für sich gewinnen.

Während der zweiwöchigen Verhandlungen in Montreal hatten sich die Staaten auf eine Finanzierung von 200 Milliarden Dollar für Artenschutzvorhaben jährlich geeinigt. Das beinhaltet Transferzahlungen der reicheren Staaten an die Länder des Globalen Südens, private Investitionen sowie Gelder, die auf den Kapitalmärkten als Rendite großer Fonds eingespielt werden. Das Abkommen besagt, dass die Länder des Nordens von 2025 an jährlich 20 Milliarden Dollar an die Länder des Globalen Südens leisten müssen, von 2030 an mindestens 30 Milliarden Dollar.

Die Bundesregierung ist eine der größten Geberinnen

Das geht den Regenwaldländern aber nicht weit genug. Kongos Vizepremierministerin forderte schon vorab mindestens 100 Milliarden Dollar jährlich an Transferzahlungen der reichen Länder aus einem neuen Biodiversitäts-Fonds. Doch dieser kam nicht zustande. Das Geld soll nun über existierende Fonds ausgezahlt werden, vor allem über den Fonds für die Globale Umweltfazilität (Global Environment Facility, GEF), der 1991 gegründet wurde. Die Bundesregierung ist eine der größten Geberinnen des Fonds. Nutznießer sind bislang vor allem China, Brasilien, Indonesien, Indien und Mexiko. Der Kongo bekommt nur einen kleinen Teil.

Das wollte Bazaiba nun ändern. Denn das ressourcenreiche Land hat enorme Finanzprobleme. Im Osten des Kongos herrscht derzeit wieder Krieg, wofür die Regierung große Summen ausgibt. Im nächsten Jahr stehen Wahlen an und auch die werden gigantische Summen kosten. Sprich: Für Artenschutz ist kaum ein Dollar übrig.

Dies setzt die Regierung nun als Druckmittel ein. Erst vor wenigen Tagen hat sie einen alarmierenden Bericht herausgegeben, in welchem sie den Zustand der bedrohten Berggorillas im Virunga-Nationalpark als ex­trem gefährdet bezeichnet. Rebellen haben im Juni den Park erobert, es kommt zu Gefechten im Lebensraum der seltenen Tiere. Ohne Finanzspritzen seien sie in Gefahr.

Kongos Naturschutzsektor wird seit jeher fast vollständig aus dem Ausland bezuschusst. Hauptgeldgeber war bislang Deutschland, gefolgt von der EU. Seit über 30 Jahren finanziert die Bundesrepublik mit Geld aus der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Kongos Naturschutzbehörde (ICCN) sowie zahlreiche Nationalparks, darunter den Kahuzi-Biega-Park im Osten des Landes mit seinen vom Aussterben bedrohten Grauergorillas. Sie zahlt den dortigen Parkwächtern monatlich eine Prämie auf ihr mickriges Staatsgehalt, um sie zu motivieren. Dasselbe tut die EU seit 2015 im Virunga-Nationalpark.

Ein anderer Park, Odzala-Kokoua im Nordwesten, ist Pilotgebiet des von der Bundesregierung gegründeten Legacy Landscapes Funds, bei dessen Ausgestaltung nach taz-Recherchen Menschenrechtsfragen eher hintangestellt wurden.

Zurückgehaltene Gelder

Bereits 2013 hat die deutsche Entwicklungsbank KfW einen großen Naturschutzfonds für den Kongo aufgesetzt, den sogenannten Okapi-Fonds, aus dessen Rendite sich die laufenden Kosten für die Nationalparks und die Gehälter der Wildhüter begleichen lassen sollen. 2018 wurde in Kinshasa ein Konto eröffnet, auf das die Zinsen aus dem aus steuerrechtlichen Gründen in London registrierten Fonds an ICCN ausbezahlt werden können. Die erste Kapitalspritze setzte die Weltbank 2019 mit 7,5 Millionen Euro, die KfW überwies 15 Millionen Euro.

Im Gegenzug hat Kongos Naturschutzbehörde ICCN zugesagt, die unter Schutz stehende Landmasse zu erweitern, von derzeit 8 auf 15 Prozent des Landes. Dies entspräche quasi der Fläche Deutschlands, die dann im Kongo unter Schutz stünde.

Ausbezahlt wurde aus diesem Fonds bislang jedoch noch kein einziger Euro, bestätigt die KfW auf taz-Anfrage. Der Grund: Kongolesische Wildhüter begehen in den Nationalparks immer wieder Übergriffe gegen die lokale und indigene Bevölkerung. Die Bundesregierung hat deshalb 2019 alle Gelder eingefroren und Bedingungen gesetzt, die die ICCN bislang nicht vollständig erfüllt. Die Übergriffe gehen bis heute weiter.

Bazaiba braucht also Geld aus anderen Fördertöpfen. Um Druck zu machen, hatte Kongos Regierung im Vorfeld des Montreal-Gipfels einen strategischen Schachzug unternommen. Sie hatte im Juli Öl- und Gasfirmen weltweit zu einer Auktion eingeladen, sich Förderlizenzen für die noch unerschlossenen Vorkommen anzueignen. Zu haben waren auch zwei Ölfelder im Osten des Landes, die in den Virunga-Nationalpark mit seinen Berggorillas hineinreichen.

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Seit 2015 wird der Virunga von der EU mitfinanziert, sie hat seitdem über 100 Millionen Euro investiert und erst in diesem Jahr weitere Gelder zugesagt.

Bereits 2013 hatte es um die Ölvorkommen im ältesten Naturschutzgebiet Afrikas einen Rechtsstreit gegeben. Damals verklagte die Naturschutzorganisation WWF Kongos Regierung, als die britische Ölfirma SOCO mit korrupten Methoden das Öl unter dem Virunga anzapfen wollte.

Kongos Regierung verlor das Verfahren und musste unter anderem zusagen, nie wieder Förderlizenzen für Rohstoffe innerhalb von Naturschutzgebieten auszuweisen. Dass dies nun trotzdem passiert ist, werten Experten als Versuch, die Welt im Vorfeld des Cop15-Gipfels quasi erpressen zu wollen. Funktioniert hat das nun wohl nicht.

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