Streit um Wahlen in Kenia: Opposition lehnt Wahlergebnis ab
Der unterlegene Kandidat Raila Odinga erklärt den Wahlsieg von William Ruto für „null und nichtig“. Die Wahl wird vor Gericht landen.
Am Montagabend hatte der Präsident der Wahlkommission IEBC (Independent Electoral and Boundaries Commission) den bisherigen Vizepräsidenten William Ruto zum Wahlsieger ausgerufen, mit 50,49 Prozent gegen 48,85 Prozent für Odinga. Noch vor der Verkündung hatte sich eine Mehrheit der Wahlkommission allerdings von diesem Ergebnis distanziert, darunter IEBC-Vizepräsidentin Juliana Cherera. Sie sprach in einer improvisierten Pressekonferenz noch vor der offiziellen Ergebnisverkündung von einem „undurchsichtigen“ Prozess und erneuerte diesen Vorwurf am Dienstag.
Die vier IEBC-Dissidenten seien „Helden“, sagte Odinga am Dienstag und kündigte an, „alle verfassungsmäßigen und legalen Mittel“ einzusetzen, um das offizielle Wahlergebnis vor Gericht zu kippen. Der erneut unterlegene 77-jährige Oppositionsführer verzichtete aber auf die maximale Eskalationsstufe und rief sich nicht selbst zum Wahlsieger aus. „Es gibt keinen legal erklärten Sieger, noch einen gewählten Präsidenten“, führte Odinga aus.
Während William Rutos Sieg bereits am Dienstag früh im kenianischen Amtsblatt veröffentlicht und damit offiziell bestätigt wurde, hat die Opposition nun Zeit bis zum kommenden Montag, um dagegen Klage einzureichen. Im äußersten Fall kann Kenias Oberstes Gericht die Wahl annullieren und Neuwahlen ansetzen – wie bereits bei Kenias letzter Präsidentschaftswahl 2017. Damals hatte Odinga ebenfalls verloren; er erzwang erfolgreich Neuwahlen und boykottierte diese dann.
Anders als bei vergangenen umstrittenen Wahlen ist Kenia bei diesem Wahlstreit bisher weitgehend ruhig geblieben. Es gab einige vereinzelte Proteste in Teilen von Nairobi und in Odingas Hochburg Kisumu, aber keine verbreiteten Unruhen. Odinga rief seine Anhänger dazu auf, weiterhin Ruhe und Frieden zu bewahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“