Wärmeschutz in kalten Zeiten: Wegelagerei in Neopren
Der Wunsch, die Freiwasser-Schwimmsaison unbedingt noch zu verlängern, kann zu skurrilen Szene am Seeufer führen.
So in etwa in die Szenerie bei all den Unentwegten, die nach diesem langen Freiwasser-Sommer einfach nicht mit Schwimmen draußen aufhören mögen. Da braucht es dann entweder die auch nicht sonderlich erwärmende Grundhaltung „Nur die Harten komm'n in'n Garten“ – oder ein Neopren-Anzug.
Mit dem lässt es sich auch als – früher natürlich nur – Warmduscher durchaus noch ein paar Tage im See aushalten. Im Zweifelsfall gibt es für die fröstelnden Füße auch noch Neoprensocken und eine Haube für den Kopf. Die Sache ist bloß: Dieses ganze Gefaffel muss man ja erstmal an den Körper kriegen. Zuhause anziehen ist da nicht so angesagt, schon um das Material zu schonen. Also am Seeufer.
Wo sich dann folgendes Problem stellt: Der Neopren-Anzug, kurz und liebebvoll „Neo“ genannt, ist über einen Reißverschluss auf der Rückseite zuzuziehen. Das klappt normalerweise auch, weil am Reißverschluss ein längeres Band dran. Das hakt bloß immer genau dann. wenn gerade niemand da ist, der oder die helfen könnte. Wegen des Temperaturabfalls ist die Wahrscheinlichkeit aber deutlich gesunken, morgens noch andere Schwimmer am Ufer zu treffen.
Wie ein Kampfschwimmer aus einem Abenteuerfilm
Da hilft nur eins: Warten und hoffen, dass da bald mal potentielle Hilfe vorbeijoggt oder aus dem Wasser kommt. Das ist aber auch nicht ganz ohne: Wer so gegen halb sieben mit Musik auf den Ohren am See entlang schlurft, ist im seltensten Fall darauf eingestellt, urplötzlich von der Seite von einer schwarz gewandeteten Gestalt angesprochen zu werden, die entfernt an eine Kampfschwimmerfigur aus irgendeimem Abenteuer-Film erinnert.
Da ist also Achtsamkeit angesagt, damit das nicht wie Wegelagerei in Neopren wirkt. Fluchtbewegungen bringen einen ja in Sachen Reißverschlusshilfe nicht weiter. Was die Alternative „andere Schwimmer“ angeht: Das ist auch nicht ganz ohne, so allein am See jemanden mit einem „Könnten Sie vielleicht mal …“anzusprechen, der oder die möglicherweise nackt aus dem Wasser steigt.
Gut möglich wiederum, dass der eine oder die andere das Ganze grundsätzlich als Weg der Kontaktanbahnung betrachten könnte und gar nicht wirklich schwimmen will. Es soll ja auch Leute geben, die mit ihrem Smoking nur zur Pause in die Oper gehen. Blöd ist dann bloß, wenn der neue Kontakt dann noch ein bisschen länger am Ufer stehen bleibt, vielleicht gar noch mit einer erstmal abkühlen müssenden Thermo-Teebecher in der Hand, und beim Losschwimmen zugucken will. „Heute bloß so einen Kilometer, ich hab' schon früh Termine“, hatte man ja vielleicht großspurig angekündigt … Dann hilft zur Ehrenrettung nur: Zähne zusammen beißen und tatsächlich in den Nebelschleier eintauchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Pistorius stellt neuen Wehrdienst vor
Der Bellizismus kommt auf leisen Sohlen