NS-Vergangenheit von Kühne + Nagel: Mehr Kritik an Kühne-Festival

Während des Hamburger Literaturfestivals Harbour Front soll der Kühne-Preis vergeben werden. Nun ziehen sich weitere Nominierte zurück.

Klaus-Michael Kühne

Belastet vom Makel der NS-Vergangenheit der Firma Kühne+Nagel: Klaus-Michael Kühne Foto: Christian Charisius/dpa

BERLIN taz | Wenn am 18. September im Hamburger Luxushotel „The Fontenay“ der Klaus-Michael-Kühne-Preis verliehen wird, sind Sven Pfizenmaier und Franziska Gänsler nicht dabei. Weder auf der Bühne noch im Publikum. Eigentlich waren beide für ihre Debütromane nominiert, Pfizenmaier für „Draußen feiern die Leute“ und Gänsler für „Ewig Sommer“.

Die Festivalleitung teilt mit, sie bedauere die Absage, aber habe Verständnis

Doch Ende August hatte Pfizenmaier seine Teilnahme abgesagt, wegen des Umgangs des Namensgebers Klaus-Michael Kühne mit der NS-Vergangenheit seines Logistik-Unternehmens Kühne + Nagel. Gänsler sagte nun ebenfalls ihre Teilnahme ab.

Verliehen wird der Debütpreis im Rahmen des Harbour-Front-Literaturfestivals, das am Donnerstag begann und noch bis zum 22. Oktober läuft. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, eine unabhängige Fachjury nominierte acht AutorInnen, darunter auch taz-Redakteur Daniel Schulz mit seinem Roman „Wir waren wie Brüder“. Für Pfizenmaier rückt Przemek Zybowski mit seinem Roman „Das pinke Hochzeitsbuch“ nach, für Gänsler Benjamin Heisenberg mit „Lukusch“.

Hauptsponsor von Preis und Festival ist die Kühne-Stiftung. Der Milliardär und sein Konzern Kühne + Nagel sperren sich gegen eine transparente und öffentliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und verweisen auf eine „firmeninterne Dokumentation“. Die Firma spielte während des Nationalsozialismus europaweit eine zentrale Rolle beim Abtransport geraubten, jüdischen Eigentums.

Kühne-Stiftung stellt sich stur

Ausschlaggebend für Gänslers Rückzug war die Reaktion der Kühne-Stiftung auf Pfizenmaiers Kritik: Der taz hatte die Stiftung erklärt, sie fühle sich „im höchsten Grade ungerecht behandelt“. Und: „Sie hat mit Vorgängen, die ca. 80 Jahre zurückliegen, nichts zu tun.“ Gänsler erklärte nun: „Es hätte einen öffentlichen Diskurs gebraucht, der ein Ernstnehmen seiner Kritik erkennbar macht und zeigt, dass es das Anliegen der Stiftung ist, genau das zu fördern – kritische literarische Stimmen. Leider zeigt die Reaktion für mich, dass dies nicht gegeben scheint.“

Die Kühne-Stiftung hatte gegenüber der taz zudem angekündigt, die traditionelle Verleihung des Kühne-Preises zu „überdenken.“ Das scheint vom Tisch. Laut „Zeit online“ sagte eine Stiftungssprecherin, das Festival habe die Stiftung gebeten, „den Preis in unveränderter Form zu verleihen“. In einer Stellungsnahme der Festivalleitung auf der Website heißt es, man bedauere die Absagen und habe Verständnis für die Beweggründe. „Auch wir sehen Diskussionsbedarf in dieser Angelegenheit.“

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