Gas sparen in der Kultur: Gekühlte soziale Treffpunkte
Die Kultureinrichtungen sollen Gas sparen, zugleich im Sommer ihre Aufgabe als soziale Orte wahrnehmen. Wie geht beides zusammen?
BERLIN taz | Die Kultur muss, wie alle derzeit, Gas sparen. So lautete eine Forderung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei einem Arbeitsgespräch letzte Woche. Die Teilnehmer des Treffens hatten zudem angeregt, dass „Kultureinrichtungen an heißen Sommertagen ihre Rolle als soziale Orte in der Stadtgesellschaft erweitern“ sollen. Einen „Spagat“ nennt das jetzt Christina Haak, die Generaldirektorin der Staatlichen Museen zu Berlin und Vizepräsidentin des Deutschen Museumsbundes, gegenüber der taz.
Der Idealzustand für Kunstobjekte liegt bei 21 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchte. Um dies zu erreichen, braucht es Energie. Wie viel genau der deutsche Kulturbetrieb benötigt, liegt der Kulturstaatsministerin nicht vor. Denn: „Deutschland verfügt über ein unvergleichlich breites Netz an Museen, Opernhäusern, Theatern, Orchestern, Bibliotheken und Archiven mit den unterschiedlichsten Förderstrukturen“, so einer ihrer Sprecher gegenüber der taz.
Genauso unklar wie der gesamtdeutsche Energieverbrauch in der Kultur bleibt die Antwort auf die Frage, wie viel Energie aufgewendet wird, um gezielt Objekte zu bewahren.
Kathrin Lange, die Chefrestauratorin bei der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, sagt dazu gegenüber der taz, dass zum Beispiel bei einem neuen Zentraldepot der Stiftung auf einen Passivbau gesetzt wird. Dieser muss nur bei extremen Temperaturwechseln gekühlt oder beheizt werden.
Eine offensichtliche Konsequenz lautet daher: Es muss energiesparend gebaut werden, durch den Klimawandel sowieso. Mit Blick auf die Gasversorgung betont Haak: „Die aktuelle Lage zwingt uns dazu.“ Dabei dürfe die Archivierung der Kunst und Ausstellungsobjekte nicht vergessen werden, denn das sei immer noch die Hauptaufgabe von Museen.
Fallstudien sind geplant
Die Staatlichen Museen zu Berlin wollen in den nächsten drei Monaten an unterschiedlichen Standorten einige Einsparmethoden ausprobieren und etwa nachts in den Räumen Temperaturschwankungen von 2 bis 3 Grad zulassen. Die Fallstudien sollen zeigen, ob dadurch Energie eingespart werden kann und wie die Ausstellungsstücke auf die Temperaturwechsel reagieren.
Wegen der „bestimmten klimatischen Bedingungen“ erwartet der Sprecher der Kulturstaatsministerin, dass „in der aktuellen Situation Synergien geschaffen werden, um auch die Rolle von Kultureinrichtungen als soziale Orte für die gesamte Stadtgesellschaft zu stärken und noch besser zu nutzen“.
Haak sieht dabei ein weiteres Hindernis: „Kultureinrichtungen sollen Einnahmen erzielen.“ Das heißt, gut gekühlte Ausstellungsräume dienen nicht unbedingt als soziale Orte mit Gratiszugang. Eine Idee ist es, Eingangshallen zu nutzen, die im Sommer nicht ganz heruntergekühlt werden müssen.
„Wir diskutieren, wie wir solche kommerzfreien Aufenthaltsorte schaffen können – so nenne ich sie mal“, sagt Haak. Denn auch mit Blick auf den kalten Winter können Museen als Aufenthaltsorte in Frage kommen. Haak betont: „Der Spagat ist, Energie zu sparen, Einnahmen zu erzielen und ein sozialer Ort zu sein – alles drei ist mein Anspruch.“ Dieser Spagat muss wohl länger gehalten werden.
Leser*innenkommentare
Herma Huhn
Museen ohne Eintritt erzielen häufig sehr hohe Summen an Spendengeldern, einfach weil die Menschen freiwillig einen Eintritt zahlen, der ihren Möglichkeiten entspricht, wenn sie die Arbeit wertschätzen.
Das Klima in verglasten Neubauten ist allerdings wirklich eine Herausforderung, die ja beim Bau der Schachteln niemand ahnen konnte. Es gab ja noch keine Erfahrungen mit dicken Steinmauern, hinter denen mit wenig Energie eine gleichbleibende Temperatur erreicht werden kann.