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+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++Wieder Beschuss in der Nähe des AKW

Die Stadt Enerhodar nahe dem ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja wird beschossen. Selenski wirft russischer Bevölkerung Schweigen zum Krieg vor.

Russischer Soldat vor dem AKW Saporischschja Foto: ap-Foto, entstanden bei einer Pressetour des russischen Militärs Anfang Mai

42 Länder fordern Abzug russischer Truppen aus AKW

Die Ukraine kann im Streit um das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja auf die breite Unterstützung westlicher Staaten zählen. 42 Länder und die EU veröffentlichten in Wien eine Erklärung, in der sie den sofortigen Abzug der russischen Truppen von dem Kraftwerk und eine Rückgabe der Kontrolle an die Ukraine forderten. Die Ukraine und Russland werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, Europas größtes Kernkraftwerk zu beschießen und damit eine atomare Katastrophe heraufzubeschwören.

„Die Stationierung von russischen Militärs und Waffen in der Atomanlage ist inakzeptabel“, hieß es in der Wiener Erklärung zu Saporischschja vom Sonntag. Sie war im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsländer unterzeichnet worden, aber auch von Staaten wie den USA, Großbritannien, Norwegen, Australien, Japan oder Neuseeland. Russland verletze die Sicherheitsprinzipien, auf die sich alle Mitgliedsländer der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) verpflichtet hätten.

Die Kontrolle über das AKW müsse den befugten ukrainischen Behörden übergeben werden. Dann wiederum könnten Experten der IAEA zeitnah ihre Aufsichtspflicht über die Arbeit der Ukrainer wahrnehmen. Eine IAEA-Mission in das Kernkraftwerk ist bislang nicht zustande gekommen. Ein Streitpunkt ist angeblich, ob die Experten über ukrainisch oder russisch kontrolliertes Gebiet anreisen.

Die 42 Länder stellten sich hinter die IAEA und deren Direktor Rafael Grossi. Dieser bemühe sich um die Sicherheit der ukrainischen Atomanlagen und respektiere dabei die „volle Souveränität der Ukraine über ihr Territorium und ihre Infrastruktur“. Dies lässt sich als Hinweis auf eine Anreise über ukrainisches Gebiet verstehen.

Nach Artilleriebeschuss unbekannter Herkunft auf ein Wohnviertel von Enerhodar am Sonntag berichteten die russische und die ukrainische Seite übereinstimmend von einem getöteten Zivilisten. Der Mann sei Mitarbeiter im AKW gewesen, teilte der Kraftwerksbetreiber Enerhoatom mit. Zwei weitere Bewohner der Stadt seien verletzt worden. (dpa)

Selenski an Russen: Wer schweigt, macht sich mitschuldig

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat den Vorschlag eines EU-weiten Verbots von Einreise-Visa für russische Staatsbürger begrüßt. Die Diskussion über einen entsprechenden Vorschlag der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft werde „Tag für Tag intensiver“, sagte Selenski in seiner täglichen Videoansprache. Letztendlich sollte dies zu „angemessenen Entscheidungen führen“, so Selenski weiter. Zudem verurteilte der ukrainische Staatschef das Schweigen vieler russischer Bürger zum Angriffskrieg gegen sein Land.

„Wenn das Böse solche Ausmaße annimmt, kommt das Schweigen der Menschen einer Komplizenschaft nahe“, sagte Selenski. Er ergänzte: „Wenn Sie die russische Staatsbürgerschaft haben und schweigen, bedeutet das, dass Sie sich nicht gegen das Böse einsetzen – was bedeutet, dass Sie den Krieg unterstützen.“

Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Russen den Kurs von Präsident Wladimir Putin. Die Aussagekraft ist aber unsicher. Offene Kritik am Krieg wird vom russischen Machtapparat streng bestraft. In vielen EU-Ländern, vor allem im Osten, wird die Forderung lauter, Russen keine Visa mehr für Reisen in die EU zu erteilen.

An die eigene Bevölkerung gerichtet, kündigte Selenski eine baldige Entscheidung des ukrainischen Parlaments über die Ausweitung des Kriegsrechts und der Generalmobilmachung an. „In naher Zukunft“ werde die Volksvertretung hierüber entscheiden, sagte Selenski. (afp/dpa)

Russische Armee rückt im Donbass vor

Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs hat die russische Armee Geländegewinne bei der seit Tagen angegriffenen Kleinstadt Bachmut im Donbass erzielt. Im Kiewer Lagebericht war von einem „teilweisen Erfolg“ der Russen die Rede. An anderen Stellen seien Angriffe abgewehrt worden, so bei dem Ort Pisky außerhalb von Donezk. Mit starken Stellungen bei Pisky hat die ukrainische Armee seit 2014 verhindert, dass die prorussischen Separatisten von Donezk den zerstörten Flugplatz der Stadt reparieren und militärisch nutzen.

Fast alle Orte entlang der Frontlinie im Osten lagen unter russischem Feuer. Nach Einschätzung westlicher Militärbeobachter kommt der Angriff im Donbass langsamer voran als noch vor einigen Wochen. (dpa)

Weitere Getreideschiffe auf dem Weg

Der erste Getreidefrachter im Auftrag der Vereinten Nationen hat den ukrainischen Hafen Piwdennyj verlassen und ist mit Weizen für Afrika unterwegs. Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) habe den Frachter „Brave Commander“ gechartert, teilten die Behörden des Gebietes Odessa mit. Die 23.000 Tonnen Weizen sind nach UN-Angaben für Äthiopien bestimmt.

Die UN und die Türkei hatten Ende Juli Vereinbarungen vermittelt, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges wieder Getreide über ihre Schwarzmeerhäfen ausführen kann. Seit Anfang August haben mehr als ein Dutzend Frachter ukrainisches Getreide abtransportiert. Allerdings waren die ersten Transporte kommerziell.

Die UN befürchten Lebensmittelknappheit und Hunger in armen Teilen der Welt, wenn die Ukraine als ein wichtiger Getreidelieferant ausfällt. Die Schiffe und ihre Fracht werden jeweils bei der Durchfahrt durch die türkische Meerenge Bosporus kontrolliert. Am Sonntag erhielten dort zwei Schiffe die Genehmigung zur Fahrt in die Ukraine, drei weitere sollen am Montag kontrolliert werden. (dpa)

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8 Kommentare

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  • und was ändert das, wenn man wüsste, wer schießt? Möglicherweise ja auch beide Seiten...dass es überhaupt noch AKWs gibt ist doch der Systemfehler.....haben wir es nicht schon immer und immer gesagt, dass nicht zuletzt AKWs ein Hochrisiko bergen, wenn sie Angriffsziel werden, bewusst oder zufällig... oder dann sogar wie eine atomare Waffe als Druckmittel benutzt werden können.



    Verständlich aus Sicht der Kämpfenden, ein AKW als Schutzschild zu benutzen.. das Risiko einer Havarie ist zu groß...dort abzuziehen, wird einen Preis haben... wie lange die Weltgemeinschaft diesen Tanz um den Vulkan wohl mitmacht. Unruhe stiften, Unsicherheit verbreiten klappt mit dem Ding doch grandios... oder zumindest den Preis hochtreiben. Man darf gespannt sein...



    Stoppen um jeden Preis? Wirklich ? Kapitulation der Ukraine z.B. ?

  • Irgendwie ist die Berichterstattung zum AKW recht "schräg" und beleidigt auch irgendwo die Intelligenz des Lesers.

    Solange nicht eindeutig geklärt ist wer genau das AKW beschießt ist es eher naheliegend das der Beschuß von ukrainischer Seite ausgeht.

    Was würde Russland gewinnen wenn sie ein AKW, welches sie besetzt und unter Kontrolle haben, selbst beschießen würden? Eine solche Handlung wäre höchst irrational und man würde der Gegenseite lediglich genug Vorwände zur Intervention liefern. Es macht für Russland also keinen Sinn.

    Auf der anderen Seite hatte die Ukraine bereits im Juli solche Angriffe bereits ausgeführt und eingeräumt. „Kiew bestätigt Einsatz von ‚Kamikaze-Drohnen‘ am Atomkraftwerk Enerhodar. Bei einem Drohnenangriff seien russische Luftabwehr und ein Mehrfachraketenwerfer zerstört worden, so der ukrainische Geheimdienst.“ Siehe www.spiegel.de/aus...-a84a-a7f86428ed8e

    Was die Inspektion des AKW angeht so ist es doch eher die Ukraine welche eine solche blockiert. Siehe www.berliner-zeitu...-chef-ab-li.233919



    Russland hat hingegen angeboten internationale Atomexperten Zugang zum besetzten ukrainischen AKW zu gewähren und hat lediglich abgelehnt seine Truppen vom Gelände abzuziehen. Davon findet man in dem Artikel allerdings keine Wort ...

  • Wie kommt es eigentlich, dass bei all den auch zivilen Satelliten im All keiner sicher weiß WER auf das Atomkraftwerk schießt? Sowohl die Verschanzung hinter Kühltürmen (russische Truppen) als auch deren Beschuss (wäre unlogisch wenn das auch russische Truppen wären) muss mit allen Mitteln gestoppt werden.

    • @Nina Janovich:

      "Wie kommt es eigentlich, dass bei all den auch zivilen Satelliten im All keiner sicher weiß WER auf das Atomkraftwerk schießt?"



      Doch, genau durch solche Methoden, die Sie anregen, lässt sich nachweisen, dass der Beschuss des AKW von den Russen ausgeht. Der gestrige Beschuss der Siedlung Energodar z.B (östlich des AKW gelegen), bei der ein Zivilist ums Leben kam, wurde von Überwachungskameras im Stadtpark gefilmt, dabei sind die anfliegenden, aus Westen (also aus russisch kontrolliertem Gebiet) kommenden Geschosse zu sehen.



      Zu der Frage, ob es sich ausschließt, dass sich russische Soldaten sich sowohl zwischen den Blöcken verschanzen (was als gesichert und nachgewiesen gelten kann) und trotzdem quasi sich selbst von außen beschießen, ist ein gestern veröffentlichtes Interview interessant, dass ein Korrespondent von BBC Russia mit einem der (ukrainischen) Ingenieure des AKW führen konnte. Dieser wird u.a. wie folgt zitiert:



      Frage BBC: "Befinden sich aktuell Vertreter von Rosatom auf dem AKW-Gelände?"



      Antwort:



      "Ja, und sie wissen immer, wann ein Beschuss erfolgen wird. Sie sind immer die ersten, die die Industriezone verlassen, wenn es heiß wird.



      Das Rosatom-Personal sitzt während des Beschusses in den Schutzräumen, aber einige russische Militärs spazieren, obwohl sie erzählen, dass "die Ukrainische Armee das AKW beschießt", ruhig über das Gelände, weil sie wissen, dass es die eigenen Leute sind, die schießen.



      Und es sind die Vertreter von Rosatom, die ihre Militärs anweisen, wohin sie schießen sollen, damit es nicht "weh tut", aber laut ist. Außerdem gehen sie seit zwei oder drei Monaten auf "Exkursion", um mit uns "Erfahrungen auszutauschen". Tatsächlich studieren sie unsere Strukturen, unser AKW, um es zu übernehmen."



      Das Interview ist auch insgesamt lesenswert:



      www.bbc.com/russian/features-62537415

      • @Barbara Falk:

        Man sieht die Geschosse "anfliegen", auf einer Überwachungskamera? Also meine Erfahrung mit Überwachungskameras bzw. Videos davon läßt mich da ein wenig zweifeln.

        Was das Interview angeht, einen Beleg für das behauptete gibt es nicht, zumindest nicht in dem Artikel und nachprüfen läßt es sich auch nicht. Beim lesen dieses Artikels hat man oft auch das Gefühl hier paßt etwas nicht zusammen. Und wäre es so, was könnte Russland dadurch gewinnen? Im Grunde nichts, weder militärisch noch moralisch ergibt es Sinn, es ergäbe sich so nur eine Steilvorlage für eine Intervention des Westens und für so dumm halte ich die Russen nun wirklich nicht.



        Zudem paßt dann auch nicht ins Bild das Russland zugesichert hat internationale Atomexperten Zugang zum AKW zu gewähren. Siehe www.br.de/nachrich...g-erhalten,TEHAFQ6

        • @Ingo Bork:

          Die russ. Streitkräfte wollen das AKW natürlich als Unterschlupf behalten. Eine internationale Inpektion unter ihrer Aufsicht wäre zudem für die russische Seite eine Bestätigung, dass die Anlage jetzt unter ihrer Verwaltung steht. Dass die Ukraine das nicht akzeptieren will, ist verständlich, aber dennoch kritikwürdig. Dass sie das Werk bzw. dessen Umgebung beschießt, ist ohne Weiteres denkbar. Russische False-Flag-Aktionen sind ebenfalls denkbar, wenn auch weniger plausibel, aber bei der russischen Taktik kann man es nicht wissen. Möglicherweise schießen auch beide irgendwie (dass die Russen vom AKW aus auf andere Flussseite schießen, steht sowieso fest). Viel tun sich die Seiten also nicht.

          Die Obstruktionen der ukrainischen Seite werden hier bei uns leider nicht genug angeprangert, so weit haben Sie Recht. Natürlich müssen Sie im Krieg akzeptieren, wenn der Gegner Ihnen etwas wegnimmt, dass der dort nicht abziehen will und seinen Vorteil ausnutzt, und können existenziell wichtige Schutzmaßnahmen nicht von einem Abzug abhängig machen. Dass der russische Versuch, das AKW als Schutzschild zu benutzen und der Ukraine die Energie zu stehlen, ebenfalls obstruktiv sind, ist aber auch klar.

  • Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung, plötzlich die Bevölkerung eines Staates in Haftung nehmen zu wollen, für Handlungen der Regierung.

    • @Lena Hochstädter:

      Wieso "plötzlich" - das macht Putin doch schon seit fast 10 Jahren...