piwik no script img

Fischen statt Gas fördern

Senegalesische und deutsche Umweltorganisationen appellieren an Bundesregierung und KfW

„Scholz’Streben nach Gas würde die Lebensgrundlagen im Senegal zerstören“

Von Hannes Koch

Die Energiepolitik der Bundesregierung bedrohe die Arbeitsplätze zahlreicher Fischer im Senegal, kritisieren deutsche und senegalesische Umweltorganisationen. Unter anderem die in beiden Staaten aktive Klimaschutzgruppe Fridays for Future forderte die Ampelkoalition deshalb auf, die geplante Ausbeutung eines Erdgasfeldes vor der Atlantik-Küste Senegals weder zu unterstützen noch zu finanzieren.

Konkret fordern die Organisationen Konsequenzen für die Sitzung des Verwaltungsrats der öffentlichen Förder- und Entwicklungsbank KfW in Frankfurt am Main am Donnerstag. Dort soll eine Finanzierungsleitlinie für Öl- und Gasprojekte auf der Tagesordnung stehen. Diese sollen vorläufig auch dann noch förderfähig sein, „wenn sie nicht mit dem 1,5-Grad-Pfad kompatibel sind“, heißt es in einer Fassung, die die Deutsche Umwelthilfe kürzlich veröffentlichte. Die öffentliche Bank würde damit gegen das Ziel des Klimaabkommens von Paris verstoßen, die Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Stand zu begrenzen.

„Wir fordern den KfW-Verwaltungsrat und insbesondere Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock auf, sich entschieden dafür einzusetzen, dass die neuen Leitlinien ohne Ausnahmen an das 1,5-Grad-Limit gebunden werden“, erklärte Christoph Bals, Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, die in dem senegalesisch-deutschen Bündnis mitwirkt. Habeck und Baerbock, beide Grüne, sitzen im Verwaltungsrat der KfW.

Wahrscheinlich ab Ende 2023 soll das Förderprojekt Greater Tortue Ahmeyim, an dem unter anderem der Mineralölkonzern BP beteiligt ist, Gas liefern. Bei seinem Besuch im Senegal bekundete Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Interesse an Flüssiggaslieferungen, um den Wegfall der Importe aus Russland zu kompensieren.

„Scholz’Streben nach Gas würde die Lebensgrundlagen im Senegal zerstören, wo jeder sechste Arbeitsplatz im Fischereisektor liegt, der durch die geplanten Gasprojekte direkt bedroht ist“, sagte Yero Sarr, Sprecher von Fridays for Future in dem westafrikanischen Land. Sein Kollege Mamadou Barry vom Verband Action Solidaire International befürchtete, dass zahlreiche Fischer den Zugang zu ihren Fanggebieten verlören. Um die Förderplattformen herum würden große Sperrgebiete eingerichtet, die Fischerboote nicht befahren dürften.

Die kürzlich gegründete deutsch-senegalesische Bürger:innen-Allianz für Klimagerechtigkeit wies außerdem auf die Gefahren für die maritime Tier- und Pflanzenwelt wie beispielsweise die Rastplätze von Zugvögeln hin. Für die Umweltorganisationen ist auch klar, dass die Förderung zusätzlicher fossiler Energien den Klimawandel verschärft, anstatt ihn zu bremsen. An der senegalesischen Küste ist bereits zu beobachten, dass der steigende Meeresspiegel Dörfer unbewohnbar macht.

Laut der Internationalen Energieagentur stehen neue Öl- und Gasfelder oder Kohlegruben dem Ziel entgegen, die Welt bis 2050 klimaneutral zu machen. Das aber gilt als notwendig, um die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu begrenzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen