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Kopfverletzungen im SportKrachendes Desinteresse

Der Fall Davies im Bayern-Spiel zeigt: Gehirn­erschütterungen gelten in Deutschland als Nebensache.

Autsch: Bayerns Alphonso Davies ist nach dem Tritt an den Kopf am Boden Foto: dpa

D as hat wehgetan. Und zwar nicht nur Alphonso Davies, der nach einem Tritt an seinen Kopf mit Verdacht auf Gehirnerschütterung in ein Dortmunder Krankenhaus eingeliefert werden musste. Wie Jude Bellingham, sicherlich unabsichtlich, mit der Pike die Schläfe des Bayern-Spielers erwischte, brachte an diesem Wochenende ein Thema aufs Tapet, das gerade auch wieder in der Na­tio­nal Football League in den USA in aller Munde ist: der Umgang mit nicht sichtbaren Kopfverletzungen. Wie kann man die besser vorbeugen, wie besser reagieren, wenn es gekracht hat und die Spieler im Nebel ihres getrübten Bewusstseins herumstochern?

In Deutschland ist das Niveau der Diskussion flach, es geht in der Nachbetrachtung des Spitzenspiels des BVB gegen Bayern lediglich darum, ob Schiedsrichter Aytekin dem Dortmunder eine Rote Karte hätte zeigen sollen. In den Staaten geht es derweil um konkrete Prävention. Ausgangspunkt war diesmal der Fall des Quarterbacks Tua Tagovailoa von den Miami Dolphins.

Der Spielmacher hatte Ende September in der Partie gegen die Buffalo Bills nach einem harten Treffer desorientiert gewirkt. Nach einer Untersuchung spielte er jedoch weiter. Wenige Tage später erlitt der Quarterback in der Partie gegen die Cincinnati Bengals nach einem schweren Sturz auf den Kopf eine Gehirnerschütterung. Nach wie vor fällt er aus.

Probleme mit dem Gleichgewicht

Es hagelte Kritik. Der begutachtende Arzt wurde entlassen, und die Liga versprach nun, ihr „Concussion Protocol“ anzupassen: Es würden nun auch Probleme mit dem Gleichgewicht, der Koordination oder beim Sprechen dazu führen, dass ein Spieler nicht wieder aufs Feld zurückkehren darf, sondern das Protokoll, also den Algorithmus der Überprüfung, durchlaufen muss. Es ist höchst verwunderlich, dass diese Zeichen einer Gehirnerschütterung bislang in der Anamnese offensichtlich kaum beachtet wurden.

Was steht denn jetzt im Vordergrund: das Spektakel, in dem alle Stars stets herumkaspern müssen – oder die Gesundheit der Ballwerfer und Ballfänger? Noch vor ein paar Jahren war diese Frage recht einfach zu beantworten. Das Aufeinanderkrachen von Köpfen (im Fußball), von Helmen (im Football) galt als ein Akt besonderer Einsatzfreude von Sportlern, die sich, zumindest in den USA, als Gladiatoren und Hasardeure gefielen und feiern ließen.

Wer um die Umstände der vielen kleinen und selteneren großen Erschütterungen der Hirnmasse im aggressiven Ballsport weiß, der sieht Fußballspiele fürderhin anders. Das Bewusstsein dafür muss wachsen, auch unter Europas Balltretern.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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3 Kommentare

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  • In Deutschland hat man kein Mitleid mit Multimillionären.

  • Es gibt wohl zwei Seiten. Einmal wird man unglückliche Zusammenstöße bei Kontaktsportarten nie ganz verhindern können. Und es wurden auch schon Maßnahmen ergiffen und regeln verschärft. Bei Kopfballduellen wird -auch ein unabsichtlicher- Arm im Gesicht des Gegners zwingend mit Gelb bestraft. Bei Kopfverletzungen ist das Spiel sofort zu unterbrechen und der Spieler darf potentiuellerst nach gründlichem Check weiterspielen. Es ist also nicht ganz richtig, zu sagen, das hätte niemand auf dem Schirm.

    Wenn ich mir die Argumentation aber anhöre, die Aytekin führt, warum er da keine gelbe Karte gibt, dann hab ich auch Zweifel. Das war natürlich keine böse Absicht von Bellingham. Aber wenn mans Ernst nimmt und die Spieler zu größerer Vorsicht anhalten will, dann kann man nicht sagen, dass man in einer solchen Situation aufgrund der "Empathie dem Spiel gegenüber" auf Gelb verzichtet. Da sollte die Empathe der Gesundheit des SPIELERS gegenüber wichtiger sein.

  • Ein weiteres Problem ist die Gabe von Schmerzmitteln, z.B. gestern im Spiel Mainz-Leipzig durch den Trainer Rose.