Entscheidung gegen Carsharing-Regeln: Autos dürfen weiter rumstehen
Berliner Mobilitätsforscher Andreas Knie begrüßt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, Carsharing nicht als Straßen-Sondernutzung einzustufen.
Berlin taz | Der Mobilitätsforscher Andreas Knie hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begrüßt, die Einstufung von stationsungebundenem Carsharing als Sondernutzung öffentlichen Straßenlands zu kippen. „Das Land war hier völlig auf dem Holzweg“, sagte Knie, der am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) forscht. Gegenüber der taz bezeichnete er den Versuch des Senats, Carsharing stärker zu reglementieren, als „Rückfall in die schlimmsten Zeiten“. Carsharing reduziere die Automenge, und alle Maßnahmen, die das Verkehrsaufkommen entspannten, seien zu erleichtern.
Das Gericht hatte am Dienstag per Eilentscheidung den Unternehmen We Share und Share Now Recht gegeben, die ihr Geschäft nicht als Sondernutzung von Straßenland verstanden wissen wollen. Als solche stuft das Berliner Straßengesetz ab 1. September die „Free-Floating-Anbieter“ ein. Nötig wäre dann eine Erlaubnis, die mit Gebühren und Nebenbestimmungen verbunden werden kann.
Nebenbestimmungen, die vom Senat angedacht wurden, sind ein höherer Elektrifizierungsgrad der Flotte, aber auch das Angebot von Fahrzeugen außerhalb der Innenstadt. Das Verwaltungsgericht vertritt jedoch die Auffassung, dass das Parken von Sharing-Autos ohne feste Stationen – „Free Floating“ – unter den „erlaubnisfreien straßenrechtlichen Gemeingebrauch“ fällt.
Weitere Klagen in Aussicht
Grundsätzlich gilt die Entscheidung erst einmal nur für die beiden Klägerinnen. Für die übrigen Anbieter stellt sich jetzt die Frage, ob sie ebenfalls klagen oder sich möglicherweise erst einmal mit der Neuregelung arrangieren – ein Anreiz wäre das Angebot, im Gegenzug zu den Auflagen ganz oder teilweise von den Parkgebühren befreit zu werden. Diese Möglichkeit war bereits im Gespräch.
Für stationsbasierte Sharinganbieter ist die Nutzung öffentlichen Straßenlands dagegen unstrittig eine Sondernutzung – von der bislang aber wenig Gebrauch gemacht wird. Die meisten Stationen befinden sich auf privaten Parkplätzen oder in Tiefgaragen, auch einige „Jelbi-Stationen“ werden als feste Standorte genutzt.
Ebenfalls unberührt von der Entscheidung sind E-Scooter und Leihfahrräder, zumal die auf dem Gehweg geparkt werden. Hier prophezeit aber FUSS e. V. eine weitere Klage, möglicherweise durch einen der Behindertenverbände: Denn die Kleinfahrzeuge beeinträchtigten Menschen mit Behinderungen, was laut Straßengesetz die Genehmigung verbiete.
Leser*innenkommentare
syle x
Ich meine widerholt gelesen zu haben, dass die aktuelle Studienlage eher zu dem Schluss kommt, das Carsharingautos wenn überhaupt nur Taxifahrten ersetzen würden. Daher verwundert mich die Einschätzung des Mobilitätsforschers...(ja, er müsste es besser wissen als ich I know)
Django
Das ist kein Carsharing, was die klagenden Firmen betreiben, sondern gewerbliche Kurzzeitvermietung. Ein Geschäftsmodell, das nur funktioniert, wenn öffentliches Straßenland zum Abstellen der Fahrzeuge genutzt werden kann.