piwik no script img

Hassduell Hannover gegen BraunschweigFriedlich war nur die Punkteteilung

In einem vor allem auf den Tribünen hitzigen Niedersachsenderby entführte Eintracht Braunschweig einen Punkt.

Mit dem „ewigen Ruhm“ wurde es nichts, weil sich das „Untier“ Braunschweiger Löwe wehrte Foto: Swen Pförtner/dpa

HANNOVER taz | Die Szene des Tages? War eindeutig nackten Tatsachen zu verdanken. Anthony Ujah hatte Eintracht Braunschweig gerade mit 1:0 bei Hannover 96 in Führung gebracht, da zog er sich sein Trikot vom Leib und posierte stolz vor der Fankurve. „Das ist ein Derby. Es gibt kein besseres Gefühl“, sagte der Braunschweiger Stürmer über seinen großen Moment des Glücks.

Das Regelwerk des Fußballs verlangt, dass das Trikotausziehen während eines Spiels mit einer Gelben Karte bestraft wird. Ujah nahm es gerne in Kauf. „Vielleicht habe ich mich ein wenig zu doll gefreut“, sagte der Torschütze. Damit hatte er recht. Denn das Glücksgefühl schrumpfte bis zum Spielende. Havard Nielsen traf für Hannover 96 noch zum Ausgleich. Das 1:1 im Derby machte die Braunschweiger am Ende leicht fröhlicher als ihren Gastgeber.

Der frenetische Jubel über zwei durchaus schön anzusehende Tore sei beiden Seiten gegönnt. Aber insgesamt blieb das Duell der niedersächsischen Rivalen von zu viel Druck überlagert. „Es waren ein bisschen viele Emotionen drin“, sagte 96-Angreifer Nielsen. Vor allem sein Team hatte lange Zeit gehemmt gewirkt und konnte sich nicht als vermeintliches Spitzenteam der 2. Bundesliga in Szene setzen. Um es spieltaktisch zusammenzufassen: Hannover 96 wusste mit mehr Ballbesitz wenig anzufangen. Und Eintracht Braunschweig trat bissig genug auf, um zumindest einen Punkt aus einem Duell zu entführen, das kein normales Spiel sein kann.

Spielunterbrechung wegen Rauchschwaden

Eigentlich hat das Stadion von Hannover 96 ein Fassungsvermögen von 49.000 Zuschauern. Aus Angst vor Krawall waren zum Derby lediglich 42.000 zahlende Gäste zugelassen worden. Und gleich mit dem Anpfiff wurde sichtbar, warum Sicherheitsabstände auf den Tribünen eine gute Idee waren: Der harte Kern der Fans brannte Feuerwerkskörper und Böller in Serie ab. Ständig knallte und schepperte es. Schiedsrichter Patrick Ittrich musste die Partie unterbrechen, bis sich die Rauchschwaden wieder verzogen hatten.

Als „völlig daneben“ stufte Stadionsprecher Frank Rasche das Verhalten in beiden Fanbereichen ein. Er mahnte im Minutentakt zur Vernunft und gehörte mit seinen Durchsagen zu den Aktivposten des Derbys. Das Niveau der Fangesänge dagegen lag insgesamt unter der Gürtellinie. Die eine Seite wünschte der anderen Tod und Hass. Und 96-Boss Martin Kind wurde deutlich hörbar als Hurensohn beschimpft.

Der Blick durch Rauch und Nebel ließ erkennen, dass Eintracht Braunschweig in der 2. Liga angekommen ist

Das erhoffte Feuerwerk auf dem Platz ließ dagegen lange auf sich warten. Der Blick durch Rauch und Nebel ergab immerhin, dass Eintracht Braunschweig als Aufsteiger nach einem schwachen Saisonstart in der 2. Liga angekommen ist. „Dieses Jahr halten wir komplett zusammen und sind dicke in der Kabine“, verriet Eintracht-Torhüter Jasmin Fejzić. Der Routinier brachte auf seine Art zum Ausdruck, dass in Braunschweig ein junges Team zusammenwächst. Erfahrene Profis wie Fejzić, 36 Jahre alt, und Ujah, 31, geben den jüngeren Spielern Halt.

Vor dem Derby hatte Hannover 96 vier Ligaspiele in Folge gewonnen und war deshalb der klare Favorit. Hinterher musste sich das 96-Team um Cheftrainer Stefan Leitl eingestehen, dass die Punkteteilung gerecht war. Ist ein Remis in einem solch aufgeladenen und prestigeträchtigen Heimspiel gegen Braunschweig für Hannover zu wenig? „Wir waren nah dran am Sieg und hätten natürlich gerne gewonnen“, meinte Leitl. „Für unseren Weg ist der Punkt trotzdem gut.“

Von ihm wird erwartet, dass er aus Hannover 96 ein Team für das obere Tabellendrittel macht. Auf dem Weg dahin fehlte es ausgerechnet gegen den alten Rivalen aus Braunschweig an der nötigen Kreativität und Durchsetzungsfähigkeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen