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Senat brütete faules Space Park-Ei

Mit einem 16 Seiten starken detaillierten Papier bestätigt der Bremer Senat die Vorwürfe der Grünen: Ohne Grund und ohne Absicherung haben Bremens Wirtschaftsförderer dem Scharlatan aus Wiesbaden 26 Millionen Mark zugesteckt – gern zinsfrei

Bremen taz ■ Gut zwei Wochen haben die Experten des Bremer Senats gebrütet, was sie zu den von den Grünen aufgeworfenen Fragen zur Vorgeschichte des Space Park Skandals sagen sollen. Als Ergebnis wurde gestern ein 16-seitiges Papier voller Details vorgestellt, das die Vorwürfe bestätigt. Im Kern geht es darum, dass Bremen im Januar 1999 einen Kredit über 26 Millionen DM an die Space Park KG, die damals ganz der Köllmann-AG gehörte, gegeben hat – ohne stichhaltigen Grund, ohne Sicherheit und ohne Beschluss den zuständigen Bürgschaftsausschusses des Parlaments, wie sich in der Zusammenstellung bestätigt.

Köllmann hatte schon damals seinen vertraglich vereinbarten Anteil an den Entwicklungskosten des Projektes nicht bezahlen können – dass er dringend Liquidität brauchte, war also offensichtlich. „Und dann passierte es“, plauderte der Staatsrat des Wirtschaftssenators, Uwe Färber, aus dem Nähkästchen: „Könnt ihr uns nicht helfen?“, habe „man“ gesagt. Bremen konnte. Das Geld landete bei der Köllmann-AG. Auch in dem 16-seitigen Papier gibt es keine Begründung für diese Großzügigkeit. Ein Kredit, für drei Monate, steht im Vertrag, weil dann die Immobilientochter der Dresdner Bank in die Space Park KG einsteigen wollte. Zinsen sollten gezahlt werden, das Geld sollte am 15.4.1999 zurückfließen.

Merkwürdig: Zinsen wurden nicht gezahlt, das Geld floss nicht zurück. Merkwürdig: Als am 7.Juli die DEGI/Dresdner Bank 90 Prozent der Space Park KG von Köllmann übernahm, stand offensichtlich in der Halbjahresbilanz kein Wort von dem Kredit. Gegen die damaligen Geschäftsführer der Space Park KG läuft eine Klage wegen Fälschung der Übernahmebilanz: Wenn man gewusst habe, dass die Space Park KG so hoch verschuldet war, dann hätte man sie nicht gekauft, sagt die DEGI heute.

Bremen hatte offensichtlich im Sommer 1999 großes Interesse daran, dass das Geld in der Bilanz nicht auftaucht. Normalerweise hätte Bremen sich freuen müssen, dass der Kreditnehmer „Space Park KG“ nun einen zahlungsfähigen Hauptgesellschafter hatte, zumal es sich angeblich nur um ein „kurzfristiges Überbrückungsdarlehen“ gehandelt hat. Merkwürdig: Bremen ließ sich auf Verhandlungen ein, den Kredit auf Köllmanns wenig kapitalkräftige „Space Park Development GmbH“ zu übertragen – und auch noch zinsfrei zu verlängern. Auch dafür gibt es in dem 16-seitigen Papier keinerlei Begründung.

Merkwürdig: Die Verhandlungen um die Übertragung des Kredits führte Bremen nicht mit dem betroffenen Schuldner, der Space Park KG, sondern nur mit der Köllmann-AG. Nur so konnte es kommen, dass die DEGI zwei Jahre später sagt, sie habe davon nichts gewusst.

Nach der Übertragung der Kreditschuld schickte Bremen im September 1999 zwei Verträge zur Köllmann-AG: Einen Vertrag, in der die solvente Space Park KG als Bürge erwähnt war, einen zweiten, wenige Tage vorher datierten Scheinvertrag, in dem der Bürge nicht erwähnt war. „Bösgläubigkeit lag nicht vor“, sagt der damals schon verantwortliche Staatsrat Uwe Färber. Für die DEGI ist der Fall klar: Köllmann brauchte den Scheinvertrag, um der DEGI vorzugaukeln, es gebe keine Bürgschaft.

Merkwürdig: Warum konnte die Köllmann-AG derart mit den Investitionsexperten des Bremer Senats umspringen?

Während die Große Koalition in Bremen ihre Erfolgsgeschichte verkaufte – ein international ausgewiesener Fachmann für Projektentwicklung engagiert sich mit eigenem Risiko am Standort Bremen – hat sich Bremen in Wahrheit einen Scharlatan-Darsteller gekauft. Und dafür hat Köllmann ein Mehrfaches der 26 Millionen kassiert.

Klaus Wolschner

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