Neuer Polizeibeauftragter in der Hauptstadt: Das ist seine Chance
Seit dem 1. August hat Berlin mit Alexander Oerke erstmals einen unabhängigen Polizeibeauftragten. Das notwendige Handwerkzeug hat er.
Die Erwartungen an ihn sind groß, aber das notwendige Handwerkszeug hat er: 16 Stellen sind für die neue Behörde bewilligt worden. Das Amt ist damit deutlich besser ausgestattet als die Polizeibeauftragten anderer Bundesländer, und das Gesetz, das die Aufgaben regelt, räumt ihm relativ weitreichende Ermittlungsbefugnisse ein. Auf Oerke kommt es nun an, daraus etwas Vorzeigbares zu machen.
Die Amtszeit des Polizeibeibeauftragten beträgt sieben Jahre, Oerke ist 60. Als Richter hätte er nicht mehr so lange arbeiten müssen und sich auf sein Surfboard an der Ostsee verabschieden können. Oerke hat sich dagegen entschieden. Anders ausgedrückt: Dass er sich initiativ um einen Posten beworben hat, der nicht ausgeschrieben war, lässt auf hohe Motivation hoffen. Alle eingehenden Fälle wolle er selbst sichten und bei der Weiterbearbeitung im Auge behalten, hat er zur taz gesagt.
Aber auch das hat Oerke gesagt: Er werde es vor allem mit Einzelfällen zu tun haben. „Einzelfälle“, das ist ein Begriff der Polizeibeobachter aufhorchen lässt – Polizeisprech, wenn Unfomierte mit rechtswidrigen Handlungen aufgefallen sind. Hinter dem Begriff steht eine in der Behörde weit verbreitete Haltung: Ein bedenklicher Vorfall, ja, aber grundsätzliche Probleme? Nicht bei uns!
Insofern ist die Bemerkung wichtig, die Oerke gleich hinterhergeschoben hat: „Wenn sich im Laufe meiner Tätigkeit aber zeigt, das bestimmte Einzelfälle immer wiederkehren und da strukturell etwas im Argen liegt, werde ich dem natürlich auch nachgehen.“
Racial Profiling im Fokus
Im Klartext heißt das, dass sich der Polizeibeauftragte schon bald mit Racial Profiling beschäftigen dürfte. Mittlerweile gilt es als Tatsache, dass Polizei- und auch Fahrscheinkontrollen oft nur aufgrund äußerer Merkmale wie der Hautfarbe durchgeführt werden. Viele People of Colour beschweren sich deshalb schon gar nicht mehr. Es wäre gut, wenn sie Oerkes Bemerkung als Aufforderung verstehen würden, ihm entsprechende Vorkommnisse zu melden.
Eine Akte auf dem Schreibtisch von links nach rechts zu schieben, sei nie sein Lebenstraum gewesen, hat Oerke zur taz gesagt. Er wolle etwas bewegen. „Am Ende meiner Amtszeit möchte ich gern sagen können: Ich habe hier eine Behörde aufgebaut, die wichtig und unverzichtbar ist und die allseits in ihrer Funktion akzeptiert wird.“ Die Chance, das zu zeigen, hat er – ab sofort.
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