Kinotipp der Woche: 10 Sekunden

Das Female Freedom Film Festival läuft zeitgleich in Berlin, Tblisi und Tscherniwzi und zeigt Filme aus der Ukraine, Georgien, Belarus und Armenien.

Szene aus „Nothing To Be Afraid Of“ (Regie: Silva Khnkanosian, FR 2019): menschen laufen durch einen Wald

Szene aus „Nothing To Be Afraid Of“ (Regie: Silva Khnkanosian, FR 2019) Foto: La Huit

Keuchend schleppen sich fünf Frauen und ein Mann schwer beladen eine Anhöhe hinauf. Am Anfang des Wegs hat ein Schild vor Minen gewarnt. Auf halber Höhe hält die Gruppe, verteilt die Ausrüstung und setzt die Plastikvisiere auf. Rote Metallstäbe markieren die Grenzen des Gebiets, das schon auf Minen abgesucht ist.

Vorsichtig entfernen die Frauen Laub und Äste von der Oberfläche, dann suchen sie den Boden Stück für Stück mit Detektoren ab. Die Arbeit am Hang ist anstrengend. Eine der Frauen zieht ein Tuch aus der Brusttasche ihrer Schutzweste und wischt den Beschlag von der Innenseite des Visiers. Schlagen die Detektoren an, wird die Stelle markiert. Behutsam wird die Umgebung der Mine freigelegt. Abends sitzen die Frauen in einer Hütte etwas weiter unten im Tal essen und erzählen Witze.

Der Dokumentarfilm!Nothing to Be Afraid Of!“ der armenischen Regisseurin Silva Khnkanosian zeigt die Mühsal des Minenräumens in Bergkarabach. Am Donnerstag läuft der Film im Rahmen des Female Freedom Film Festival im Kino in der Brotfabrik.

Das Festival findet zeitgleich in Berlin, der georgischen Hauptstadt Tblisi und Tscherniwzi in der Westukraine statt. Es zeigt gut 20 Filme von Filmemacherinnen aus der Ukraine, Georgien, Belarus und Armenien. Statt Tickets zu verkaufen, wird im Rahmen des Festivals Geld für ukrainische Organisationen gesammelt.

Female Freedom Film Festival, noch bis 2. 12. im Kino in der Brotfabrik

Zwei Filme der ukrainischen Regisseurin Yuliia Hontaruk ergeben ein Diptychon des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt. Am 24. Januar 2015 greifen russische Truppen und von Russland unterstützten Separatisten die Hafenstadt Mariupol mit Raketen und Artillerie an. Getroffen wird unter anderem ein Wohnhaus. Hontaruks gut einstündiger Dokumentarfilm „Ten Seconds“ zeigt Aufnahmen kurz nach dem Angriff, führt Gespräche mit ausgebombten Anwohner_innen.

Der Kurzfilm „Fortress Mariupol. Orest“ ist Teil einer Reihe von kurzen Dokumentarfilmen über die Verteidigung des Azovstal-Stahlwerkes in Mariupol gegen die russischen Angriffe. Der Film wechselt zwischen Aufnahmen der Stadt und Videoanrufen, in denen Dmytro Kozatskyi, der Presseoffizier des Azov Regiments, aus dem Alltag der Verteidigungskämpfe berichtet.

Ein ganz anderes Bild der Ukraine und des Kriegs zeichnet „Plai. A Mountain Path“, das Langfilmdebüt der ukrainischen Dokumentarfilmregisseurin Eva Dzhyshyashvili. Der Film beginnt mit Landarbeit, der Pflege eines Wegs hinauf in die Berge, dem alltäglichen Melken der Kühe.

Erst nach und nach kommen der Krieg und die Erlebnisse des Großvaters zum Vorschein. Im Kontrast zum bäuerlichen Leben, das den Film über weite Strecken prägt, wirkt der Krieg noch unwirklicher als ohnehin schon.

In den Filmen seiner ersten Ausgabe bettet das Female Freedom Film Festival den Krieg Russlands gegen die Ukraine ein in eine Reihe von Konflikten im post-sowjetischen Raum. Für ein Berliner Publikum ist das Festival dadurch eine gute Gelegenheit, den aktuellen Konflikt in einem breiteren Kontext zu sehen. Fabian Tietke

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