piwik no script img

Der Chef und sein Schatten

WETTEN Anshu Jain wird ab Juni die Deutsche Bank führen. Bisher leitete er das Investmentbanking. Und verkaufte die Art von Papieren, die 2007 die Finanzkrise auslösten. Obwohl ein Mitarbeiter ihn warnte

Die Bank und die Krise

■ Anshu Jain: Der 1963 in Indien geborene Banker ist seit zehn Jahren Mitglied im erweiterten Vorstand der Deutschen Bank und für Investmentgeschäfte zuständig. Am kommenden Freitag wird er der neue Vorstandsvorsitzende, gemeinsam mit Jürgen Fitschen, der bisher im Vorstand für das Deutschlandgeschäft der Bank zuständig war.

■ Hypotheken: Als die Immobilienblase im Jahr 2007 platzt, müssen Banken und Versicherungen auf der ganzen Welt feststellen, dass sie sich verspekuliert haben. Die Weltwirtschaft stürzt in die Krise. Die Deutsche Bank war beim Weiterverkauf von Hypotheken auf Häuser in den USA ganz vorn mit dabei. Sie schließt zudem auch Geschäfte ab, die Wetten gleichkommen und die zuvor im Zuge der Deregulierung der Finanzmärkte erlaubt worden waren. Anshu Jain hat diese Geschäfte ausgebaut.

VON SEBASTIAN HEISER

Am 22. Januar 2007 trifft sich Anshu Jain, der in dieser Woche an die Spitze der Deutschen Bank aufrücken wird, mit einigen seiner besten Banker in einem Hotel in Lissabon. Sie besprechen ein Geschäft, das sich für die Bank nur lohnt, wenn andere leiden. Und je mehr andere leiden, desto höher der Gewinn.

Es ist eine Wette, die darauf setzt, dass der Wohnungsmarkt in den USA zusammenbricht. Obwohl es Bedenken gibt, entscheidet die Runde, die Wette fortzusetzen. Die Deutsche Bank macht damit in den nächsten zwei Jahren rund 1,5 Milliarden Dollar Gewinn. Es ist der erfolgreichste Deal in ihrer Geschichte, meint einer, der bei dem Treffen in Lissabon dabei war.

Der Deal ist so ungeheuer ertragreich, weil so viele Hausbesitzer in den USA ihre Hypotheken nicht zurückzahlen können, weil viele ihre zwangsversteigerten Häuser räumen müssen. Manche leben inzwischen auf der Straße.

Aus der Immobilienkrise erwächst die größte Finanzkrise seit Jahrzehnten. In Deutschland führt sie zur Verstaatlichung der Hypo Real Estate. Andere Institute werden mit Milliardenhilfen gerettet. Die Konjunktur bricht ein. 250.000 Menschen verlieren ihre Jobs.

Es war die Deutsche Bank, die die Entwicklung hin zu dieser Krise mit befeuert hat. Und interne Dokumente zeigen, dass bei diesen Geschäften auch Anshu Jain mitgemischt hat. Der Mann, der ab Freitag der wichtigste Banker Deutschlands sein wird.

Anshuman Jain wird 1963 in der Millionenstadt Jaipur in Indien geboren. Seine Familie gehört zum Mittelstand, Jain will aufsteigen, studiert Wirtschaftswissenschaften in Delhi. Als er 20 ist, geht er mit seiner Frau Geetika in die USA, macht einen MBA-Abschluss in Finanzen an der University of Massachusetts. 1995 kommt er zur Deutschen Bank. Das solide Institut beginnt gerade sich profitableren, aber riskanteren Feldern zuzuwenden: Investmentgeschäften.

Jain ist ehrgeizig. Schon 2002 steigt er in den erweiterten Vorstand der Deutschen Bank auf. Seine Abteilung hilft Unternehmen, neue Aktien oder Anleihen an die Börse zu bringen, und kassiert dafür eine Gebühr. So richtig profitabel ist das nicht mehr. „Beim Geschäft mit Anleihen könnte der Kuchen jedes Jahr 15 bis 20 Prozent kleiner werden“, sagt Jain 2003 vor Investoren in London. Es werde daher wichtiger, sich auf Derivate zu konzentrieren. Derivate sind Wetten auf die Entwicklung von Kursen, von Märkten. Mit Kreditderivaten etwa versichern sich Anleger gegen den Bankrott eines Schuldners. Das Geschäft damit sei im letzten Jahr um 170 Prozent gestiegen, sagt Jain.

Es sind genau solche Wetten, die später zur Finanzkrise führen.

Jain fordert, die Deutsche Bank müsse stärker in die USA expandieren. Auf einer Pressekonferenz Anfang 2004 formulierte er wie ein General vor dem Feldzug: „Die USA verbleiben als die Bastion, die wir jetzt einnehmen wollen.“

Anshu Jain erreicht sein Ziel, wie so oft. In den nächsten vier Jahren werden Banken in den USA Hypothekenanlagen im Wert von 1.400 Milliarden Dollar bündeln und verkaufen.

Aus Jains Sparte kommt bald mehr als die Hälfte des Gewinns der Bank. Ohne ihn könnte Josef Ackermann keine Rendite von 25 Prozent versprechen.

Jain vertreibt Papiere, die Kollegen „Mist“ nennen

Das Geschäft mit den Hypothekenkrediten funktioniert so: Investoren, also Versicherungen, Banken und Hedgefonds, geben ihr Geld an meist kleine, regionale Banken, die es etwa an Käufer von Einfamilienhäusern weiterreichen. Im Gegenzug erhalten die Investoren Zins und Tilgung. Dafür tragen sie auch das Risiko, wenn ein Hausbesitzer nicht mehr zahlen kann. Für diesen Fall bleibt ihnen aber immer noch das Haus als Sicherheit.

Um das Risiko zu verteilen, übernimmt ein Investor aber nicht die Verantwortung für den Kredit eines einzelnen Eigenheimbesitzers, sondern mehrere Investoren zahlen gemeinsam für tausende Häuser. Die Fachwelt spricht von Mortgage Backed Securities – hypothekenbesicherten Anlagen. Diese Hypothekenbündel sind gut verzinst und gelten als sicher, bisher ist ja immer alles gut gegangen.

Das Geschäft wächst rapide. Während im Jahr 2000 in den USA noch Hypotheken im Wert von 73 Milliarden Dollar gebündelt und weitergereicht werden, sind es im Jahr 2005 schon mehr als achtmal so viele.

Nach und nach lockern die Banken die Regeln für ihre Kreditvergaben. Schließlich tragen sie jetzt nicht mehr selbst das Risiko, wenn ein Kredit platzt, sondern die Investoren. Wer einen Hauskredit will, muss sein Einkommen nicht mehr nachweisen und braucht kein Eigenkapital. Es bekommen Leute einen Kredit, die ihn nie werden zurückzahlen können. Leute mit niedrigsten Einkommen, die nichts gespart haben.

Gleichzeitig werden die Häuser teurer: Weil plötzlich viel mehr Amerikaner einen Kredit erhalten, um ein Haus zu kaufen oder zu bauen, steigt mit dieser Nachfrage auch der Häuserpreis. Wenn ein Hausbesitzer die Raten nicht mehr zahlen kann, verkauft er sein Haus einfach zu dem gestiegenen Preis, zahlt davon den Kredit ab, und es bleibt immer noch ein Gewinn. Das System funktioniert, solange immer neues Geld hineinfließt.

Der Leiter der Abteilung innerhalb der Deutschen Bank, die diese gebündelten Hypothekenkredite an Investoren weiterverkauft, heißt Greg Lippmann. Ein großer Schnellredner, der Koteletten zu zurückgegelten Haaren trägt und gern mit seinen Bonuszahlungen prahlt. Lippmann erkennt früh, wie riskant die Hypothekengeschäfte sind. „Man kann das ein Schneeballsystem nennen“, schreibt er in einer der vielen Mails, die er später noch bereuen wird. Später, als der US-Kongress die Ursachen der Finanzkrise untersucht, interne Unterlagen aus Banken und Aufsichtsbehörden sichtet und auch veröffentlicht. So kann jetzt jeder nachlesen, was Lippmann damals mailt. Und er mailt viel, Tag und Nacht, er ist wie besessen von seinem Geschäft. Seine Mails klingen wie die eines Zockers, zynisch.

„Mist“, so nennt Lippmann ein bestimmtes Hypothekenbündel. Trotzdem ermöglicht seine Abteilung, dass genau daraus 5 Millionen Dollar in ein 1,1 Milliarden Dollar großes Riesenbündel von Hypothekenkrediten gepackt werden. Die Deutsche Bank vermarktet, was Lippmann längst als Misthaufen identifiziert hat, unter dem Namen „Gemstone“, Edelstein. Investoren aus der ganzen Welt sollen Teile davon kaufen, die Deutsche Bank wählt die Inhalte des Edelsteins mit aus und verkauft seine Splitter.

„Irreführend und falsch“: Die Commerzbank klagt

In Gemstone enthalten sind so etwa auch 80 Millionen Dollar Hypotheken der kalifornischen Bank Long Beach, laut Lippmann „einer der schwächsten Namen im Markt“. Eine andere Anlage schimpft er „Schwein“, eine Million Dollar davon stecken in Gemstone. „Absolutes Schwein“: 30 Millionen.

In der Deutschen Bank gibt es einen Wettbewerb, wer der erfolgreichste Verkäufer solcher Portfolios wird, eine interne Präsentation listet die Umsatzzahlen der 20 besten Vertreter auf.

Die Bank nutzt ihre Verankerung in Deutschland, um gerade hier die riskantesten Papiere loszuwerden. Im Sommer 2007 bilanziert ein Mitarbeiter die Verkäufe der vergangenen drei Jahre und nennt „die Kunden, die, soweit ich weiß, das größte Risiko auf unserer Liste haben: Commerzbank, Basis, BSAM und IKB“. Sowohl die deutsche Mittelstandsbank IKB als auch die Commerzbank stürzen die Hypothekengeschäfte in den Abgrund. Sie gehen pleite und müssen von der Bundesregierung mit Milliardenhilfen gerettet werden. Auch der australische Hedgefonds „Basis“ und die Investmentbank Bear Stearns mit ihrer Abteilung „BSAM“ können die finanziellen Verluste allein nicht mehr tragen.

An Gemstone beteiligt sich die Commerzbank mit 16 Millionen Dollar, die IKB mit 87 Millionen. Beide verlieren alles. Die IKB reicht später Klage wegen Betrugs gegen die Deutsche Bank ein und fordert Schadenersatz. In der Klageschrift schreibt sie, die Bank habe „unvollständig, irreführend und falsch“ über Gemstone informiert. Die Deutsche Bank versucht erst gar nicht, den Prozess durchzuziehen: Sie einigt sich außergerichtlich mit der IKB und entgeht so einem Urteil, die Höhe des Vergleichs gibt sie nicht bekannt.

An den Gemstone-Verkäufen, deren Legalität also bis auf weiteres nicht gerichtlich geklärt wird, ist auch Anshu Jain beteiligt, der künftige Chef der Bank. Interne Unterlagen zeigen, dass er persönlich der Schweizer Bank UBS Anfang 2007 Anteile an Gemstone anbietet. Hat Jain diesen Kunden auf die Bewertungen seines Händlers Greg Lippmann hingewiesen? „Ich glaube nicht, dass er da großen Kontakt gehabt hat“, sagt Deutsche-Bank-Sprecher Ronald Weichert. Jedenfalls bleibt Jain erfolglos: Die UBS kauft keine Gemstone-Anteile.

Greg Lippmann, einer von Jains besten Männern, wird sich mit der Zeit immer sicherer, dass die Immobilienblase platzt. Soll er potenzielle Hauskäufer warnen, sich finanziell nicht zu übernehmen? Greg Lippmann, der Zocker, hat eine viel bessere Idee: Er will mit dem Einsturz des Häusermarktes Geld verdienen.

Schon Anfang 2005 lädt Lippmann ein paar Investmentkollegen von Goldman Sachs, Bear Stearns, Citigroup und J.P. Morgan in die Adresse der Deutschen Bank an der Wall Street. Es gibt Fastfood vom Chinesen. Sie überlegen, wie man Credit Default Swaps standardisieren kann, Kreditausfallgeschäfte.

Ein solches Geschäft ist kein Teil der Realwirtschaft, kein Geld wird in Häuser oder Fabriken investiert. Es ist eine reine Wette zwischen zwei Akteuren auf dem Finanzmarkt. Die eine Seite wettet, dass die Hauskäufer ihre Hypotheken nicht zurückerstatten können. Als Einsatz zahlt sie jährlich ein bis zwei Prozent des Betrags, um den gewettet wird. Das Geld fließt an die andere Seite, die dafür mit einem Schlag den gesamten Wettbetrag auszahlen muss – wenn die Hauskäufer pleitegehen.

Das Konstrukt ist im Kern nichts anderes als ein Versicherungsvertrag. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass keine der beiden Seiten das versicherte Gut selbst besitzen muss. Die Deutsche Bank wird bald zu einem „Top-Unternehmen in diesem neu entstehenden Markt“, wie sie in einer Mitteilung schreibt, in der sie Greg Lippmann für seine Arbeit lobt. Lippmann schützt mit den Wetten das Hypothekenportfolio der Bank vor Verlusten. Er empfiehlt die Wetten auch ausgewählten Kunden, für die er eine Präsentation erstellt. „Die Strategie zum Geldverdienen bei abkühlendem Häusermarkt“ steht auf der ersten Seite. Und darüber: „Streng privat und vertraulich“.

Jetzt muss sich nur noch ein Mitspieler finden. Jemand, der jährlich eine kleine Summe kassiert und dafür alles zahlt, wenn die Blase platzt.

Zunächst spielt der Versicherungsgigant AIG häufig mit, doch dem wird das Geschäft im Frühjahr 2006 zu heikel. Stattdessen greifen Hedgefonds zu, Banken aus Asien – und aus Europa. Oft nicht direkt, sondern indirekt: In Gemstone zum Beispiel sind neben Hypothekenpaketen auch solche Kreditausfallverträge enthalten.

Im Jahr 2006 gilt Anshu Jain bereits als Kronprinz Ackermanns, er verdient dank hoher Boni mehr als der Bankchef. Die Wirtschaftsblätter arbeiten sich an der Frage ab, ob ein gebürtiger Inder Chef von Deutschlands wichtigster Bank werden darf.

Am 25. Oktober des Jahres bekommt Jain eine Mail von einem Mitarbeiter der Investmentbank J.P. Morgan. Er bedankt sich, dass die Deutsche Bank ihm geholfen hat, auf den Preisverfall auf dem Häusermarkt zu wetten. Er habe durch einen Kreditausfallvertrag mit dem Namen Ixion 6-6 auf den Wertverfall eines „maßgeschneiderten Portfolios von BBB und BBB– Subprime-Hypothekenbündeln“ gesetzt – es geht also um zweitklassige Kreditpakete, die von Ratingagenturen schlecht bewertet wurden: „Die Deutsche Bank hat für dieses gesamte Risiko Investoren gefunden und war ein großartiger Partner bei der Auswahl des Portfolios, der Strukturierung, der Preisfindung und beim Vertrieb.“ Er hoffe, der Transaktion würden viele weitere folgen.

Der Mann, der ab der kommenden Woche an der Spitze der Deutschen Bank steht, ist bestens über diesen Misthandel und die Wetten informiert, die den Crash auslösen werden.

Anshu Jain antwortet, er sei „erfreut, das zu hören“, lobt den „klugen Deal“. Wie denn der Mitarbeiter von J.P. Morgan den Häusermarkt beurteile? Der antwortet: „Anders als Greg Lippmann glaube ich nicht, dass der Häusermarkt vor einem Armageddon steht, auch wenn ich denke, dass zweitklassige Hypothekenbesitzer ein paar echte Probleme bekommen, wenn die Häuserpreise etwas sinken.“

Das Leid der Leute, auf das die Deutsche Bank wettet, es zeichnet sich längst ab.

„Nicht bemerkenswert“, befindet ein Banksprecher

Wie wohl die Ratingagenturen einen Vertrag bewerten, bei dem man zahlen muss, wenn Hypothekenbündel mit dem üblen Rating BBB– und BBB ausfallen? Ixion 6-6 erhält am 28. September 2006 von Moody’s ein Rating von Aa3, das heißt: sichere Anlage. Ixion 6-6 wird also deutlich besser bewertet als die darin enthaltenen Hypothekenbündel – und von deren schlechter Bewertung wusste Anshu Jain spätestens, seit er die Mail erhielt. Die Kunden, die in das Produkt investierten, hat er nicht gewarnt.

„Herr Jain war in die Transaktion Ixion 2006-6 nicht eingebunden“, erklärt Banksprecher Roland Weichert. Und so wird mit dem Papier weiter gehandelt, investieren immer neue Kunden im Glauben, ihre Anlage sei sehr sicher. Erst im April 2008 stuft Moody’s das Papier auf Baa3 herab, zwei Monate später auf Ca – von den 21 Ratingstufen ist das die zweite von unten. Wer hier investiert, verliert sein Geld an J.P. Morgan.

Deutsche-Bank-Sprecher Weichert findet all die internen E-Mails „nicht bemerkenswert“. Sie würden zeigen, „dass es am Markt wie auch innerhalb der Deutschen Bank unterschiedliche Auffassungen über die Perspektiven des US-Wohnimmobilienmarktes gab“.

Lippmann, der Zocker, wird mit der Zeit zum Sicherheitsbefürworter. Bei einer Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss des US-Senats sagt er, dass er der Bank dringend geraten habe, ihre Investitionen auf dem Hypothekenmarkt vollständig durch Wetten abzusichern. Doch bei dem Treffen in dem Hotel in Lissabon am 22. Januar 2007 hätten Jain und die anderen Manager die bereits bestehenden Wetten kritisiert, da sie zu teuer seien. Jain glaubt nicht, dass der Markt zusammenbricht.

Als der Immobilienmarkt im Februar doch zu kippen beginnt, wird der Crash wahrscheinlicher – und Lippmanns Wettposition wertvoller. Jain schlägt vor, den Gewinn sofort einzustreichen. Lippmann kann seine Position, mit der er inzwischen um 5 Milliarden Dollar wettet, verteidigen. Nach einem weiteren Treffen mit Jain, dieses Mal in London, mailt Lippmann, die Bank werde weitere Wetten eingehen: „480 Millionen liegen noch vor uns.“

Warum schließt die Deutsche Bank zu diesem Zeitpunkt neue Wetten auf den Zusammenbruch des Häusermarkts? „Das kann ich nicht beantworten“, sagt Deutsche-Bank-Sprecher Ronald Weichert. Die Strategie der Bank sei es gewesen, ihre Investitionen in den Häusermarkt abzusichern – dennoch habe man durch den Zusammenbruch mehr Verlust als Gewinn gemacht.

Im Sommer 2007 platzt die Blase. Immer mehr Hausbesitzer versuchen, ihr Eigenheim zu verkaufen, weil sie die Hypotheken nicht abzahlen können. Durch das steigende Angebot an Häusern fällt der Preis. Gleichzeitig wird klar, dass all die Häuserhypotheken auf Sand gebaut waren. Milliarden verpulvern. Es kommt zur größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.

Frühjahr 2012. Anshu Jain, der mit seinem grauen Rucksack über den anthrazitfarbenen Anzügen seltsam bodenständig wirkt, bereitet sich darauf vor, mit Jürgen Fitschen die Deutschen Bank zu leiten.

Greg Lippmann hat die Bank inzwischen verlassen und einen Hedgefonds mitgegründet. „LibreMax“ verwaltet 1,3 Milliarden Dollar, in den ersten drei Monaten dieses Jahres gewann das Portfolio 5 Prozent an Wert. Auch dank zweitklassiger Hypothekenkredite: Seinen Investoren schrieb er, die Anlagen seien „im Verhältnis zu anderen Märkten so günstig wie seit langer Zeit nicht mehr“.

Lippmann setzt wieder auf einen boomenden Häusermarkt.

Anshu Jain auch: Im April 2012 kaufte die Deutsche Bank mit der britischen Barclays-Bank ein Riesenpaket von Hypothekenbündeln auf die Grundstücke von Unternehmen und Mehrfamilienhäusern, das einmal 7,5 Milliarden Dollar wert war und das die US-Regierung vor drei Jahren übernommen hatte, um den Finanzmarkt zu stabilisieren. Über den aktuellen Preis der Papiere schweigen beide Seiten.

Kann ein gebürtiger Inder, der Cricket liebt und kein Deutsch spricht, die Deutsche Bank leiten?

Falsche Frage.

Sebastian Heiser, 33, ist sonntaz-Redakteur. Er hat für diesen Text 5.901 Seiten Akten des US-Untersuchungsausschusses durchforstet

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen